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USA und Iran: Atomverhandlungen gehen in entscheidende Phase

Die USA fordern, dass der Iran seine Urananreicherung einstellt – für Teheran eine rote Linie. Können beide Seiten einen Kompromiss finden?

Die Verhandlungen über Irans umstrittenes Atomprogramm gehen weiter. Für den Iran verhandelt Außenminister Araghtschi (l), Omans Außenminister al-Busaidi (r) vermittelt. (Archivbild)
Foto: Uncredited/Iranian Foreign Ministry via AP/dpa

Im Streit um das iranische Atomprogramm treten die Verhandlungen zwischen Washington und Teheran in eine entscheidende Phase ein. Heute werden in Rom zum bereits fünften Mal der US-Sondergesandte Steve Witkoff und Irans Außenminister Abbas Araghtschi erwartet. Der Golfstaat Oman fungiert als Vermittler zwischen den beiden Ländern. Laut iranischen Medienberichten beginnen die Verhandlungen gegen Mittag.

Beide Parteien waren zu Beginn der Verhandlungen optimistisch gestimmt. Nach dem letzten Treffen in der omanischen Hauptstadt Maskat traten jedoch klare Meinungsverschiedenheiten zutage.

Die Sprecherin des Außenministeriums in Washington, Tammy Bruce, sagte, das fünfte Treffen der Unterhändler finde nur statt, weil die USA eine Einigung für möglich hielten. «Wir glauben, dass wir Erfolg haben werden.» Die Iraner verstünden die US-Forderungen und nähmen weiter an den Verhandlungen teil, sagte sie.

Die USA verlangen von der iranischen Regierung, die Urananreicherung vollständig zu stoppen – aus Sicht Washingtons eine erforderliche Maßnahme, um eine Entwicklung iranischer Atomwaffen dauerhaft zu verhindern. Teheran lehnt dieses Verlangen ab, ist aber bereit, das Atomprogramm erneut einzuschränken und strengere Kontrollen zu ermöglichen.

https://x.com/araghchi/status/1925669240461213916

Irans Außenminister Araghtschi schrieb in der Nacht auf der Plattform X: «Den Weg zu einem Deal zu finden, ist kein Hexenwerk. Null Atomwaffen = wir haben einen Deal. Null Anreicherung = wir haben keinen Deal.» Nun sei es an der Zeit, sich zu entscheiden.

Trump stieg 2018 aus dem Wiener Atompakt aus

Im Mittelpunkt des Konflikts um das Atomprogramm des Irans steht die Frage der Verwendung: Während Teheran darauf besteht, ausschließlich zivile Ziele zu verfolgen, befürchten westliche Regierungen den Bau einer Atombombe. US-Präsident Trump drohte dem Iran kürzlich mit militärischer Gewalt, falls es zu keiner Einigung kommt.

Im Jahr 2015 hatte der Iran im Wiener Atomabkommen nach langen Verhandlungen mit China, Russland, den USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien bereits einmal zugestimmt, sein Nuklearprogramm einzuschränken. Trump stieg jedoch 2018 einseitig aus dem Pakt aus und verhängte neue, harte Sanktionen.

Derzeit erhöht der Iran den Reinheitsgrad seines Urans auf bis zu 60 Prozent – für Atomwaffen sind laut Experten über 90 Prozent erforderlich. Im Wiener Atomabkommen wurde dem Land ein maximaler Anreicherungsgrad von 3,67 Prozent sowie ein Vorrat von bis zu 300 Kilogramm Uran erlaubt – geeignet für Atomkraftwerke zur Stromerzeugung.

Experten: Gefahr von Fehleinschätzungen

Die Maximalposition der USA wird von Expertinnen und Experten kritisch gesehen. Die Idee, Irans Uran-Anreicherung vollständig zu unterbinden, sei ein untauglicher Ansatz, «der realistische Diplomatie blockiert und das Risiko birgt, den Weg zu einer militärischen Konfrontation zu ebnen», schrieb die Expertin Nicole Grajewski von der Denkfabrik Carnegie auf der Plattform X.

Grajewski zufolge sind eine stärkere Überwachung und strengere Grenzwerte des iranischen Atomprogramms erforderlich. «Aber manchmal scheint es, dass die Nullanreicherung von denjenigen in den Raum gestellt wird, die ein Scheitern der Gespräche wünschen», erklärte sie weiter.

Der Iran-Experte Hamidreza Azizi warnt auch vor der Möglichkeit einer militärischen Eskalation. «Ernsthafte Herausforderungen stehen bevor – sowohl im Inland, in den USA und im Iran, als auch extern – und die Gefahr von Fehleinschätzungen bleibt hoch», schrieb er in einem Beitrag für das European Leadership Network.

Der Politikwissenschaftler Karim Sadjadpour erklärte im Podcast mit dem Council on Foreign Relations, einer US-amerikanischen Denkfabrik, dass es in beiden Hauptstädten jedoch den Willen gebe, «irgendeine Form von Einigung» zu erzielen. 

Berichte: Israel bereitet möglichen Angriff auf Atomanlagen vor

Unterdessen bereitet Israel Berichten zufolge einen möglichen Angriff auf Irans Atomanlagen vor. Die USA hätten neue Hinweise erhalten, dass Israel entsprechende Schritte einleitet, meldete der US-Sender CNN unter Berufung auf mehrere Beamte. Unklar sei jedoch, ob die israelische Regierung bereits eine endgültige Entscheidung getroffen habe. Auch die Nachrichtenseite «Axios» berichtete von entsprechenden Vorbereitungen für den Fall, dass die Verhandlungen zwischen Iran und den USA scheitern. 

Araghtschi reagierte mit einem Schreiben an die Vereinten Nationen sowie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und warnte vor den Konsequenzen eines möglichen israelischen Angriffs. Iran werde nicht zögern, «entschlossen auf jede Überschreitung zu reagieren», schrieb der Minister auf X. Komme es zu einem Angriff, würden auch die USA eine Mitverantwortung tragen, sagte Araghtschi laut der Nachrichtenagentur Tasnim. 

Im Telefonat am Donnerstag sprachen US-Präsident Trump und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auch über die neuen Verhandlungen, aber Details wurden nicht bekannt gegeben.

Iran hofft bei Einigung auf wirtschaftlichen Aufschwung

Die Möglichkeit eines neuen Deals wird von der iranischen Führung einerseits mit einer Verringerung der militärischen Spannungen in der Region und andererseits mit der Aufhebung von Sanktionen verknüpft. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Isolation in den letzten Jahren hat Teheran seine Beziehungen zu China und Russland durch strategische Partnerschaften erheblich gestärkt.

dpa