Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

EU-Außenminister beraten über Syrien-Stabilisierung

Die EU sucht Wege zur Rückkehr von Flüchtlingen und vermeidet Kontakt mit Rebellenallianz um Assad.

Syrien hat sich von der Assad-Regierung befreit - die EU-Außenminister beraten heute über die Stabilisierung des Landes. (Archivbild)
Foto: Leo Correa/AP/dpa

Acht Tage nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad beschäftigt die Lage in Syrien die Außenminister der EU-Staaten. Bei ihrem heutigen Treffen in Brüssel wollen die Chefdiplomatinnen und -diplomaten darüber beraten, wie die Europäische Union zu einer Stabilisierung des Landes beitragen kann. Dabei geht es auch darum, eine Rückkehr der vielen in Europa lebenden Flüchtlinge aus Syrien zu ermöglichen.

Laut eigenen Angaben hatte die EU bis zuletzt keinen Kontakt zur islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS). HTS führte die Rebellenallianz an, die Assad gestürzt hat. Die Gruppe und mit ihr verbundene Personen bleiben weiterhin auf der Terrorliste der Vereinten Nationen und unterliegen EU-Sanktionen.

Kaja Kallas, die neue EU-Außenbeauftragte, äußerte kürzlich, dass es berechtigte Bedenken bezüglich der Risiken konfessionell motivierter Gewalt, des Wiederauflebens von Extremismus und eines Regierungs-Vakuums gibt. Bei den Beratungen wird sie erstmals den Vorsitz haben.

Rebellenführer verspricht Entwaffnung aller Milizen

Der Anführer der HTS, Ahmed al-Scharaa, versprach jedoch eine Maßnahme, die zur Stabilisierung des vom Bürgerkrieg zerrissenen Landes beitragen könnte. Nach Angaben des oppositionellen Fernsehsenders Syria TV sagte er: “Alle bewaffneten Gruppen und Milizen würden entwaffnet.” Priorität hätten nun der Wiederaufbau und die Bereitstellung von Wohnraum für die Menschen in Flüchtlingslagern.

Al-Scharaa, der bis vor kurzem unter seinen Kampfnamen Mohammed al-Dschulani aufgetreten war, wandte sich auch an seine ins Ausland geflüchteten Landsleute. «Ich lade sie alle ein, nach Hause zu kommen, sodass wir Syrien wieder ordentlich aufbauen können und von ihren im Ausland gewonnenen Erfahrungen profitieren», zitierte ihn Syria TV. 

Setzt sich Israel auf dem Golan fest?

Israel nutzte das Machtvakuum nach dem Sturz Assads, um mit seinen Truppen über die Waffenstillstandslinie auf den Golanhöhen vorzurücken. Die Führung in Jerusalem erklärt, dass dies geschehe, um zu verhindern, dass feindlich gesinnte bewaffnete Gruppen Israel vom Höhenplateau aus angreifen.

Das Gebiet westlich der Waffenstillstandslinie, das bis zum See Genezareth reicht, wurde von Israel im Sechstagekrieg 1967 erobert und 1981 einseitig annektiert. Nach Völkerrecht gehört es – zumindest nach Ansicht der meisten Staaten, einschließlich Deutschlands – zu Syrien. Die israelische Regierung genehmigte jedoch am Sonntag einen Plan zur Investition von umgerechnet mehr als zehn Millionen Euro in die besetzten Golanhöhen.

Der Plan von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe eine Verdoppelung der dortigen Bevölkerung zum Ziel, teilte dessen Büro mit. Gegenwärtig leben auf dem Felsplateau mehr als 50.000 Menschen, etwas mehr als die Hälfte jüdische Israelis und der Rest Drusen und Alawiten. Hintergrund der Entscheidung seien der Krieg und die «neue Front» mit Syrien, hieß es in der Mitteilung. 

