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Umstrittenes Trump-Dekret: Aufruf zu Protesten in Washington

Der Präsident stellt die Hauptstadt-Polizei unter Bundeskommando und lässt Soldaten mobilisieren. Er spricht von ausufernder Kriminalität, Statistiken bezeugen anderes. Nun regt sich erster Protest.

Nach Trumps Dekret regt sich erster Protest in der Hauptstadt.
Foto: Luzia Geier/dpa

Gegner von US-Präsident Donald Trump mobilisieren zu Protesten gegen seine Ankündigung, die Polizei in Washington unter Bundeskontrolle zu stellen und Soldaten in der US-Hauptstadt einzusetzen. In sozialen Medien wurde über lokale Accounts zu Protestaktionen aufgerufen: Anwohner sollten Plakate in ihre Fenster hängen und abends unter anderem auf Töpfe einschlagen, um ihrem Unmut Luft zu machen. Auf einer beliebten Ausgehmeile in der Innenstadt blockierten einige Dutzend Demonstranten zeitweise den Verkehr. Größere Proteste gab es zunächst aber nicht, am Abend (Ortszeit) blieb die Lage weitgehend ruhig.

Trump hat am Montag per Dekret angeordnet, dass die Polizei im Hauptstadtbezirk Washington vorerst unter den Befehl von Justizministerin Pam Bondi gestellt wird, aufgrund angeblich ausufernder Kriminalität. Zusätzlich sollen zunächst 800 Soldaten der Nationalgarde eingesetzt werden. Falls erforderlich, plant Trump, weitere Einsatzkräfte zu mobilisieren, um – gemäß der offiziellen Begründung – die öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt wiederherzustellen. Der Fall erinnert an den umstrittenen Einsatz von Soldaten auf den Straßen von Los Angeles im Juni, ist jedoch rechtlich anders gelagert.

«So sieht Faschismus aus», rief eine Teilnehmerin der Demo in der Innenstadt übers Megafon. Eine andere sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie wolle Solidarität mit ihrer Stadt zeigen – Washington habe kein Problem mit Kriminalität. «Ich bin Tag und Nacht unterwegs. Es ist hier sehr sicher», erklärte Robyn Galbraith. Trump suche nur einen Vorwand, um von schlechten Umfragewerten und innenpolitischen Problemen abzulenken, sagte die pensionierte Lehrerin. Ihren Kindern drohe ein Leben unter «einem autoritären Regime».

Medien sprechen von Novum in der US-Geschichte

Trump behauptet, die örtliche Regierung der US-Hauptstadt habe die Kontrolle über die Sicherheit verloren. Er stützt sein ungewöhnliches Dekret auf ein Gesetz namens «Home Rule Act», das im Notstand die Polizei in Washington unter Bundeskommando stellt – und sagt Sätze wie: «Wir werden unsere Hauptstadt zurückerobern.» US-Medien zufolge ist es das erste Mal, dass ein Präsident die Polizei in Washington unter Bundeskontrolle bringt.

Die Nationalgarde, die zum US-Heer gehört, war bereits mehrmals in der Hauptstadt aktiv. Normalerweise haben die Bundesstaaten die Kontrolle über diese militärische Reserveeinheit. In speziellen Situationen – wie bei Naturkatastrophen, Unruhen und inneren Notfällen – kann der Präsident sie jedoch unter Bundeskommando stellen. Da die US-Hauptstadt ein eigenständiger Bundesstaat ist, unterliegt die Nationalgarde ohnehin direkt dem Präsidenten.

Gemäß CNN gab es vor Trumps Ankündigung anscheinend nur wenig Abstimmung mit der demokratischen Bürgermeisterin Muriel Bowser. Daher ist auch unklar, wie genau die Zusammenarbeit zwischen lokalen und Bundesbehörden funktionieren soll.

Andere Stadt, gleicher Vorwurf

Der Vorwurf, dass die Regierung sich auf Kosten der eigentlich zuständigen Behörden vor Ort in Szene setzt, steht auch jetzt wieder im Raum – so wie schon vor einigen Wochen in Los Angeles. Damals schickte Trump nach Protesten gegen Abschieberazzien der Einwanderungsbehörde ICE zur Abschreckung zeitweise Soldaten in die Straßen der Millionenstadt – gegen den ausdrücklichen Willen von Kaliforniens demokratischem Gouverneur Gavin Newsom. Kritiker werteten das als Tabubruch. Der Streit wird längst vor Gericht ausgefochten.

Einsatz maximal 30 Tage ohne Kongresszustimmung

Der Präsident der USA kann die lokale Polizei von Washington vorerst bis zu 48 Stunden unter Bundeskontrolle stellen, bevor er das Parlament informieren muss. Ohne Zustimmung beider Kongresskammern – Senat und Repräsentantenhaus – kann dies höchstens 30 Tage dauern. Danach ist eine Abstimmung erforderlich. Das Parlament befindet sich jedoch gerade in der Sommerpause, daher wird wahrscheinlich eine Sonderregelung angewendet, die Trump etwas mehr Zeit gibt.

Polizeistatistiken widersprechen Trumps Darstellung

Im Dekret wird ferner als Argument aufgeführt, dass es im Bundesdistrikt Washington «eine der höchsten Raub- und Mordraten unter den Großstädten des Landes» gebe.

Ein Blick auf die Kriminalitätsstatistik der örtlichen Polizei zeigt jedoch einen Rückgang der gemeldeten Delikte. Die Zahl der Gewaltverbrechen sank bis Anfang August dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut ein Viertel. Die Gesamtzahl aller Delikte ging um sieben Prozent zurück. Auch zwischen 2023 und 2024 gab es einen Rückgang der gemeldeten Verbrechen. Laut der Staatsanwaltschaft des Hauptstadtbezirks war 2024 das Jahr mit den wenigsten Gewaltverbrechen seit 30 Jahren.

Trump macht seit Wochen Stimmung gegen Kriminelle und auch Obdachlose in Washington. «Die Obdachlosen müssen wegziehen, SOFORT», hatte er am Sonntag auf seiner Plattform Truth Social geschrieben. Dazu postete er Fotos, die Zelte und Müll am Straßenrand zeigen – versehen mit der Ankündigung: «Wir werden euch Unterkünfte anbieten, aber WEIT WEG von der Hauptstadt.»

dpa