Es soll ein historisches Treffen werden: US-Präsident Trump lädt Kremlchef Putin ein – auf amerikanisches Staatsgebiet, das einst Russland gehörte. Es soll um die Ukraine gehen – ohne die Ukraine.
Ukraine-Verhandlungen in Alaska? Trump will Putin empfangen
US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin planen am Freitag in Alaska erstmals persönlich über den Krieg in der Ukraine zu verhandeln. Vor dem ersten Treffen eines US-Präsidenten mit einem russischen Staatschef seit über vier Jahren gibt es noch viel zu organisieren. Kritik gibt es bereits im Vorfeld, da die Ukraine, um die es hauptsächlich geht, nicht am Verhandlungstisch vertreten ist. Was das Treffen bewirken könnte, wird in einigen Fragen und Antworten erläutert:
Worum geht es?
Der US-Präsident strebt an, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Jedoch hat die russische Armee, die auf Putins Befehl seit rund dreieinhalb Jahren einen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, die Oberhand und erweitert ihre Eroberungen. Täglich sterben Menschen. Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind aus ihrer Heimat geflohen. Daher steht nun vor allem eine Waffenruhe – oder sogar ein Friedensschluss – im Vordergrund.
Trump präsentiert den Gipfel als Versuch, näher an einem Ende der Kämpfe zu kommen. Er erwähnte in diesem Zusammenhang einen eventuellen Gebietstausch zwischen der Ukraine und Russland, blieb jedoch vage.
Moskau hat kürzlich für eine friedliche Lösung des Konflikts unter anderem gefordert, dass die Ukraine auf einen Nato-Beitritt verzichtet und die von Russland annektierten Gebiete abtritt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat jedoch bisher den Verzicht auf die von Russland bereits 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie auf die teilweise von Moskau kontrollierten Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson entschieden abgelehnt.
Vor dem Gipfel wurde in einer gemeinsamen Erklärung von Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien, Finnland und der EU-Kommission betont, dass internationale Grenzen nicht gewaltsam verändert werden sollten.
Wo bleibt bei dem Treffen Selenskyj?
In Kiew betont Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass es nur mit der Beteiligung der Ukraine an den Verhandlungen einen fairen Frieden geben könne. Aber Putin lehnt Selenskyjs Teilnahme am Gipfel – zum jetzigen Zeitpunkt – ab. Im Kreml in Moskau wird betont, dass das Hauptaugenmerk jetzt auf den bilateralen russisch-amerikanischen Verhandlungen liegt.
Kiew und die Europäer warnen jedoch davor, dass es beim Gipfel keine Geschenke an Russland geben sollte. Jedes Zugeständnis birgt die Gefahr, Russland nur zu weiteren Aggressionen zu ermutigen.
Russland ist jedoch auch an wirtschaftlichen Beziehungen mit den USA interessiert und plant, mit Trump zukünftig über strategische Sicherheit zu sprechen – insbesondere im Hinblick auf atomare Rüstungsfragen. Aus diesem Grund hat Moskau bereits ein Folgetreffen zwischen Putin und Trump ins Gespräch gebracht – dieses Mal auf russischem Boden.
Was kann bei dem Gipfel ohne Kiew überhaupt geklärt werden?
Russland strebt hauptsächlich eine Wiederherstellung der Beziehungen zu den USA an. Angesichts der Ukraine dürfte Putin nach zahlreichen Telefonaten mit Trump nun im direkten Gespräch erneut seine Sicht auf die Ursprünge des Konflikts klarstellen und eine Lösung – möglicherweise eine teilweise Waffenruhe – vorschlagen. Eine Umsetzung ohne ukrainische Beteiligung und Zustimmung gilt jedoch als ausgeschlossen.
Insbesondere territoriale Fragen würden eine umfangreiche Änderung der ukrainischen Verfassung erfordern, da in dieser alle Gebiete – einschließlich der Krim – aufgezählt sind. Verfassungsänderungen, die zudem in Kriegszeiten gar nicht zulässig sind, verlangen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, der Obersten Rada. Zudem muss das Verfassungsgericht zustimmen.
Präsident Selenskyj oder die Oberste Rada können nicht einfach einen Verzicht auf Gebiete beschließen. Eine internationale Anerkennung der Krim und anderer ukrainischer Gebiete als russisches Territorium, wie von Moskau gefordert, ist ausgeschlossen.
Der US-Präsident hätte jedoch verschiedene Druckmittel gegen die Ukraine, insbesondere einen vollständigen Stopp der militärischen Unterstützung, wie bereits im März kurzzeitig geschehen. Darüber hinaus könnte die Bereitstellung von Aufklärungsdaten durch die USA eingestellt werden, was für die anderen ukrainischen Verbündeten schwer zu ersetzen wäre. Die ukrainische Armee würde praktisch blind dastehen, und die Fortsetzung des Krieges würde für sie immer schwieriger werden. Die Ukraine könnte ihr Staatsgebiet verlieren.
