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UN fordern Aufklärung in Fall um israelische Scharfschützen

Soldaten der israelischen Armee – darunter einem Deutschen – werden Kriegsverbrechen in Gaza vorgeworfen. Der Sprecher von UN-Generalsekretär Guterres spricht von einer «erschütternden Lektüre».

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hatte gemeinsam mit palästinensischen Menschenrechtsorganisationen Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. (Archivbild)
Foto: Christoph Schmidt/dpa

Die Vereinten Nationen fordern angesichts schwerer Vorwürfe gegen Scharfschützen der israelischen Armee Aufklärung. Die angebliche Tötung unbewaffneter Palästinenser durch die Soldaten müsse untersucht werden, sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, in New York auf eine entsprechende Anfrage. «Das ist ein weiterer Grund, warum es eine Rechenschaftspflicht für alle Verstöße geben muss, die wir in Gaza gesehen haben». 

Laut gemeinsamen Recherchen mehrerer internationaler Medien – darunter der «Spiegel» und das ZDF – soll ein israelischer Scharfschütze aus München gemeinsam mit einem Kameraden in Gaza mehrfach gezielt Unbewaffnete erschossen haben. Das gehe unter anderem aus einem Videointerview mit dem Kameraden hervor. Sie hätten nicht gewusst, auf wen sie gefeuert hätten, sagte der Kamerad laut einem Bericht des «Spiegels». Einige der getöteten Männer seien nicht bewaffnet, aber im wehrfähigen Alter gewesen.

Verdacht auf Kriegsverbrechen

UN-Sprecher Dujarric nannte die Berichterstattung und die dazugehörigen Aufnahmen eine «erschütternde Lektüre». Der Sprecher betonte, dass grundsätzlich die Tötung von Zivilisten «eindeutig gegen das humanitäre Völkerrecht» verstoße. Wichtig sei, dass die israelischen Behörden bei der Aufklärung solcher und anderer Vorwürfe kooperierten. Dies sei bislang nicht der Fall. Nicht eindeutig äußerte sich der Sprecher auf die Frage, ob auch die deutschen Behörden ermitteln müssten, weil einer der Tatverdächtigen aus München stammen soll.

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat zusammen mit palästinensischen Menschenrechtsorganisationen eine Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. Laut einer Mitteilung richtet sich die Anzeige gegen einen aus München stammenden Angehörigen der israelischen Armee, der verdächtigt wird, an der gezielten Tötung unbewaffneter Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza beteiligt gewesen zu sein.

«Die Organisationen fordern die Einleitung völkerrechtlicher Ermittlungen wegen des Verdachts der Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit», teilte das ECCHR weiter mit. Die Anzeige stütze sich auf Beweismaterial aus den Investigativ-Recherchen und audiovisuellen Aufnahmen.

Tötung von Zivilisten als Kriegsverbrechen

Der angebliche Schütze aus München sei laut geleakten israelischen Registerdaten in Deutschland geboren, berichtete das ZDF. «Der heute 25-Jährige ging in München zur Schule», hieß es. Nach dem Abitur habe er sich den israelischen Streitkräften angeschlossen und zum Scharfschützen ausbilden lassen. Er sei Teil des Fallschirmjägerbataillons 202 geworden. Israels Armee äußerte sich auf Anfrage der dpa zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Wenn ein Deutscher sich freiwillig für den Dienst in einer ausländischen Armee meldet, kann er seine deutsche Staatsangehörigkeit verlieren. Dies betrifft auch Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Es ist jedoch möglich, eine Genehmigung vom Bundesverteidigungsministerium einzuholen. Für einige Länder, darunter auch Israel, besteht jedoch eine allgemeine Zustimmung zum Dienst in deren Streitkräften.

Die Bundesanwaltschaft ist neben Terrorismus- und Spionagefällen auch für die Verfolgung von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch zuständig, wenn sie einen Bezug nach Deutschland haben. Zu den Tatbeständen gehören unter anderem Kriegsverbrechen wie die gezielte Tötung von Zivilisten.

dpa