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Türkische Justiz verhaftet Erdogan-Kontrahenten Imamoglu

Ekrem Imamoglu ist Bürgermeister von Istanbul – und gilt als aussichtsreicher Herausforderer des mächtigen Präsidenten Erdogan. Die Opposition prangert seine Festnahme als Putschversuch an.

Ekrem Imamoglu gilt als vielleicht wichtigster Gegenspieler von Staatschef Erdogan in der Türkei. (Archivbild)
Foto: Oliver Berg/dpa

Ekrem Imamoglu, der Istanbuler Bürgermeister und einer der wichtigsten Gegner von Staatschef Recep Tayyip Erdogan, wurde wenige Tage vor seiner geplanten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei in der Türkei verhaftet, wie die Partei CHP bestätigte. Am Sonntag sollte er offiziell zu ihrem Kandidaten für die nächste reguläre Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 ernannt werden.

Özgür Özel, der Vorsitzende der CHP, bezeichnete die Ereignisse als Putschversuch und betonte ihre Bedeutung für die Zukunft der türkischen Demokratie. Er warnte davor, dass das Volk daran gehindert werden solle, den nächsten Präsidenten selbst zu wählen. Trotz der Verhaftungen am Sonntag forderte er die 1,7 Millionen Parteimitglieder auf, an der internen Wahl des CHP-Spitzenkandidaten teilzunehmen.

Das Büro des Gouverneurs der Provinz Istanbul hat eine viertägige Demonstrations-, Versammlungs- und Nachrichtensperre bis Sonntag verhängt.

Imamoglu wird beschuldigt, eine kriminelle Organisation zu leiten und in Korruption verwickelt zu sein, wie aus dem Haftbefehl der Staatsanwaltschaft hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Es wird auch gegen 99 weitere Beschuldigte ermittelt.

«Befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei»

Imamoglu veröffentlichte am Morgen auf der Plattform X ein Video, in dem er davon sprach, dass Hunderte Polizisten vor seiner Haustür stünden. «Wir befinden uns im Angesicht einer großen Tyrannei», schrieb er dazu. Er werde aber nicht aufgeben. Mehrere Fernsehsender berichteten, die Polizei habe sich Zutritt zu Imamoglus Anwesen verschafft und das Gebäude durchsucht.

Das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden gegen Imamoglu war bereits im Voraus bekannt. Am Dienstag wurde bekannt gegeben, dass die Istanbul-Universität ihm den Hochschulabschluss entzogen hat. Dieser ist eine Voraussetzung für die Kandidatur für das Präsidentenamt. Der Hintergrund für den Widerruf soll ein angeblich unrechtmäßiger Universitätswechsel sein. Imamoglu erklärte, dass er gegen die Entscheidung vor Gericht ziehen werde, aber das Vertrauen in faire Urteile verloren habe. Er sieht sich einer Reihe weiterer Verfahren mit Haftstrafen und Politikverboten gegenüber.

Vor der Bekanntgabe des Haftbefehls hatte Kemal Polat, sein Anwalt, der Deutschen Presse-Agentur gesagt, dass Imamoglu erst als Präsidentschaftskandidat antreten könne, wenn alle rechtlichen Möglichkeiten gegen die Entscheidung ausgeschöpft seien. Özgür Özel, der Vorsitzende der CHP, bezeichnete dies als politische Entscheidung.

dpa