Die Ukraine wird von einem unter Präsident Selenskyj bisher beispiellosen Korruptionsskandal erschüttert. Es geht um Millionen, es gibt erste Festnahmen. Nun erreicht der Skandal die Regierung.
Ukrainischer Justizminister nach Durchsuchungen entlassen

Nach Korruptionsermittlungen wurde der ukrainische Justizminister Herman Haluschtschenko von seinen Pflichten entbunden. Dies wurde in einer außerordentlichen Sitzung von Regierungschefin Julia Swyrydenko bei Telegram bekannt gegeben.
Der ehemalige Energieminister Haluschtschenko ist einer der Verdächtigen in einem bisher unter Führung von Präsident Wolodymyr Selenskyj beispiellosen Korruptionsskandal in der Ukraine. Am Vortag hatte es bei Haluschtschenko Durchsuchungen gegeben. Er war seit Juli Justizminister.
Haluschtschenko schrieb bei Telegram, dass er Swyrydenko zustimme. Er halte eine Entfernung für die Dauer von Ermittlungen für eine zivilisierte und richtige Vorgehensweise, schrieb er. Außerdem kündigte er an, sich rechtlich verteidigen und seine Position darlegen zu wollen.
Sein Ministerium in Kiew hatte die Ermittlungsarbeit bestätigt. Haluschtschenko unterstütze die Strafverfolgungsbehörden in vollem Umfang, hieß es in einer Mitteilung am Vortag. Das Justizministerium halte sich konsequent «an den Grundsatz der Nulltoleranz gegenüber Korruption». Details zu möglichen Vorwürfen wurden nicht genannt.
Verdacht der Geldwäsche in Millionenhöhe
Das Nationale Antikorruptionsbüro und die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) der Ukraine hatten zuvor Ermittlungen bei dem Konzern Energoatom bekanntgemacht. Es geht um Bestechungsgeld, das beim Bau von Schutzvorrichtungen um Energieanlagen gegen russische Luftangriffe geflossen sein soll. Am Dienstag sprach das Antikorruptionsbüro von fünf Festnahmen und sieben Verdachtsfällen. Die Gruppe soll etwa 100 Millionen US-Dollar (86,4 Millionen Euro) an Schmiergeld gewaschen haben.
Im Fokus der Untersuchungen steht der langjährige Wegbegleiter von Selenskyj, Tymur Minditsch. Laut Staatsanwalt Serhij Sawyzkyj habe er nicht nur Einfluss auf Haluschtschenko ausgeübt, sondern auch auf den ehemaligen Verteidigungsminister Rustem Umjerow. Umjerow bestätigte in einer Erklärung Kontakte zu Minditsch, bestritt jedoch entschieden Korruptionsvorwürfe.
Selenskyj-Vertrauter gilt als Hauptverdächtiger
Minditsch ist ein Vertrauter und Geschäftspartner von Präsident Selenskyj aus dessen Zeiten als Schauspieler. Der Hauptverdächtige habe Einfluss auf staatliche Entscheidungen «im Energie- und im Rüstungsbereich» genommen, hieß es. Minditsch soll die Ukraine verlassen haben. Selenskyj forderte, dass Schuldige ohne Ansehen der Person verurteilt werden sollten.
Energoatom sprach von einem «Vorfall», der keinen Einfluss auf die finanzielle Stabilität des Unternehmens, die Stromproduktion und die Sicherheit der ukrainischen Kernkraftwerke habe. Trotzdem scheint es um den größten Bestechungsskandal der Ukraine zu Zeiten des seit mehr als dreieinhalb Jahren dauernden Krieges gegen den Angreifer aus Russland zu gehen. Das in die EU strebende Land gilt trotz Reformen immer noch als einer der Staaten in Europa mit der höchsten Korruptionsanfälligkeit.