Arabische Länder verurteilen israelischen Schritt

Saudi-Arabien hat die Entscheidung Israels, die Besiedelung der Golanhöhen auszuweiten, verurteilt. Das arabische Königreich bezeichnete dies als Verletzung des Völkerrechts und forderte die internationale Gemeinschaft auf, Israels Vorgehen nicht zu tolerieren. In der Erklärung der Außenministerien in Riad wurde betont, dass es sich bei den Golanhöhen um besetztes arabisches und syrisches Land handelt. Auch das Golfemirat Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verurteilten die israelische Entscheidung in ihren Erklärungen.

Netanjahu spricht mit Trump: kein Interesse an Konflikt

In einem Telefongespräch mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump über die Lage in Syrien bekräftigte der israelische Premier unterdessen erneut seine friedlichen Absichten. «Wir haben kein Interesse an einem Konflikt mit Syrien», sagte Netanjahu laut einer Mitteilung. Israels Vorgehen werde sich an den Gegebenheiten vor Ort orientieren. Syrien sei jahrzehntelang ein «aktiver Feindstaat» gewesen und habe Israel wiederholt angegriffen. 

Das Bürgerkriegsland habe zudem anderen erlaubt, Israel von seinem Territorium aus anzugreifen. Auch habe Syrien dem Iran erlaubt, die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon über sein Territorium zu bewaffnen. «Um sicherzustellen, dass sich dies nicht wiederholt, haben wir in den letzten Tagen eine Reihe intensiver Maßnahmen ergriffen», sagte Netanjahu auch mit Blick auf die Bombardierung strategischer militärischer Einrichtungen im Nachbarland. 

Kiew will mit Lebensmitteln helfen

Die Ukraine ist derweil nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj zu humanitärer Hilfe für Syrien bereit. In Absprache mit seiner Regierung sei Nahrungsmittelhilfe aus dem Programm «Grain from Ukraine» erörtert worden, um der Bevölkerung Syriens zu helfen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Konkret müsse nun mit Vertretern Syriens die Logistik abgesprochen werden. «Wir werden diese Region auf jeden Fall unterstützen, damit die Ruhe dort zu einem Stützpfeiler für unsere Bewegung hin zu einem echten Frieden werden kann.»

Das im Jahr 2022 ins Leben gerufene humanitäre Programm sieht vor, dass Geberstaaten und andere Organisationen landwirtschaftliche Produkte direkt von ukrainischen Produzenten kaufen und in Länder verschicken, die am Rande einer Hungersnot stehen – vor allem in Afrika und Asien.

Viele Tote nach israelischem Angriff in Gaza 

Bei einem israelischen Angriff auf eine ehemalige Schule im nördlichen Gazastreifen wurden laut Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Zivilschutzes mindestens 40 Menschen getötet. Das Gebäude in der Stadt Beit Hanun diente als Unterkunft für Kriegsflüchtlinge, sagte ein Sprecher. Viele der Opfer sind verbrannt. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Das israelische Militär gab auf seinem Telegram-Kanal bekannt, dass es in Beit Hanun gezielt eine Gruppe von Hamas-Kämpfern angegriffen hat. Zahlreiche Terroristen wurden bei Luft- und Bodenoperationen getötet. Diese Informationen konnten ebenfalls nicht unabhängig überprüft werden.

Der Gaza-Krieg begann mit dem Massaker palästinensischer Terroristen aus dem Küstengebiet am 7. Oktober des letzten Jahres in Israel, bei dem 1.200 Menschen starben und rund 250 entführt wurden. Seitdem kämpft Israel gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen, wo nach Angaben der Palästinenser vom Sonntag bisher 44.976 Menschen getötet wurden. Es wird jedoch nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden.

Israel will alle Geiseln zurückholen

Bei Netanjahus Gespräch mit Trump sei es auch um die Bemühungen gegangen, eine Freilassung der israelischen Geiseln zu erreichen, die sich noch in der Gewalt der islamistischen Hamas befinden. «Wir werden uns weiterhin unermüdlich dafür einsetzen, dass alle unsere Geiseln, die lebenden und die verstorbenen, nach Hause zurückkehren», bekräftigte der israelische Premier. Rund 100 Geiseln – darunter auch Leichen – werden nach israelischen Angaben noch von der Hamas festgehalten.

dpa