Von Bundespräsidenten bis Bundesministern – Persönlichkeiten mit außergewöhnlichem beruflichem Hintergrund prägen die deutsche Politikgeschichte.
Politische Quereinsteiger in Deutschland: Erfolgreiche Karrieren ohne klassische Politiklaufbahn

Bei der Präsentation der voraussichtlichen Kabinettsmitglieder der Union werden Persönlichkeiten hervorgehoben, die außerhalb der traditionellen Politik Karrieren gemacht haben. Es gab bereits häufiger Quereinsteiger wie den MediaMarkt-Saturn-Chef Karsten Wildberger und den Medienunternehmer Wolfram Weimer. Ein Überblick:
Horst Köhler (CDU) – Ökonom als Staatsoberhaupt
Im Jahr 2004 setzte die damalige CDU-Chefin und spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel die Wahl von Horst Köhler zum Bundespräsidenten durch. Der promovierte Volkswirt stieg ohne parteipolitische Laufbahn in das höchste Staatsamt auf. Zuvor hatte Köhler als Präsident des Sparkassenverbands und als Geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) gearbeitet. Im Jahr 2010 trat Köhler vorzeitig von seinem Amt zurück.
Siegfried Balke (CSU) – Chemiker und Industriemanager
Siegfried Balke war ein promovierter Chemiker und leitete einen deutschen Chemiekonzern, bevor er seine politische Karriere begann. Im Jahr 1953 wurde er ohne vorherige Parteimitgliedschaft zum Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ernannt und trat erst danach der CSU bei. Später übernahm er das Bundesministerium für Atomfragen (später Atomkernenergie und Wasserwirtschaft).
Werner Müller (parteilos) – Quereinstieg ins Wirtschaftsministerium
Werner Müller, der zuvor als unabhängiger Industrieberater und Berater des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder tätig war, wurde 1998 von Kanzler Schröder ohne Parteizugehörigkeit zum Bundesminister für Wirtschaft und Technologie ernannt.
Der promovierte Volkswirt und ehemalige Manager aus der Energiewirtschaft bringt hauptsächlich wirtschaftsnahe Perspektiven in die Regierungsarbeit ein. Nach dem Rücktritt von Oskar Lafontaine übernimmt er vorübergehend auch das Amt des Bundesfinanzministers. Nach dem Ende seiner politischen Karriere kehrt Müller 2003 in leitende Positionen innerhalb der deutschen Wirtschaft zurück.
Michael Naumann – Publizist als Kulturstaatsminister
1999 wird Michael Naumann zum ersten Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ernannt. Der promovierte Politikwissenschaftler und langjährige Journalist – unter anderem Chefredakteur und Herausgeber der Wochenzeitung «Die Zeit» – tritt ohne vorherige parteipolitische Laufbahn in das Amt ein. Während seiner Amtszeit setzt er sich für die Errichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas ein. Ende 2000 legt Naumann sein Amt nieder und kehrt in den Journalismus zurück.
Walter Riester – Gewerkschafter wird Arbeitsminister
Walter Riester wird 1998 zum Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ernannt, obwohl er zuvor kein Bundestagsmandat hatte. Der gelernte Fliesenleger und langjährige Gewerkschafter, der zuvor stellvertretender Vorsitzender der IG Metall war, bringt seine Erfahrung aus der Arbeitnehmervertretung in die Bundespolitik ein. Allerdings ist er bereits seit 1969 Mitglied der SPD. Als Minister führt er die Riester-Rente ein, eine staatlich geförderte private Altersvorsorge. Erst im Jahr 2002 wird er regulär in den Bundestag gewählt.
Rita Süssmuth – Wissenschaftlerin mit politischem Späteinstieg
Im Jahr 1985 wird Rita Süssmuth zur Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit ernannt. Als promovierte Erziehungswissenschaftlerin und langjährige Professorin tritt sie 1981 der CDU bei und übernimmt anschließend ein Regierungsamt ohne vorherige parlamentarische Erfahrung. Während ihrer Amtszeit setzt sie sich für eine offene Aids-Aufklärung und die Gleichstellung von Frauen ein. Im Jahr 1988 wird sie zur Bundestagspräsidentin gewählt und bleibt bis 1998 im Amt.
Ursula Lehr – Gerontologin an der Spitze der Familienpolitik
Im Jahr 1988 wird Ursula Lehr vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zur Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit ernannt. Die promovierte Psychologin und Pionierin der Gerontologie tritt erst 1986 in die CDU ein und übernimmt somit ein Regierungsamt ohne vorherige parlamentarische Erfahrung. Als Ministerin setzt sie sich für eine moderne Familienpolitik ein und initiiert den ersten Altenbericht der Bundesregierung. 1990 wird sie Mitglied des Bundestags. Nach ihrem Ausscheiden aus der Politik gründet sie 1995 das Deutsche Zentrum für Alternsforschung.