Mehrheit der Israelis positiv gegenüber Deutschland, während Antisemitismus in Deutschland zunimmt. Israelis sehen Deutschland als Verantwortungsträger.
Deutsche und Israelis: Uneinigkeit und Antisemitismus auf dem Vormarsch

Laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung bewerten die Israelis 60 Jahre nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel Deutschland und seine Regierung mehrheitlich positiv. Im Gegensatz dazu wird Israel in Deutschland heute deutlich kritischer betrachtet als noch vor einigen Jahren.
Laut der Stiftung gibt es nicht nur eine zunehmende Kluft in der gegenseitigen Wahrnehmung. Der klassische Antisemitismus breitet sich in Deutschland laut der Umfrage aus, besonders unter jüngeren Menschen.
Deutlicher Stimmungswandel im Vergleich zu 2021
Der Unterschied in der Stimmung im Vergleich zur letzten Umfrage von 2021 ist signifikant. Damals hatten 46 Prozent der befragten Deutschen eine positive Einstellung zu Israel. Jetzt haben nur noch 36 Prozent eine positive Meinung über Israel, während 38 Prozent den jüdischen Staat negativ beurteilen. Im Gegensatz dazu haben 60 Prozent der Israelis ein gutes oder sehr gutes Bild von der Bundesrepublik.
Antisemitische Einstellungen, wie die Behauptung eines angeblich zu großen Einflusses von Juden, erreichten laut Bertelsmann-Stiftung mit 27 Prozent den höchsten Wert seit Jahren. Auch israelbezogener Antisemitismus habe zugenommen. 29 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen Juden aufgrund der israelischen Politik immer unsympathischer würden. Bei den unter 40-Jährigen stieg die Zustimmung zu dieser Aussage von 14 auf 28 Prozent.
«Antisemitismus ist in Deutschland kein Randphänomen, sondern zeigt sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus und politischen Lagern», sagte Stephan Vopel, Israel-Experte der Bertelsmann Stiftung.
Die deutsche Vergangenheit, insbesondere die Schoah, prägt auch 80 Jahre nach Kriegsende den Blick von Deutschen und Israelis in besonderer Weise. In Israel legen jedoch wesentlich mehr Menschen Wert auf diese Erinnerung als in Deutschland: Während in Deutschland nur 32 Prozent der Befragten es ablehnen, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen, sind es in Israel fast doppelt so viele (62 Prozent).
Unterschiede je nach Bildungsniveau und Parteipräferenzen
In der deutschen Umfrage zeigen sich klare Unterschiede je nach Bildungsniveau: Nur 25 Prozent der Befragten mit niedrigem Bildungsniveau lehnen einen Schlussstrich unter die Vergangenheit des Holocausts ab, während es bei den höher Gebildeten 41 Prozent sind.
In Übereinstimmung mit dieser Aussage spielen auch Parteipräferenzen eine Rolle: 63 Prozent der AfD-Anhänger stimmten in der Umfrage besonders für einen Schlussstrich unter die Vergangenheit, während es unter den Anhängern von Bündnis 90/Die Grünen nur 14 Prozent waren.
Laut einer Umfrage glaubten 64 Prozent der Israelis, dass Deutschland eine besondere Verantwortung sowohl für das jüdische Volk als auch für den Staat Israel hat. In der deutschen Bevölkerung sah nur etwa ein Drittel der Befragten eine solche Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk, während es bezogen auf den Staat Israel mit rund einem Viertel noch weniger waren.
Die Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung wurde zwischen dem 24. Februar und dem 25. März 2025 durchgeführt. In Deutschland wurden 1.346 erwachsene Personen befragt, in Israel waren es 1.367.