Die Versuche des US-Präsidenten, Russland zu Friedensgesprächen mit der Ukraine zu bewegen, sind bislang erfolglos geblieben. Nun lässt Trump erstmals neue Sanktionen verhängen. Auch die EU legt nach.
USA und EU verschärfen Russland-Sanktionen

Erstmals in der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump hat die US-Regierung neue Sanktionen direkt gegen Russland verhängt. Angesichts der Weigerung von Kremlchef Wladimir Putin, den «sinnlosen Krieg» gegen die Ukraine zu beenden, belege das US-Finanzministerium die zwei größten Öl-Firmen Russlands mit Strafmaßnahmen, erklärte Ressortchef Scott Bessent. Kurz davor hatte auch die EU mitgeteilt, dass sich die Mitgliedstaaten kurz vor einem Gipfeltreffen in Brüssel auf eine weitreichende Verschärfung der Sanktionen gegen Russland verständigt haben.
Bessents Ministerium bezeichnete die US-Sanktionen als «Ergebnis mangelnden ernsthaften Engagements Russlands für einen Friedensprozess zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine». Sie sollen demnach den Druck auf Russlands Energiesektor erhöhen und damit die Fähigkeit des Kremls beschneiden, seine Kriegsmaschinerie zu finanzieren. Die EU-Pläne sehen ebenfalls vor, Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Gas und Öl weiter zu reduzieren.
Trump sagte auch, dass er das zuvor geplante Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in der ungarischen Hauptstadt Budapest abgesagt habe. Bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus erklärte Trump: „Es habe sich nicht danach angefühlt, als würde man dahin kommen, wo man hinkommen müsste.“ Trotzdem beabsichtigt Trump, sich irgendwann mit Putin zu treffen, aber er hat noch keinen Ort oder Termin dafür genannt. Zuvor hatte der Kreml erklärt, dass Gerüchte über eine Absage des Treffens falsch seien.
Trump hatte vergangene Woche mit Putin telefoniert und gesagt, dass er den Russen «wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen» in Budapest treffen wolle, um über den Ukraine-Krieg zu sprechen. Dass dieses Zeitfenster nun offenbar vom Tisch ist, zeigt einmal mehr Trumps schwankende Haltung beim Bemühen um ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Was bezwecken die USA mit ihren Sanktionen?
Die neuen US-Sanktionen zielen laut dem Finanzministerium auf Lukoil und den russischen Staatskonzern Rosneft ab – geleitet von Igor Setschin, einem engen Vertrauten von Kremlchef Wladimir Putin – sowie auf Tochtergesellschaften beider Unternehmen in Russland. In der Praxis verbieten sie nicht nur US-Unternehmen, sondern auch ausländischen Banken jegliche Geschäfte mit ihnen. Darüber hinaus werden alle Vermögenswerte der betroffenen Firmen in den USA oder im Besitz von US-Staatsbürgern eingefroren. Weitere Maßnahmen seien möglich, teilte Bessent mit.
Trump ließ beim Treffen mit Rutte ebenfalls Ernüchterung erkennen, was Putins Ernsthaftigkeit bei den Bemühungen um ein Kriegsende betrifft – auch das allerdings nicht zum ersten Mal: «Jedes Mal, wenn ich mit Wladimir spreche, führe ich gute Gespräche, die dann aber zu nichts führen», sagte Trump. «Sie führen einfach zu nichts.» Er hoffe, dass die US-Sanktionen etwas bewirken und Putin «vernünftig» werde – «und hoffentlich wird auch (der ukrainische Präsident Wolodymyr) Selenskyj vernünftig sein».
Mit Äußerungen wie dieser, die keinen Unterschied zwischen Russland als Aggressor und der Ukraine als angegriffenem Land machen, hat Trump Putin und Selenskyj bereits mehrmals auf eine Stufe gestellt. Die Ukrainer wurden erneut desillusioniert: Der Republikaner gab ihnen auch keine Hoffnung auf eine baldige Freigabe für den Verkauf von leistungsstarken US-Marschflugkörpern vom Typ Tomahawk, von denen Kiew sich mehr Schlagkraft bei Angriffen auf russische Ziele erhofft.
Worauf die EU-Pläne abzielen
Die Sanktionspläne der EU sehen vor, dass ein vollständiges Importverbot von Flüssigerdgas (LNG) aus Russland bereits im Jahr 2027 in Kraft treten soll, ein Jahr früher als ursprünglich geplant. Darüber hinaus sind weitere Strafmaßnahmen im Finanz- und Handelssektor sowie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit russischer Diplomaten innerhalb der EU geplant, wie die aktuelle dänische EU-Ratspräsidentschaft in Brüssel bekannt gab.
