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US-Diplomaten treffen HTS-Führer in Syrien,Millionen-Kopfgeld aufgehoben

Positive Gespräche in Damaskus, HTS-Anführer verspricht keine Bedrohung mehr zu sein.

Al-Scharaa traf sich in Damaskus erstmals seit dem Umsturz in Syrien mit US-Diplomaten. (Archivbild)
Foto: Uncredited/SANA via AP/dpa

US-Diplomaten haben erstmals seit dem Umsturz in Syrien vor Ort mit Vertretern der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) getroffen und das Millionen-Kopfgeld auf ihren Anführer aufgehoben. “Wir haben in Damaskus positive Gespräche geführt”, sagte Barbara Leaf, die für den Nahen Osten zuständige Spitzendiplomatin im US-Außenministerium, im Anschluss. Der Anführer der HTS, Ahmed al-Sharaa, hat zugestimmt, dass Terrorgruppen weder innerhalb Syriens noch nach außen eine Bedrohung darstellen dürfen. Die HTS hat nach dem Sturz von Staatschef Baschar al-Assad Anfang Dezember die Macht in dem Land übernommen.

Die Syrer hätten die Chance, «eine neue, freiere und integrative Gesellschaft zu schaffen, die sowohl in der Region als auch auf der Weltbühne ihren rechtmäßigen Platz einnimmt», sagte Leaf. Die USA wollten mit dem syrischen Volk zusammenarbeiten, «um diese historische Chance zu ergreifen». 

Die USA hatten vor einigen Jahren ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen US-Dollar auf al-Schaara ausgelobt, der bis vor kurzem unter seinem Kampfnamen Mohammed al-Dschulani aufgetreten war. Auf Grundlage ihres Gesprächs habe sie ihm gesagt, dass die USA das Kopfgeld auf ihn jetzt «nicht weiterverfolgen würden», sagte Leaf im Anschluss an das Treffen. Al-Schaaras HTS wird von den USA und der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft.

Erneut Angriff auf Israel 

Israel wurde in der Nacht erneut von einem Raketenangriff aus dem Jemen getroffen. In Tel Aviv schlug ein Geschoss ein, wodurch mehrere Personen leicht verletzt wurden, wie die israelische Armee in der Nacht mitteilte. Die Verletzten erhalten medizinische Versorgung. Die Versuche zur Abwehr waren zuvor erfolglos. In anderen Teilen des Landes heulten die Warnsirenen.

Die israelische Luftwaffe gab in dieser Woche bekannt, dass sie als Reaktion auf Raketen- und Drohnenangriffe der Huthi-Rebellen im Jemen Häfen und die Hauptstadt Sanaa bombardiert hat. Ein Raketenangriff der Huthi wurde in der Nacht zum Donnerstag abgewehrt. Die Miliz plant nach eigenen Angaben, die Hamas im Gazastreifen gegen Israel zu unterstützen. Wie die Hamas und die libanesische Hisbollah-Miliz ist die Miliz mit Israels Erzfeind Iran verbündet.

Aktivisten: Schwere Kämpfe bei Kobane in Nordsyrien

Nach Angaben von Aktivisten in Syrien dauern die schweren Kämpfe zwischen protürkischen Kräften und Kurdenmilizen im Norden des Landes weiter an. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete von heftigen Zusammenstößen, insbesondere um die Stadt Kobane nahe der türkischen Grenze. Die Kämpfer der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalen Armee (SNA) und ihre Verbündeten versuchen, die Kontrolle über Kobane zu erlangen.

Im Kampf gegen die von Kurden geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) wurden auch türkische Drohnen eingesetzt. Die SDF bestätigten die Kämpfe. Laut der Beobachtungsstelle gab es auch türkische Drohnenangriffe in der Region um Rakka, bei denen es zu Opfern gekommen sein soll.