Die Ukraine und Europa werfen Putin vor, kein Interesse an einem Frieden zu haben – ist das so?
In der Tat wird auch in Moskau immer wieder betont, dass Russland noch genügend Ressourcen hat, um den Krieg über Jahre fortzusetzen. Gleichzeitig erklärt der Kreml, kein Interesse daran zu haben. Doch das, was Putin bisher für ein Ende der Kampfhandlungen verlangt, würde für die Ukraine einer Kapitulation gleichkommen. Ein Aufgeben wird von Kiew und den Europäern abgelehnt.
Es ist jedoch offensichtlich, dass die Sanktionen des Westens die russische Wirtschaft belasten. Trotz einer hochgefahrenen Kriegswirtschaft droht eine Rezession, es gibt viele Probleme bei schnell schrumpfenden Rücklagen. Die Fortsetzung der Kampfhandlungen wird für Russland immer teurer – nicht zuletzt, weil durch die Hunderttausenden Freiwilligen, die wegen der hohen Gehälter in den Krieg ziehen, zunehmend Arbeitskräfte fehlen.
Die unabhängige russische Politologin Tatjana Stanowaja sieht Chancen bei dem Gipfel. Trump habe selbst zu verstehen gegeben, dass Russland einen militärischen Vorteil habe und Sanktionen Putin wohl nicht beeindruckten. «Meiner Meinung nach ist dies nun der erste mehr oder weniger realistische Versuch, den Krieg zu beenden», sagt sie. «Gleichzeitig bin ich äußerst skeptisch, was die Umsetzung der Vereinbarungen angeht, selbst wenn es für eine gewisse Zeit zu einem Waffenstillstand kommen sollte.»
Wann war Putin zuletzt in den USA – und wie gut kennt er Trump?
Laut dem US-Außenministerium besuchte Putin zuletzt im September 2015 die Vereinigten Staaten, um an der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York teilzunehmen. Dort traf er auch den damaligen US-Präsidenten Barack Obama, der Putin auch in Moskau besuchte.
Trump und Putin haben sich bereits mehrmals getroffen – während seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021, unter anderem 2019 beim G20-Gipfel in Osaka, Japan. Nachdem Biden, Trumps Nachfolger, Putin zuletzt 2021 in Genf getroffen hat, herrschte nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 zwischen Washington und Moskau weitgehend Stille.
Seit Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar 2025 präsentiert sich Trump als Vermittler für eine Friedenslösung, der einen guten Draht zu Putin pflegt. Er distanzierte sich dabei vom Unterstützerkurs Bidens für die Ukraine und stellte auch US-Waffenlieferungen an das angegriffene Land infrage. Er geht sogar regelmäßig so weit zu behaupten, es handele sich um «Bidens Krieg».
Wollte Trump nicht eigentlich den Druck auf Putin erhöhen?
Im Wahlkampf hatte Trump noch angegeben, den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu wollen. Seit seinem Amtsantritt im Januar hat er mehrmals mit Putin telefoniert. Zuletzt äußerte er sich jedoch zunehmend kritisch über den Kremlchef. Daher war es relativ überraschend, dass Putin sich gerade jetzt zu einem schnellen Treffen mit dem US-Präsidenten bereit erklärte.
Am 29. Juli setzte Trump eine Frist von zehn Tagen und forderte in dieser Zeit eine Waffenruhe zwischen Moskau und Kiew. Falls dies nicht eintreten würde, drohte er mit Sanktionen gegen wichtige Handelspartner Russlands – und belegte als erstes Land Indien aufgrund seiner Ölgeschäfte mit Moskau mit neuen Strafzöllen. Diese sollen jedoch erst am 27. August in Kraft treten. Das Ultimatum von Ende Juli ist nun abgelaufen, ohne dass Trump weitere Staaten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg mit neuen Abgaben belegt hat.
Warum überhaupt Alaska?
Trump ist der Gastgeber, Putin kommt als Besucher. Die Reisezeit für Trump wird fast genauso lang sein wie für Putin: Alaska ist der nördlichste Bundesstaat der USA. Es befindet sich in relativer Nähe zu Russland – an der schmalsten Stelle sind es nur wenige Kilometer. Die Beringstraße trennt das Gebiet von russischem Territorium.
Der genaue Ort und die Zeit des Treffens sind noch nicht bekannt. Alaska liegt jedoch weit entfernt von Europa, was im Sinne Putins bedeutet, dass die Europäer im Grunde ausgeschlossen sind. Aus Sicherheitsgründen ist es ideal für den Kremlchef, da keine Drittstaaten beteiligt sind. Außerdem muss er dort keine Angst vor einem Haftbefehl des internationalen Strafgerichtshofs haben, da weder die USA noch Russland diese Instanz anerkennen.
Alaska gehörte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu Russland, bevor es von den Vereinigten Staaten vom damaligen Kaiserreich mit vielen Bodenschätzen abgekauft wurde.