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Ukraine verliert im Osten ihren Vorposten Wuhledar

Die Ukraine erhält viel Militärhilfe anderer Staaten. Im Abwehrkampf gegen die russische Invasion wird auch der direkte Kontakt zu Firmen anderer Länder immer wichtiger.

Die Ukraine trauert um ihre gefallenen Soldaten.
Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Nach inoffiziellen Berichten hat die Ukraine an ihrer Ostfront einen seit über zwei Jahren verteidigten Vorposten verloren: die Bergarbeiterstadt Wuhledar. Russische Truppen rückten nach monatelangen Angriffen in die stark zerstörte Stadt im Gebiet Donezk ein, die vor dem Krieg knapp 15.000 Einwohner hatte. Fotos von russischen Flaggen auf mehreren Gebäuden wurden von russischen Militärblogs veröffentlicht. Ukrainische Militärbeobachter markierten ebenfalls auf ihren Karten Wuhledar als russisch kontrolliert.

Der Verlust der Stadt wurde bisher von offizieller ukrainischer Seite nicht bestätigt. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in seiner abendlichen Videobotschaft über die Zusammenarbeit der Ukraine mit ausländischen Rüstungsunternehmen. In Kiew findet derzeit zum zweiten Mal ein Forum der Verteidigungsindustrie mit Vertretern aus über 30 Ländern sowie fast 300 ukrainischen und ausländischen Unternehmen statt.

Am Tag des Vaterlandsverteidigers am Dienstag hielt die Ukraine, die von Russland in den Krieg gezogen wurde, mit einer landesweiten Schweigeminute zum Gedenken an ihre gefallenen Soldaten inne. Die Nacht zum Mittwoch begann für mehrere Gebiete im Norden und in der Mitte des Landes erneut mit Luftalarm. Die ukrainische Luftwaffe entdeckte zahlreiche russische Kampfdrohnen in der Luft. Mittwoch markiert den 951. Tag seit Beginn der großangelegten russischen Invasion.

Verlustreicher Kampf um Wuhledar

Seit einigen Monaten sind russische Truppen in der Ostukraine vorgerückt. Die Situation hat sich seit dem ukrainischen Vorstoß ins russische Grenzgebiet Kursk im August und der Verlegung von mehreren Brigaden aus der Ostukraine in das neue Operationsgebiet verschlechtert. Mehrere Kleinstädte konnten seither von russischen Truppen erobert werden.

In Bezug auf den Fall von Wuhledar hat die russische Armee seit langem vergeblich versucht, die Stadt einzunehmen und dabei mehrmals hohe Verluste erlitten. Zuletzt gelang es den russischen Truppen, die Stadt, die zur Festung ausgebaut wurde, im Osten und Westen zu umgehen und beinahe zu umzingeln. Es gab keine Berichte über einen geordneten Rückzug der letzten ukrainischen Verteidiger. Russische Militärblogger gingen davon aus, dass sich immer noch vereinzelte ukrainische Soldaten in der Stadt befinden.

Die Entwicklung konnte nur indirekt aus den Lageberichten des ukrainischen Generalstabs abgeleitet werden. Am Dienstagmorgen wurde noch über Kämpfe um Wuhledar berichtet, jedoch in den Berichten für den Nachmittag und Abend nicht mehr. Die russischen Angriffe richteten sich auf das nächstgelegene Dorf Bohojawlenka.

Ukrainische Rüstungsindustrie stockt rasch auf

Für die Aufrüstung der ukrainischen Armee sind nach Worten Selenskyjs nicht nur staatliche Militärhilfen anderer Länder notwendig. «Für die Ukraine ist es absolut entscheidend, dass nicht nur Partnerländer, sondern auch Verteidigungsunternehmen aus der ganzen Welt zunehmend an einer Zusammenarbeit mit uns und unserer Verteidigungsindustrie interessiert sind», sagte er. 

Es gebe Investitionen von außen in die ukrainische Rüstungsbranche wie auch ausländische Firmen, die in der Ukraine produzierten. «Die Ukraine stellt bereits Dinge her, die wir vorher nicht hatten, wie das Kaliber 155 und unsere Langstreckendrohnen, unsere Marinedrohnen.» Neben anderen Rüstungsfirmen sind Rheinmetall aus Deutschland und die deutsch-französische KNDS in der Ukraine aktiv.

Bis zum Ende des Jahres werde die Ukraine 1,5 Millionen Drohnen hergestellt haben, verkündete Ministerpräsident Denys Schmyhal bei einer Regierungssitzung. Die Rüstungsproduktion des Landes habe sich im Vergleich zu 2023 verdreifacht. Beim Rüstungsforum erklärte Selenskyj, dass sein Land im ersten Halbjahr dieses Jahres 25 Mal mehr Munition produziert habe als 2022. Die Ukraine habe außerdem erfolgreich eine eigene ballistische Rakete getestet.

Kiew vermutet Kriegsverbrechen

Die ukrainische Justiz vermutet aufgrund eines Videos, dass 16 ukrainische Kriegsgefangene von der russischen Armee ermordet wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew bezeichnete dies als mutmaßliches Kriegsverbrechen. Ein Video tauchte am Dienstag auf Telegram-Kanälen auf. Es wurde angeblich an der Front nahe der umkämpften Stadt Pokrowsk aufgenommen. Zu sehen ist, wie ukrainische Soldaten aus einem Waldstück kommen, sich aufstellen und dann erschossen werden. Sollte sich der Fall bestätigen, wäre es laut Generalstaatsanwalt Andriy Kostin der schlimmste Fall von getöteten ukrainischen Kriegsgefangenen an der Front.

Russland nimmt angebliche Internet-Verschwörer fest 

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat nach eigenen Angaben bei einer koordinierten Aktion 39 Menschen festgenommen, darunter mehrere Minderjährige. Es handele sich um Teilnehmer «destruktiver Internetgemeinschaften», die im Auftrag der Ukraine Gewalttaten in Russland hätten verüben sollen, hieß es. Gegen weitere mehr als 250 Personen werde ermittelt. Angeblich sollen sich die Verdächtigen über den Messenger Discord mit ihren ukrainischen Führungsoffizieren verständigt haben. 

Russische Behörden warnen seit Monaten vor den angeblichen Anwerbungen, Medien berichten über einzelne Fälle. Moskau hat nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Verfolgung von Kriegsgegnern und Andersdenkenden im eigenen Land noch einmal verschärft.

[Verlust von Wuhledar an russische Truppen in der Ostukraine],Ukrainische Bergarbeiterstadt fällt nach monatelangen Angriffen an russische Truppen. Stadt vor dem Krieg 15.000 Einwohner.

 

dpa