Außenministerin Annalena Baerbock warnte die Türkei vor einer Eskalation der Auseinandersetzung um die Kurdengebiete. «Die Sicherheit gerade auch von Kurdinnen und Kurden ist essenziell für eine freie und sichere Zukunft Syriens», sagte die Grünen-Politikerin nach Gesprächen mit ihrem türkischen Kollegen Hakan Fidan und Geheimdienstchef Ibrahim Kalin in Ankara. Sie fügte hinzu: «Es war gut zu hören, dass dies auch der türkische Außenminister so sieht.»

Der Vorwurf lautet, dass die Türkei versucht, die Gebiete im Norden, die von kurdischen Milizen kontrolliert werden, unter dem Vorwand der Lage in Syrien zu zerschlagen. Die USA unterstützen die Kurden und die SDF. Die SDF sind ein wichtiger Partner der USA im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien. Die Türkei betrachtet die Miliz jedoch als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und somit als Terrororganisation.

Baerbock: Türken warnen zu Recht vor Terrorgefahr

Ihre türkischen Gesprächspartner hätten zu Recht vor den Gefahren des Terrorismus gewarnt, der die Sicherheitsinteressen ihres Landes gefährde, sagte Baerbock. «Das ist ein legitimes Anliegen.» Man spreche intensiv mit der Türkei, aber auch den USA und international darüber, wie die Sicherheit der Türkei und der anderen Nachbarn Syriens gewährleistet werden könne, ohne die territoriale Integrität Syriens zu verletzen. Dazu gehöre, dass die Milizen entwaffnet und in eine künftige nationale Sicherheitsstruktur integriert werden.

Baerbock warnte zugleich vor einem Erstarken des Islamismus in Syrien. Sie bezog sich dabei auf Aussagen des Sprechers der HTS, Obaida Arnaut. Dieser hatte in einem TV-Interview gesagt, Frauen seien aufgrund ihrer «biologischen Natur» für das Amt einer Verteidigungsministerin oder für Rollen in der Justiz ungeeignet. «Eine radikal islamistische Ordnung» werde nur zu neuer Fragmentierung, neuer Unterdrückung und damit zu neuen Kämpfen führen, sagte Baerbock. Die zukünftigen Machthaber müssten deutlich machen, dass sie alle ethnischen, religiösen Gruppen und Frauen in den politischen Prozess integrierten. Das Erstarken von Islamisten dürfe keine Chance haben.

US-Diplomaten: Begrüßen positive Botschaft der neuen Machthaber 

HTS-Anführer al-Scharaa gab sich zuletzt moderat und hatte ein Syrien für alle versprochen. Nach dem Treffen mit ihm in Damaskus sagte die US-Diplomatin Leaf: «Wir unterstützen uneingeschränkt einen politischen Prozess unter syrischer Führung und in syrischer Verantwortung, der zu einer inklusiven und repräsentativen Regierung führt, die die Rechte aller Syrer, einschließlich der Frauen und der verschiedenen ethnischen und religiösen Gemeinschaften Syriens, achtet». Man begrüße «die positiven Botschaften» ihrer Gesprächspartner. Es müssten nun Taten «und nicht nur Worte» folgen, hieß es.

Laut Leaf war der Besuch von US-Diplomaten in Syrien seit 2012 der erste, als die USA nach dem Beginn des Bürgerkriegs im Jahr zuvor die diplomatischen Beziehungen zu Syrien abgebrochen hatten. Neben Leaf nahmen auch der US-Sondergesandte für Geiselnahmen, Roger Carstens, und der US-Sondergesandte für Syrien, Daniel Rubinstein, an den Gesprächen mit Vertretern der Islamistengruppe HTS teil. Washington hatte bereits zuvor Kontakt mit der HTS, kämpft jedoch um den Umgang mit der Islamistengruppe.

Beim Treffen mit den US-Diplomaten wurde auch über vermisste US-Bürger wie den Journalisten Austin Tice gesprochen. Tice wurde 2012 in Syrien entführt. Carstens erklärte, dass sie in Damaskus viele Informationen über Tice erhalten hätten, aber bisher habe keine von ihnen sein Schicksal bestätigt.

dpa