Ohne ehrgeizige Ziele drohen die Bemühungen zu scheitern. Länder reagieren bestürzt auf mageres Ergebnis.
Verhandlungen um globalen Plastikvertrag stecken fest
Nach zehntägigem Ringen um einen globalen Vertrag zur Eindämmung der verheerenden Plastikverschmutzung ist das Ergebnis der UN-Konferenz in Genf zunächst mager: Ohne Schlussspurt in den letzten Stunden vor Ablauf der gesetzten Frist drohen die Bemühungen zu scheitern. Die Verhandlungen sollten am Donnerstag enden. Für die Europäische Union sagte Umweltkommissarin Jessika Roswall: «Die EU ist zum Handeln bereit, aber nicht um jeden Preis.»
Mit Bestürzung reagierten Dutzende Länder am Mittwoch auf einen Last-Minute-Vertragsentwurf des Konferenzvorsitzenden. Daraus waren praktisch alle ehrgeizigen Ziele und Auflagen für Regierungen gestrichen worden. «Dieser Text ist inakzeptabel und liefert nicht einmal das Minimum, das nötig ist, um mit der Dringlichkeit der Herausforderung umzugehen», warnte der dänische Delegierte im Namen der 27 EU-Länder. «Inakzeptabel» und «rote Linien überschritten» – so äußerten sich zahlreiche Regierungsvertreter.
Knackpunkt Produktionsbegrenzung
Mehr als 120 Länder unterstützen die Forderung, den Gebrauch und die Produktion von Plastik auf ein nachhaltiges Niveau zu reduzieren. Das Ziel ist, bestimmte Einwegplastikprodukte wie Strohhalme oder Becher aus Styropor weltweit zu verbannen. Öl produzierende Länder sind jedoch gegen eine Begrenzung der Produktion, da sie Einbußen befürchten. Da Plastik hauptsächlich aus Öl hergestellt wird, bevorzugen diese Länder eine Einigung bezüglich des Abfallmanagements.
«Das Problem der internationalen Plastikverschmutzung ist gigantisch», sagte der Staatssekretär im deutschen Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, am Vorabend des Finaltags. «Die produzierten Mengen sind nicht nachhaltig. Das immer neue Hinzufügen des Plastiks muss Grenzen finden.»
Was Plastik mit Ökosystemen und Menschen macht
Plastik verschmutzt die Meere und die Umwelt, vergiftet Ökosysteme, tötet Fische und andere Lebewesen und stellt eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. Kleinste Partikel wurden vermehrt in Organen und sogar im Gehirn entdeckt. Studien zufolge beeinträchtigen Nano- und Mikroplastikpartikel unter anderem das Immunsystem, können sich in den Arterien ablagern und Entzündungen fördern.
Die Umweltversammlung der Vereinten Nationen, das höchste Entscheidungsgremium für Umweltfragen, hat im Jahr 2022 einen Plastikvertrag verabschiedet. Im Mandat wird festgelegt, dass der Vertrag den gesamten Lebenszyklus von Plastik abdecken soll, von der Produktion über das Design bis zur Entsorgung. Für Länder wie Deutschland und die EU bedeutet dies, weniger Plastik zu produzieren, Plastikprodukte mehrfach zu verwenden und zu recyceln, und das verbleibende Plastik umweltschonend zu entsorgen.
«Wir mögen Plastik, es ist ein tolles Produkt, und wir werden es auch weiterhin brauchen», sagte die EU-Umweltkommissarin Roswall. «Aber wir mögen keine Plastikverschmutzung.» Die müsse endlich beendet werden.
Harsche Kritik
Der neue Vertragsentwurf wurde von Kenia, den Philippinen und vielen anderen Ländern als lediglich ein Managementplan für Abfall kritisiert. Die Vertreterin Großbritanniens erklärte, dass eine Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner keine Option sei. Selbst Saudi-Arabien, ein Ölproduzent, der sich lange gegen Produktionsbeschränkungen gewehrt hat, hat den Text kritisiert.
«Der Text ist ein Geschenk an die petrochemische Industrie und ein Verrat an der Menschheit», meinte der Chef der Delegation der Umweltorganisation Greenpeace, Graham Forbes. Die Wurzel des Übels, die unermüdliche Plastik-Produktion, werde ignoriert.