Das Team und die Familie des in Haft gestorbenen Kreml-Gegners werfen Putin vor, den Oppositionellen getötet zu haben. Für eine direkte Anordnung soll es laut einem US-Medienbericht jedoch keine Hinweise geben.
US-Zeitung: Putin beauftragte Nawalnys Tod nicht direkt
US-Geheimdienste gehen laut einem Bericht des «Wall Street Journals» davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Tod des Kreml-Gegners Alexej Nawalny nicht direkt angeordnet hat. Dies entbinde Putin zwar nicht von seiner Verantwortung, vertiefe aber das Rätsel um den Tod des im Februar in einem Straflager gestorbenen Dissidenten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Geheimdienstquellen.
Nawalnys Team hatte zuvor im Exil im Ausland behauptet, dass Putin Nawalny habe töten lassen, um einen geplanten Gefangenenaustausch mit im Westen inhaftierten Russen zu verhindern.
Die US-Geheimdienste bestreiten nicht Putins Schuld am Tod Nawalnys, glauben aber, dass er zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht dafür verantwortlich war, berichtete die Zeitung. Diese Ansicht wird von der CIA, dem Büro des US-Geheimdienstkoordinators und der Nachrichtendienstabteilung des US-Außenministeriums geteilt. Einige europäische Nachrichtendienste wurden über die Einschätzung der USA informiert.
Nawalny-Vertrauter weist Bericht als naiv zurück
Der russische Oppositionelle und enge Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow, der im März im litauischen Exil angegriffen und verletzt worden war, wies die Einschätzung der US-Geheimdienste im «Wall Street Journal» als naiv zurück. «Die Vorstellung, dass Putin nicht informiert gewesen ist und die Tötung Nawalnys nicht gutgeheißen hat, ist lächerlich.»
Der Kreml hält den Bericht der Zeitung nach eigenen Angaben für inhaltsleere Lektüre, um das weltweite Lesepublikum am Samstag bei Laune zu halten. «Ich würde nicht sagen, dass es sich um Material hoher Qualität handelt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der Kreml hatte immer wieder zurückgewiesen, etwas mit Nawalnys Tod zu tun zu haben.
Bericht: Biden und Scholz sprachen über Gefangenenaustausch
Putin hatte jedoch erklärt, dass er einem Austausch von Nawalny nicht widersprochen hätte. Laut einem Zeitungsbericht haben US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz eine Woche vor Nawalnys Tod über einen Gefangenenaustausch gesprochen. Moskau war vor allem daran interessiert, einen in Deutschland inhaftierten Russen wegen des Mordes an einem Georgier im Berliner Tiergarten freizulassen.
Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen «Polarwolf» in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von «natürlichen» Ursachen die Rede. Nawalnys Angehörige sprechen von Mord.