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Meta lockert Einschränkungen für Falschinformationen, setzt auf Nutzerbewertungen

Zuckerberg kritisiert politische Voreingenommenheit der Faktenchecker und reformiert Regeldurchsetzung, während Moderationsteams nach Texas verlagert werden.

Die USA lockern Beschränkungen für humanitäre Hilfe an Syrien. (Archivbild)
Foto: Leo Correa/AP/dpa

Der Facebook-Konzern Meta will bei der Verbreitung von Falschbehauptungen auf seinen Plattformen künftig weniger stark eingreifen als bisher. Beschränkungen bei kontroversen Themen wie Migration sollten aufgehoben werden, kündigte Gründer und Konzernchef Mark Zuckerberg an. Er sprach von einer «Zensur», die zu weit gegangen sei. Die Kooperation mit Faktencheckern wird – zunächst in den USA – beendet.

Zuckerberg ist bewusst, dass die Änderungen Meta auf Konfrontationskurs mit der EU bringen, wo es ein Gesetz gegen Falschinformationen und Hassrede auf Online-Plattformen gibt. Der Meta-Chef hofft auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump, um Druck gegen die Regeln zu machen, die er als «institutionalisierte Zensur» bezeichnete. Der Konzern stellte aber klar, es gebe keine «unmittelbaren Pläne», die Faktenchecker hierzulande abzuschaffen.

Zuckerberg folgt somit dem Beispiel des Tech-Milliardärs Elon Musk, der nach der Übernahme von Twitter die Beschränkungen für Äußerungen auf der Plattform größtenteils aufgehoben hat. Musks X, wie die Plattform mittlerweile genannt wird, wurde seitdem von Online-Forschern beschuldigt, Hassrede zuzulassen. X bestreitet dies.

«Community Notes» statt Faktencheckern

Statt Faktencheckern will sich Meta künftig darauf verlassen, dass Nutzer selbst Bewertungen von Äußerungen abgeben. So funktioniert das auch bei Musks X. Das System für solche «Community Notes» wird gerade aufgesetzt. Bevor es international ausgerollt wird, soll es in den USA eingeführt werden. 

Laut dem Konzern gibt es in Deutschland keine unmittelbaren Pläne, die Zusammenarbeit mit Faktencheckern zu beenden. Allerdings sind Meta in Europa weitgehend durch das Digitalgesetz Digital Services Act (DSA) zur Verantwortung von Online-Plattformen gebunden.

«Mehr schlechte Dinge» als Folge

Zu Meta gehören neben Facebook auch die Foto- und Video-Plattform Instagram, die Chatdienste WhatsApp und Messenger sowie die X-Alternative Threads. Zuckerberg räumte ein, dass es mit dem neuen Ansatz «mehr schlechte Dinge» auf den Plattformen geben werde. Dafür werde man aber weniger Fehler mit übertriebener Moderation machen.

Zuckerberg betonte, dass nach der Präsidentenwahl 2016 mit Trumps erstem Sieg die Verbreitung von Falschinformationen im Netz als großes Problem angesehen wurde. Es wurde versucht, diese Bedenken anzugehen, ohne selbst zu Richtern über Wahr und Unwahr zu werden – aber die Faktenchecker waren zu politisch voreingenommen und haben viel Vertrauen zerstört.

Der CEO von Meta hatte bereits im letzten Jahr bemängelt, dass die US-Regierung unter US-Präsident Joe Biden zu viel Druck ausgeübt habe, um Falschinformationen über das Coronavirus von den Plattformen zu entfernen.

Höhere Schwelle für Eingreifen

Die Beschränkungen sollen beim Thema Migration und auch bei Geschlechterfragen aufgehoben werden, da diese laut Zuckerberg «nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung» stünden. Auch die Durchsetzung der Regeln soll reformiert werden: Geringfügige Verstöße würden künftig erst nach Nutzerbeschwerden geprüft, und Algorithmen sollen nur bei einer höheren Schwelle eingreifen. Zusätzlich wolle Meta politische und gesellschaftliche Themen wieder stärker in den Fokus rücken. 

Ein weiterer Schritt besteht darin, die Moderationsteams von dem liberalen Kalifornien ins konservative Texas zu verlagern.

Weiße Flagge vor Trump?

Zuckerbergs Vorstoß ist zugleich eine Annäherung an Trump und dessen Republikanischer Partei. Sie hatten seit Jahren behauptet, dass bei Meta und anderen Online-Plattformen «konservative Ansichten» unterdrückt würden. Trump hatte im Wahlkampf Facebook als «Feind des Volkes» bezeichnet und gedroht, Zuckerberg würde den Rest des Lebens im Gefängnis verbringen, wenn man zu dem Schluss komme, dass Meta in den Wahlkampf eingreife. Zuckerberg besuchte Trump nach dem Wahlsieg.

Direkt vor der Ankündigung gab es auch eine bedeutende Veränderung in der Führungsebene des Unternehmens. Passend zum bevorstehenden Machtwechsel in Washington ernannte das Unternehmen Joel Kaplan – einen ehemaligen Mitarbeiter des republikanischen Ex-Präsidenten George W. Bush – zum neuen Politik-Chef.

Kehrtwende vor Stunde der Wahrheit für Tiktok 

Metas Kehrtwende kommt vor einem Schlüsselmoment für die Zukunft des Konkurrenten Tiktok. Am 19. Januar droht der App per Gesetz das Aus in den USA, wenn sie nicht verkauft wird. Am Freitag will das Oberste Gericht der USA über den Fall beraten. Trump, der einst selbst einen Tiktok-Verkauf erzwingen wollte, sprach sich zuletzt gegen ein Verbot der Video-App aus, auch weil sie ein Gegengewicht zu Metas Apps darstelle und für ihn im Wahlkampf nützlich gewesen sei. Mit mehr Freiheiten auf Facebook und Co. könnte Tiktok für das Trump-Lager nun weniger interessant werden.

dpa