Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Trump’s Friedensplan für Ukraine: 28 Punkte und große Hürden

Washingtons Vorschläge verlangen viel von der Ukraine. Kiew kämpft gegen Gebietsverzicht und Armeeverkleinerung.

Will jetzt unter anderem mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. (Archivbild)
Foto: Themba Hadebe/AP/dpa

Donald Trumps Friedensplan für Gaza hatte 20 Punkte – mit 28 Punkten versucht der US-Präsident nun, den seit mehr als dreieinhalb Jahren tobenden Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Vorschläge verlangen vor allem dem angegriffenen Land viel ab. Aber auch andere Beteiligte wie Russland und die europäischen Staaten haben daran zu schlucken. Fragen und Antworten zu dem Vorschlag:

Was wäre für die Ukraine das größte Zugeständnis?

Der endgültige und vollständige Verzicht auf die Gebiete Donezk und Luhansk (neben der bereits 2014 von Russland annektierten Krim), wie von Washington gefordert, wäre für Kiew wohl am schwersten zu akzeptieren. Russischen Truppen ist es bisher nicht gelungen, diese Gebiete militärisch vollständig einzunehmen. Die stellvertretende ukrainische UN-Botschafterin Chrystyna Hajowyschyn hat bereits Widerstand gegen diese Forderung angekündigt: „Unser Land wird keine Grenzverschiebungen akzeptieren“, sagte sie während einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.

Der Donbass hat für die Ukraine nicht nur symbolische Bedeutung. Wirtschaftlich war er einst das Rückgrat der ukrainischen Industrie. Militärisch sind die ukrainischen Positionen hier bis heute am stärksten ausgebaut. Sie zu verlieren, würde bedeuten, wehrlos gegen einen neuen Angriff zu sein – zumal mit einer verkleinerten Armee, die der Plan ebenfalls vorsieht.

Welche Einwände könnte Kiew sonst noch haben? 

Eine weitere Herausforderung für die Ukraine wäre, den angestrebten Nato-Beitritt aus der Verfassung zu streichen. Allerdings hat Kiew dieses Ziel zuletzt nicht mehr mit Nachdruck verfolgt, weil klar ist, dass die USA und andere große Nato-Staaten sich sperren. Die Ukraine soll zudem eine Verkleinerung ihrer Armee akzeptieren. Derzeit zählt die kämpfende Truppe etwa 800.000 Männer und Frauen. Für ein europäisches Land, das nicht mehr kämpfen muss, wären die diskutierten 600.000 Soldatinnen und Soldaten aber immer noch sehr starke Streitkräfte.

Moskau versucht, Einfluss auf die ukrainische Innenpolitik zu nehmen, indem es sich mit den Rechten ethnischer Russen und der russischen Sprache in der Ukraine befasst. Dies spiegelt sich im Friedensplan wider, wird jedoch dadurch abgemildert, dass die Ukraine lediglich aufgefordert wird, die EU-Vorgaben in der Nationalitätenpolitik einzuhalten.

Welche Probleme könnte Moskau mit dem Plan haben? 

Die geforderte Zahlung von 100 Milliarden Dollar für Russland ist heikel, da sie aus eingefrorenen Vermögenswerten in den Wiederaufbau der Ukraine fließen soll. In Moskau wird dies als Reparationszahlung – und somit Schuldeingeständnis – angesehen. Der Kreml möchte diese Interpretation vermeiden, da er den Krieg als Befreiung der unterdrückten russischen Minderheit im Nachbarland darstellt. Bisher hat Moskau immer mit Gegenmaßnahmen gedroht, sollten europäische Länder, in denen ein Großteil des russischen Geldes liegt, dies konfiszieren. Die Tatsache, dass gerade US-Unternehmen von den Gewinnen profitieren sollen, wird wahrscheinlich auch vielen Russen missfallen.

Auf der anderen Seite muss Russland abwägen: Die geforderte Summe ist weniger als die Hälfte des eingefrorenen Vermögens – das ohnehin vorerst abgeschrieben ist. Wenn der Kreml 100 Milliarden Dollar opfert, könnte er den Rest wieder nutzen und zugleich auf neue internationale Partnerschaften hoffen, um die eigene Wirtschaft anzukurbeln, die zusehends in Schwierigkeiten gerät.

Welche Rollen haben EU und Nato? 

So gut wie keine. Es war schon in den vergangenen Monaten Trumps Politik, über die europäischen Unterstützer der Ukraine, fast alle Mitglieder von EU und Nato, hinwegzugehen. Der Vorschlag offenbart ein verändertes Verständnis des transatlantischen Verteidigungspakts. Die USA sehen sich als Vermittler zwischen Nato und Russland – als ob sie nicht Führungsnation des Bündnisses wären. Die Nato würde kurzerhand angewiesen, ihre Beschlüsse über einen Beitritt der Ukraine einzustampfen und deren Aufnahme auf ewig auszuschließen. Noch 2024 war etwa bei einem Gipfeltreffen in Washington festgehalten worden, dass der Weg der Ukraine zur Nato-Mitgliedschaft «unumkehrbar» sei. Zudem wurde das Bekenntnis «zur Politik der offenen Tür» bekräftigt. 

Könnte die Nato dennoch Zugeständnisse machen? Das ist nicht vollkommen ausgeschlossen. Trump könnte drohen, dass die USA das Bündnis verlassen, wenn die geforderten Zusagen nicht gemacht werden. Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat den neuen US-Plan bisher nicht öffentlich bewertet und wird dies wahrscheinlich auch nicht tun. Seit Trump wieder im Weißen Haus ist, betrachtet er es als eine seiner Hauptaufgaben, das Bündnis zusammenzuhalten.

Die EU-Staaten verlieren ihr wichtigstes Druckmittel gegen Moskau, das eingefrorene russische Staatsvermögen, durch Trump. Obwohl die EU plant, die Milliarden zur Unterstützung und für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden, konnte sie sich bisher nicht auf ein Verfahren einigen. Jetzt plant Trump, das Geld gemeinsam mit Russland in der Ukraine zu investieren, wobei die USA auch davon profitieren sollen. Die Europäer sollen zusätzlich 100 Milliarden US-Dollar zahlen.

Gibt es auch Lob für den Plan? 

Experten weisen darauf hin, dass viele der 28 Punkte ungenau formuliert, widersprüchlich und rechtlich fragwürdig sind. Lobenswert ist der Vorschlag, das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu unterstellen und den Strom gleichermaßen an die Ukraine und Russland zu verteilen.

Der Plan zielt darauf ab, den allgemeinen Sicherheitskonflikt mit Russland in Europa zu entschärfen. Dies soll durch gegenseitige Nichtangriffsvereinbarungen erreicht werden. Moskau wird sogar aufgefordert, dies gesetzlich zu verankern. Jedoch wird dieser diplomatische Prozess wahrscheinlich Zeit in Anspruch nehmen. Die Kämpfe in der Ukraine sollen erst beendet werden, wenn alle Teile des Plans vereinbart und umgesetzt sind.

So fällt das Urteil unterschiedlich aus. Der Plan sei nicht gut, aber vermutlich die bislang beste Grundlage für Verhandlungen, schrieb der britische Russland-Experte Mark Galeotti auf X. Für den deutschen Fachmann Nico Lange von der Münchner Sicherheitskonferenz überwiegt die Kritik. Er schrieb: «Die Europäer sollten sich aufrecht hinstellen, ihre eigenen Vorschläge für Frieden in Europa auf den Tisch legen und endlich mit Stärke für ihre Zukunft eintreten.»

dpa