Der formelle Beschluss für das EU-Sanktionspaket gilt nach der Verständigung vom Mittwoch als Formsache und soll bis heute Morgen um 8.00 Uhr erfolgen. Die Einigung wurde durch die Slowakei ermöglicht, die am Mittwoch nach wochenlangem Ringen ihre Vorbehalte aufgab. Der slowakische Regierungschef Robert Fico hatte zuvor erklärt, die EU habe wie von ihm gefordert zugesagt, mehr gegen explodierende Energiepreise zu unternehmen.
Spitzentreffen in Brüssel
Beim heutigen EU-Herbstgipfel können sich Bundeskanzler Friedrich Merz und die anderen 26 Staats- und Regierungschefs auf andere Themen konzentrieren. Auf der Tagesordnung des Spitzentreffens stehen unter anderem Diskussionen über die weitere Unterstützung der Ukraine und Vorschläge der EU-Kommission für gemeinsame Aufrüstungsprojekte.
Selenskyj wird als Gast beim Gipfel erwartet. Er hofft, dass Pläne zur Nutzung von eingefrorenem russischen Staatsvermögen für sein Land vorangetrieben werden. Bundeskanzler Merz und die EU-Kommission stellen sich vor, dass insgesamt bis zu 140 Milliarden Euro für die Ukraine mobilisiert werden könnten.
Der Vorschlag für das EU-Sanktionspaket wurde letzten Monat von der EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen vorgelegt. Die Deutsche argumentierte, dass Russland den Krieg in der Ukraine durch den Verkauf fossiler Brennstoffe finanziere. Dies müsse aufhören. Trump hatte der EU mitgeteilt, dass neue harte US-Sanktionen gegen Moskau verhängt würden, wenn sie vollständig auf russische Energie verzichte.
Russisches Gas kommt weiter in EU
Laut einer kürzlich von Greenpeace veröffentlichten Studie wurden allein in den ersten acht Monaten dieses Jahres weiterhin mehrere Milliarden Kubikmeter russisches Flüssigerdgas (LNG) in die EU importiert. Rückläufig waren lediglich die Lieferungen von Pipeline-Gas aus Russland in den vergangenen Jahren. Als bedeutende LNG-Kunden Russlands in der EU nannte Greenpeace den französischen Ölkonzern Total, das bundeseigene deutsche Energieunternehmen Sefe sowie Naturgy aus Spanien.
Sanktionen auch gegen chinesische Firmen
Das neue Sanktionspaket beinhaltet neben den Maßnahmen zum Flüssigerdgas auch die Sperrung des Zugangs zu den EU-Kapitalmärkten und das Verbot von Transaktionen mit weiteren Banken aus Russland und befreundeten Ländern. Darüber hinaus wird gegen die Verwendung von Kryptowährungen vorgegangen, die zur Umgehung bestehender Sanktionen genutzt werden.
Im Handelsbereich sind neue Exportverbote geplant für Güter und Dienstleistungen, die von der russischen Rüstungsindustrie verwendet werden können. Dazu zählen bestimmte Chemikalien und Baumaterialien sowie Dienstleistungen im Bereich Künstliche Intelligenz. Des Weiteren sollen Handelsbeschränkungen für weitere Unternehmen aus Ländern wie China und Indien eingeführt werden, die mit Russland Geschäfte machen.
Im Kampf gegen die sogenannte russische Schattenflotte zur Umgehung von Energiesanktionen ist geplant, Dutzende weitere Schiffe zu listen. Diese dürfen zukünftig nicht mehr in Häfen von EU-Staaten anlegen und auch nicht mehr von europäischen Unternehmen versichert, finanziert oder ausgerüstet werden. Somit sind nun weit über 500 Schiffe von Strafmaßnahmen betroffen.
Das mittlerweile 19. Sanktionspaket wurde unter dem Eindruck neuer schwerer russischer Luftangriffe auf die Ukraine und der Verletzung des EU-Luftraums durch russische Kampfjets und Drohnen erarbeitet. Das Vorgehen wird in Brüssel mit zunehmender Bedrohung der EU und fehlender Bereitschaft Putins begründet, auf Trumps Bemühungen um Frieden einzugehen. «Russland hat seine Verachtung für Diplomatie und Völkerrecht in vollem Umfang gezeigt», hatte von der Leyen zur Vorstellung der Sanktionsvorschläge vor einigen Wochen gesagt.