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Unionspolitiker fordern Reform des Cannabisgesetzes

Die Teillegalisierung wird als gefährlicher Irrweg bezeichnet, der Drogenkriminalität fördert und Jugendschutz gefährdet.

Vor wenigen Tagen wurde im Cannabis Social Club Erfurt erstmals Genusscannabis an Vereinsmitglieder ausgegeben.
Foto: Bodo Schackow/dpa

Die von der Ampel-Koalition beschlossene Teillegalisierung von Cannabis zu Genusszwecken sollte aus Sicht von Unionspolitikern reformiert oder sogar komplett rückabgewickelt werden. «Als Union werden wir alles daransetzen, die negativen Auswirkungen der Cannabislegalisierung zu stoppen, Drogenkriminalität zu bekämpfen und den Jugendschutz zu stärken», sagt der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings der Deutschen Presse-Agentur. 

Das Cannabisgesetz der Ampel sei «ein gefährlicher Irrweg» und müsse «rückgängig gemacht werden», betont der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Tino Sorge. «Wie genau eine Lösung am Ende aussieht, wird letztendlich von der künftigen Regierungskonstellation abhängen», sagt der CDU-Politiker mit Blick auf die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD. Neue Studienergebnisse aus Kanada zeigten einen besorgniserregenden Anstieg von Psychosen nach der dort erfolgten Legalisierung von Cannabis. Diese Ergebnisse dürften nicht ignoriert werden. Gleichzeitig betonte er, eine gute Versorgung von Patienten mit Medizinalcannabis müsse auch weiterhin sichergestellt werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) plant keinesfalls, zur alten Rechtslage zurückzukehren. Sie befürwortet jedoch mehrere konkrete Änderungen.

Ampel argumentierte mit Entlastung der Polizei

Seit April vergangenen Jahres ist in Deutschland der nicht medizinische Cannabiskonsum für Volljährige mit zahlreichen Beschränkungen legal. Erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen in Privatwohnungen. Aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Zudem ist es nicht-kommerziellen «Anbauvereinigungen» mit Lizenz erlaubt, gemeinschaftlich Cannabis für den eigenen Konsum anzubauen. Die einstige Koalition von SPD, Grünen und FDP hat mit der Reform vier wesentliche Ziele verfolgt: 

  • Die kontrollierte Abgabe von Cannabis mit einem bekannten Wirkungsgrad und ohne giftige Beimengungen soll die Gesundheit der Konsumenten schützen.
  • Strenge Altersgrenzen und THC-Beschränkungen sollen Minderjährige und junge Erwachsene vor den psychischen, physischen und sozialen Auswirkungen des Cannabiskonsums bewahren.
  • Durch eine Enttabuisierung soll Prävention erleichtert werden.
  • Außerdem erhoffte man sich eine Eindämmung des Schwarzmarkts durch legale Alternativen. 

Für Unionspolitiker Krings ist jetzt schon klar, dass diese Ziele verfehlt wurden. Er sagt: «Durch die Legalisierung wurde lediglich der Schwarzmarkt ausgeweitet und die Justiz und Polizei stark belastet.» 

Die GdP sieht trotz der Entkriminalisierung des Kiffens für Erwachsene keinen Entlastungseffekt für die Polizei. Sie betont den Kontrollaufwand durch Überwachungen von Konsum-Verbotszonen in einigen Kommunen sowie verstärkte Kontrollen im Straßenverkehr, die dauerhaft oder temporär – z.B. bei Volksfesten – eingerichtet werden.

Höhere Nachfrage und größere Mengen

Auch von einer erfolgreichen Eindämmung des Schwarzmarkts mag Alexander Poitz, Kriminalbeamter und stellvertretender GdP-Bundesvorsitzender, nicht sprechen. Er sagt: «Gestiegene Nachfrage, neue Zielgruppen, größere Mengen, Preise, Verfügbarkeit und Konsumtouristen stärken eher kriminelle Strukturen als sie zu schwächen.». Auch eine Unterwanderung der Anbauvereine sei zu befürchten. 

Denn der Verkauf von Cannabis bleibt strafbar. «Unsere Kolleginnen und Kollegen haben vermehrt Sachverhalte im Zusammenhang mit Cannabis im öffentlichen als auch privaten Raum sowie im Straßenverkehr festgestellt», berichtet Poitz. Aktuelle Daten lägen zwar bislang nicht vor, es sei aber zu vermuten, dass auch die Menge an beschlagnahmten Cannabis für das Jahr 2024 zugenommen hat.

Die Reform komplett zu beerdigen, wäre aus seiner Sicht aber der falsche Weg, sagt der GdP-Vize. Denkbar wäre etwa, anstelle von Eigenanbau und Anbauvereinen den Verkauf in ausgewählten Abgabestellen zu ermöglichen. «Dadurch wären zumindest eine gewisse Verantwortung sowie die Kontrolle staatlicher Institutionen als auch steuerrechtliche Vorteile abzuleiten», sagt er. 

Verkauf in Modellregionen

Es ist bereits jetzt möglich, dies durch die Modellregionen-Regelung zu tun. In Hannover ist die Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover führend, wo das Vorhaben medizinisch und wissenschaftlich begleitet wird.

In Münster, Köln, Düsseldorf und Frankfurt am Main werden ebenfalls Überlegungen oder Vorbereitungen getroffen. In Frankfurt sollen registrierte Probanden in speziell errichteten Fachgeschäften fünf Jahre lang legal Cannabisblüten und andere THC-haltige Produkte erwerben können.

«Das Gesetz ist noch nicht ausgereift», findet Stefanie Grün. Die Polizeihauptkommissarin aus Rheinland-Pfalz ist Mitglied im GdP-Fachausschuss Schutzpolizei und hat langjährige Erfahrung mit Drogenkontrollen im Verkehr. Wenn sie und ihre Kollegen jemanden anhalten, der durch sein Fahrverhalten auffällt und dann auch noch undeutlich spricht oder erweiterte Pupillen hat, bieten sie einen Drogenschnelltest an. 

Speicheltest oder Urintest

Grün sagt jedoch, dass es praktisch nicht sei, mit einem Urintest. Den Männern mache es meist nichts aus, hinter einem Busch in einen Becher zu urinieren, angenehm sei das aber für alle Beteiligten nicht. Mit Frauen müsse man ohnehin zu einer Toilette fahren, etwa an der nächstgelegenen Tankstelle.

Fällt der Test positiv aus, ist ohnehin eine Fahrt zur Polizeidienststelle nötig – für einen Bluttest. Denn erlaubt sind am Steuer maximal 3,5 Nanogramm THC. Auf das Ergebnis des Tests warte man dann sechs Wochen, der Verwaltungsaufwand sei hoch, beklagt die Polizistin. Sie würde sich deshalb für die Kontrollen am Straßenrand Speicheltests wünschen, wie sie nach Auskunft von Kollegen in zwei Bundesländern bereits im Gebrauch seien.

Innenministerium verweist auf fehlende Erfahrungswerte

Laut Bundesinnenministerium ist es noch zu früh, um die Auswirkungen der Reform zu bewerten. Eine Sprecherin teilte mit, dass noch keine grundlegenden Feststellungen zu den Auswirkungen der geänderten Rechtslage auf die Arbeit des Bundeskriminalamts und die Organisierte Kriminalität getroffen werden können. Die Ergebnisse der geplanten Evaluierung werden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte vorliegen.

dpa