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EU-Gipfel zur Ukraine-Krise: USA und Ukraine nähern sich an

Ukraine und USA bereiten Treffen vor, Macron erwägt Atomwaffenschutz für Verbündete, EU diskutiert Verteidigungsausgaben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangt Sicherheitsgarantien für sein Land. (Archivbild)
Foto: Sean Kilpatrick/The Canadian Press/AP/dpa

Unmittelbar vor einem EU-Krisentreffen zur Ukraine in Brüssel nähern sich die USA und das von Russland überfallene Land an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner abendlichen Videobotschaft: «Heute haben unsere Teams – die der Ukraine und der USA – damit begonnen, ein Treffen vorzubereiten.» Derweil prüft der französische Präsident Emmanuel Macron, ob Verbündete unter den Schutzschirm der Atomwaffen seines Landes rücken könnten. Zudem plant er in der kommenden Woche ein internationales Treffen zur möglichen Entsendung von Friedenstruppen in die Ukraine. 

In Brüssel wollen heute die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Gipfel über ihre Reaktion auf das beispiellose Zerwürfnis zwischen US-Präsident Donald Trump und Selenskyj am Freitag beraten. Das Treffen im Weißen Haus wurde vorzeitig abgebrochen, ein geplantes Rohstoffabkommen kam nicht zustande, die USA setzten ihre Waffenhilfe aus. Auf dem EU-Sondergipfel soll es um die Erhöhung der Verteidigungsausgaben gehen, um die Ukraine weiter zu unterstützen und die europäische Verteidigungskapazität deutlich zu verbessern.

Vertrauensbildende Maßnahmen für russische Seite 

Selenskyj sagte, zur Vorbereitung eines Treffens mit den USA habe sein Kanzleichef Andrij Jermak mit US-Sicherheitsberater Michael Waltz telefoniert. «Wir sehen eine neue Dynamik.» Erste Ergebnisse gebe es womöglich schon nächste Woche. Wer an einem möglichen Treffen teilnehmen soll, blieb offen.

Waltz sagte dem Sender Fox News: «Ich denke, wir bewegen uns in eine positive Richtung.». Derzeit spreche man mit den Ukrainern über «einen Ort, ein Datum, ein Verhandlungsteam». Auch «vertrauensbildende Maßnahmen» sollen Thema bei dem Treffen sein. Diese sollten schließlich der russischen Seite unterbreitet werden, «um zu testen», wie sie darauf reagiere. «Gestern und heute waren ein positiver Schritt nach vorn, um zu sagen: Wir werden diese Friedensverhandlungen führen».

Nach Angaben Jermaks wurden Schritte für «einen gerechten und dauerhaften Frieden» besprochen. Zudem habe es einen Meinungsaustausch zu Fragen der Sicherheit und der Harmonisierung der bilateralen Beziehungen gegeben. Ein Treffen in nächster Zeit sei vereinbart worden.

Macron ergreift die Initiative

Macron erwägt derzeit, verbündete Länder unter den Schutz der französischen Atomwaffen zu stellen. Macron betonte in einer Fernsehansprache am Abend, dass Frankreichs nukleare Abschreckung seit 1964 stets eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des Friedens und der Sicherheit in Europa gespielt habe.

«Aber als Antwort auf den historischen Aufruf des zukünftigen deutschen Kanzlers habe ich beschlossen, die strategische Debatte über den Schutz unserer Verbündeten auf dem europäischen Kontinent durch unsere Abschreckung zu eröffnen.» Die Entscheidungshoheit über die französischen Atomwaffen bleibe aber in den Händen Frankreichs. 

Der mögliche zukünftige Bundeskanzler Friedrich Merz hatte im Wahlkampf Gespräche mit den europäischen Atommächten über eine nukleare Teilhabe von Deutschland vorgeschlagen. Neben Frankreich wäre dies Großbritannien. Macrons Vorstoß zur Einbeziehung von Partnerländern in die nukleare Abschreckung Frankreichs ist nicht neu. Erstmals hatte Macron 2020 in einer viel beachteten Grundsatzrede eine Ausweitung des nuklearen Schutzschirms Frankreichs auf europäische Partnerländer angeregt. Angesichts der Kehrtwende in der US-Verteidigungspolitik gewinnt die Idee neue Aktualität.

Macron plant zudem in der kommenden Woche ein internationales Treffen zur möglichen Entsendung von Friedenstruppen in die Ukraine. «Damit die Ukraine nach einem Friedensschluss nicht wieder von Russland überfallen wird, müssen wir sie darauf vorbereiten», sagte er. «Nächste Woche werden wir in Paris die Generalstabschefs der Länder versammeln, die ihre Verantwortung in dieser Hinsicht wahrnehmen.» 

Macron forderte eine langfristige Unterstützung der ukrainischen Armee. Vielleicht würden dafür auch europäische Streitkräfte entsendet, sagte er. «Diese würden nicht heute kämpfen, sie würden nicht an der Frontlinie kämpfen, sondern sie würden nach der Unterzeichnung des Friedens dort sein, um dessen Einhaltung zu gewährleisten», meinte Macron weiter.

https://x.com/ZelenskyyUa/status/1897417806758732153

Selenskyj bedankte sich auf der Plattform X bei Macron: «Frieden muss real sein, nicht nur ein Wort – er darf nicht die Kapitulation oder den Zusammenbruch der Ukraine bedeuten. Er muss gerecht, verlässlich und dauerhaft sein, und das kann nur durch starke und langfristige Sicherheitsgarantien erreicht werden – für die Ukraine, Europa und die ganze Welt.»

Abstimmung zwischen Merz und Scholz

Beim heutigen EU-Gipfel in Brüssel ist auch Selenskyj dabei. Deutschland wird vom Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Belgien vertreten. Der voraussichtliche zukünftige Kanzler Merz (CDU) kam bereits am Mittwochabend in Brüssel an und traf sich mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Nato-Generalsekretär Mark Rutte und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas. Am Donnerstag wird er an einem Treffen mit konservativen Regierungschefs teilnehmen – jedoch nicht am Gipfel selbst.

Merz und Scholz stimmten sich am Mittwoch bei einem Treffen im Kanzleramt ab, damit sie in Brüssel mit einer Stimme sprechen. «Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen», schrieb Merz nach seiner Ankunft in Brüssel auf X. «Jetzt ist die Zeit, Europa sicherer und wehrhafter zu machen.»

Geld für Aufrüstung gesucht

Die EU-Staaten sind größtenteils einig, dass die Verteidigungsausgaben erhöht werden müssen. Die Regierungen fragen sich jedoch, woher das Geld kommen soll. Es wird über den Plan der EU-Kommission diskutiert, Europa aufzurüsten, der auch mit EU-Darlehen und veränderten Regelungen bei der Kreditvergabe der Europäischen Investitionsbank finanziert werden soll.

Viktor Orban, der ungarische Ministerpräsident, und sein slowakischer Amtskollege Robert Fico haben jedoch bereits ihren Widerstand gegen eine gemeinsame Gipfelerklärung zugunsten der Ukraine signalisiert. Beide unterstützen Trumps Politik im Ukraine-Konflikt und haben enge Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Ukraine bleibt in Bedrängnis

Die Ukraine bleibt weiterhin russischen Angriffen ausgesetzt. In der Nacht traf eine russische Rakete die Industriestadt Krywyj Rih. Dabei wurden mindestens zwei Menschen getötet und sieben weitere verletzt. Es wird vermutet, dass sich unter den Trümmern eines mehrstöckigen Gebäudes weitere Opfer befinden.

dpa