UN-Generalsekretär trifft schwierige Entscheidung aufgrund lebensgefährlicher Arbeitsbedingungen, Mitarbeiter verlassen Gebiet vorerst.
UN zieht internationale Mitarbeiter aus Gazastreifen ab

Die Vereinten Nationen ziehen wegen der lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen im Gazastreifen etwa ein Drittel ihrer internationalen Mitarbeiter aus dem Küstengebiet ab. UN-Generalsekretär António Guterres habe diese «schwierige Entscheidung getroffen», verkündete UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York. Angesicht der großen humanitären Notlage im Gazastreifen würden die Vereinten Nationen das Gebiet aber nicht komplett verlassen.
Etwa 30 der derzeit 100 internationalen Mitarbeiter sollen vorübergehend die Region verlassen, wie der Sprecher mitteilte. Die restlichen Mitarbeiter sowie die über 10.000 lokalen palästinensischen Mitarbeiter des Hilfswerks UNRWA werden jedoch weiterhin ihrer Arbeit nachgehen.
Der Hintergrund ist ein tragischer Vorfall, der sich letzte Woche ereignet hat. Laut den Vereinten Nationen wurde eine UN-Einrichtung von einer israelischen Panzergranate getroffen und ein bulgarischer UN-Mitarbeiter wurde getötet – sechs weitere aus Frankreich, Moldawien, Nordmazedonien, den palästinensischen Gebieten und Großbritannien wurden verletzt. Israel hat die Vorwürfe bestritten und betont, dass entgegen anderslautenden Berichten kein UN-Gebäude angegriffen wurde.
Erstmals seit Beginn einer Waffenruhe vor rund zwei Monaten hat die israelische Luftwaffe in der Nacht zum Dienstag vergangener Woche wieder verstärkt Ziele im Gazastreifen bombardiert. Laut Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bisher mehr als 400 Menschen getötet, darunter viele Minderjährige und Frauen.
Hamas führt «Gefangene Nr. 21 und 22» vor
Die Hamas veröffentlichte ein weiteres Propaganda-Video, in dem zwei Geiseln gezeigt werden, die von ihr festgehalten werden. Die beiden jungen Männer waren am 7. Oktober 2023 beim Nova-Musikfestival anwesend, als islamistische Terroristen ihr beispielloses Massaker im Süden Israels verübten, bei dem 1200 Menschen getötet und 250 weitere in den Gazastreifen entführt wurden. Dieser Terrorakt löste den Gaza-Krieg aus.
Das Video, in dem die beiden Männer ihre Namen nicht nennen durften und sich als «Gefangener Nr. 21» und «Gefangener Nr. 22» bezeichnen mussten, erschien im Telegram-Kanal der Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas. Israels Regierung betrachtet derartige Geiselvideos als Teil der psychologischen Kriegsführung der Hamas, die damit Druck auf die Gegenseite ausüben und die israelische Bevölkerung gegen ihre Regierung aufbringen will.
Die Familien der beiden Männer stimmten der Verbreitung des Videos durch israelische Medien zu. Ihr Sohn gehe in den Tunneln der Hamas «durch die Hölle», schrieb eine der Familien in einer Stellungnahme, die das Forum der Geiselangehörigen veröffentlichte. Er habe Hunger gelitten und enorm Gewicht verloren, kämpfe mit Haut- und Atemwegsbeschwerden und habe seit mehr als anderthalb Jahren kein Tageslicht gesehen. «Wir wollen Elkana lebendig zurückbekommen, und wir wollen die Rückkehr aller Geiseln!», heißt es in dem Schreiben.
Laut israelischen Angaben werden immer noch 24 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. Zusätzlich gibt es die sterblichen Überreste von 35 Entführten.
Raketen aus dem Jemen und Gaza
In der Zwischenzeit lösten neue Raketenangriffe aus dem Hunderte Kilometer entfernten Jemen und aus dem Gazastreifen in Israel Raketenalarm aus. Aufgrund eines Geschosses, das von der mit dem Iran verbündeten Huthi-Miliz im Jemen abgefeuert wurde, ertönten in Tel Aviv und anderen Orten im Landesinneren die Sirenen.
Israels Luftabwehr konnte die Rakete nach Militärangaben noch vor Erreichen israelischen Gebiets abschießen. Einige Trümmer fielen dennoch tief im Inneren des kleinen Staates Israel nieder, ohne Menschen zu verletzen. Einige Geschosssplitter fielen auf den Jerusalemer Vorort Beit Schemesch, wie die Zeitung «Times of Israel» unter Berufung auf den Katastrophenschutz berichtete.
Die Miliz Palästinensischer Islamischer Dschihad, die ebenfalls mit der Hamas verbündet ist, feuerte Raketen aus dem Norden des Gazastreifens auf israelisches Gebiet nahe der Gaza-Grenze ab. Diese Raketen wurden ebenfalls von der Luftabwehr abgefangen, so das Militär. Kurz darauf forderte die israelische Armee die palästinensische Bevölkerung in einigen Orten des nördlichen Gazastreifens auf, ihre Wohngebiete sofort zu verlassen. Die Armee hat die Abschussstellen für die Raketenangriffe dort identifiziert – und wird diese angreifen.
Aktivisten: Oscar-prämierter Regisseur von Siedlern verletzt
Unterdessen wurde bekannt, dass der vor gut drei Wochen mit einem Oscar für den Dokumentarfilm «No Other Land» ausgezeichnete Co-Regisseur Hamdan Ballal Westjordanland laut Augenzeugen von jüdischen Siedlern zusammengeschlagen worden ist. Anschließend hätten israelische Soldaten den verletzten palästinensischen Filmemacher aus einem Krankenwagen geholt und festgenommen, berichteten palästinensische Aktivisten und Kollegen Ballals. Das israelische Militär bestritt in einer Stellungnahme, dass ein Palästinenser aus einem Krankenwagen geholt worden sei.
Der palästinensisch-norwegische Dokumentarfilm, den Ballal mit den Israelis Yuval Abraham und Rachel Szor sowie dem Palästinenser Basel Adra drehte, gewann Anfang März in Los Angeles den Oscar für den besten Dokumentarfilm. «No Other Land» erzählt vom gewaltfreien Kampf der Palästinenser in Susja und der umliegenden Landschaft Masafer Jatta südlich von Hebron für den Erhalt ihrer Dörfer und ihres Landes.
Die nicht-staatliche Organisation Center for Jewish Nonviolence hat über die Plattform Bluesky mitgeteilt, dass Ballal am Montagabend in seinem Heimatdorf Susja im israelisch besetzten Westjordanland von israelischen Siedlern angegriffen wurde. Die Angreifer waren mit Schlagstöcken, Messern und mindestens einem Sturmgewehr bewaffnet. Viele von ihnen trugen Masken. Auch fünf jüdisch-amerikanische Aktivisten wurden angegriffen und ihr Auto mit Steinen beworfen. Es ist unklar, wo sich Ballal derzeit aufhält.