Präsident Selenskyj berichtet von neuen Drohnen und Raketen. Polen plant Verhandlungen über Kriegsende im Winter.
Die Ukraine setzt auf eigene Raketen und Drohnen gegen Russland
Die Ukraine setzt bei der Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg zunehmend auf weitreichende Raketen und Drohnen aus eigener Produktion. Bislang seien Vorhaben wie diese Science Fiction gewesen, «heute sind sie Realität», sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er nannte unter anderem die neue Drohne Paljanytsja mit Jetantrieb, die Berichten zufolge im August erstmals eingesetzt worden war. «Die Paljanytsja-Rakete ist in die Massenproduktion gegangen», sagte Selenskyj.
In der Zwischenzeit dauern die internationalen Bemühungen um Unterstützung für das vom Krieg zerrüttete Land weiter, das sich seit mehr als 1000 Tagen einer russischen Invasion erwehrt. “Die USA zahlen nach Angaben des Finanzministeriums einen zugesagten Kredit von 20 Milliarden US-Dollar (rund 19 Milliarden Euro) aus.” Aber wie lange wird überhaupt noch gekämpft? Polens Regierung kann sich Verhandlungen über ein Ende des Krieges schon in diesem Winter vorstellen.
Die Situation für die Ukraine bleibt militärisch schwierig. Der Generalstab in Kiew meldete knapp 200 russische Sturmangriffe entlang der Front im Osten und Süden des Landes. Am Dienstagabend gab es im Gebiet Charkiw Luftalarm. Die ukrainische Luftwaffe warnte vor russischen Gleitbomben, die von Flugzeugen abgeworfen werden.
Ukraine will Nachteil bei Raketen wettmachen
Die Ukraine muss auf Eigenbau-Raketen zurückgreifen, da westliche Waffen mit größerer Reichweite nur in kleinen Mengen geliefert werden. Oftmals unterliegen sie auch Einsatzbeschränkungen, die kürzlich erst für ATACMS-Raketen aus den USA sowie Raketen vom Typ Storm Shadow oder Scalp aus Großbritannien und Frankreich gelockert wurden. Das russische Arsenal an Raketen und Marschflugkörpern ist deutlich umfangreicher.
Selenskyj gab bekannt, dass die Drohnenrakete Peklo mit einer Reichweite von 700 Kilometern erfolgreich eingesetzt wurde. Auch die Rakete namens Ruta habe erfolgreich getestet werden können. Zusätzlich erwähnte er die weiterentwickelte Anti-Schiffs-Rakete Neptun.
Tote bei russischem Angriff auf Saporischschja
In Saporischschja, einer Großstadt im Südosten der Ukraine, wurden laut Regionalverwaltung mindestens vier Menschen getötet und 20 weitere verletzt, als ein russischer Raketenangriff stattfand. Laut einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurde eine Privatklinik beschädigt. Das russische Militär setzte ballistische Raketen ein.
Die russischen Behörden meldeten später einen Raketenangriff auf die Hafenstadt Taganrog an der Schwarzmeer-Küste. Laut dem Gouverneur der Region Rostow, wie von der staatlichen Nachrichtenagentur Tass mitgeteilt, wurde dabei eine Industrieanlage beschädigt. Es gab keine Verletzten, jedoch brannten 14 Fahrzeuge aus. Die Angaben beider Kriegsparteien sind in der Regel schwer unabhängig zu überprüfen.
Tusk schließt baldige Ukraine-Verhandlungen nicht aus
Polen übernimmt im Januar 2025 für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft und will dann die diplomatischen Anstrengungen für ein Ende des Krieges koordinieren. «Unsere EU-Ratspräsidentschaft wird unter anderem mitverantwortlich dafür sein, wie die Situation in den Verhandlungen aussieht, die im Winter dieses Jahres beginnen könnten», sagte der liberalkonservative Ministerpräsident Donald Tusk in Warschau.
Er hat angekündigt, dass er eine Reihe von Treffen mit ausländischen Politikern haben wird. Der französische Präsident Emmanuel Macron wird am Donnerstag in Warschau erwartet. Laut der polnischen Nachrichtenagentur PAP könnte Tusk noch in dieser Woche auch Selenskyj treffen. Zu Beginn der polnischen EU-Ratspräsidentschaft wird der britische Premierminister Keir Starmer nach Warschau kommen. Außerdem wird Tusk nach Oslo reisen, um sich eng mit den skandinavischen Ländern abzustimmen.
Russland muss indirekt für US-Kredit an Ukraine aufkommen
Die USA überweisen der Ukraine einen versprochenen Milliardenkredit in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar als Teil eines umfassenderen Pakets. Im Oktober hatte die Gruppe der sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) der Ukraine einen Kredit in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar zugesagt, der durch Zinserträge aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten abgesichert wird. Die EU-Länder beteiligen sich mit einer ähnlich hohen Summe wie die USA. Die restlichen zehn Milliarden US-Dollar werden von Großbritannien, Japan und Kanada übernommen.
Drohnenangriff auf Atom-Inspektoren
Das Risiko einer potenziellen Atomkatastrophe in der Ukraine ist mit dem russischen Angriffskrieg und der Besetzung des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja gestiegen. Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sollen sicherstellen, dass es nicht dazu kommt. IAEA-Chef Rafael Grossi teilte auf der Plattform X mit, dass ein Fahrzeug der Behörde in der Ukraine bei einem Drohnenangriff beschädigt wurde. Es gab keine Verletzten.
Die IAEA hat ständig Fachleute im russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja stationiert, um die Lage in der frontnahen Anlage zu beobachten. Die Teams werden regelmäßig ausgewechselt. Der Vorfall mit der Drohne ereignete sich bei der jüngsten Rotation. Grossi verurteilte den Angriff: Attacken auf Kernkraftwerke seien grundsätzlich inakzeptabel, aber «diejenigen anzugreifen, die für die nukleare Sicherheit dieser Kraftwerke Sorge tragen, ist noch inakzeptabler.»
Das wird heute wichtig
Beim Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin steht die Stärkung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit der Ukraine im Mittelpunkt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpräsident Denys Schmyhal aus Kiew werden dort sprechen. Besonderes Augenmerk wird auf die ukrainische Energieversorgung und die Zusammenarbeit von Rüstungsunternehmen beider Länder gelegt, so die Organisatoren.