US-Außenminister Rubio hofft auf Fortschritte, Präsident Selenskyj betont konstruktives Vorgehen.
USA und Ukraine suchen Auswege aus russischem Angriffskrieg
Anderthalb Wochen nach dem beispiellosen Eklat in Washington unternehmen die USA und die Ukraine einen neuen Anlauf, um über Auswege aus dem russischen Angriffskrieg zu sprechen. Unmittelbar vor dem Treffen einer amerikanischen und einer ukrainischen Delegation heute in der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda zeigte sich US-Außenminister Marco Rubio hoffnungsvoll, Fortschritte erzielen zu können. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte an, sein Land werde in den Gesprächen «sehr konstruktiv» auftreten. Und auch in Paris wird heute über die Ukraine beraten: Die Generalstabschefs von Unterstützerländern der Ukraine sprechen über eine mögliche Entsendung von Friedenstruppen.
Selenskyj ist zwar nach Saudi-Arabien gereist, plant jedoch nicht persönlich an dem Treffen mit den US-Vertretern teilzunehmen. Die ukrainische Delegation umfasst unter anderem seinen Kanzleichef Andrij Jermak und den Außenminister Andrij Sybiha. Laut Berichten nehmen auf Seiten der USA neben Rubio auch der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz und der Sondergesandte Steve Witkoff teil.
Rubio schloss nicht aus, dass es zu einem informellen Treffen mit Selenskyj kommen könnte, und äußerte sich optimistisch. «Wir würden nicht kommen, wenn wir es nicht wären», antwortete er auf Fragen von Journalisten am Vorabend der Gespräche. Entscheidend bei dem Treffen sei, inwieweit die Ukrainer bereit seien, schwierige Dinge zu tun, genauso wie die Russen schwierige Dinge tun müssten, um den Krieg zu beenden. Rubio deutete an, dass die Ukrainer auch auf mehr US-Hilfe hoffen könnten, wenn die Gespräche erfolgreich verlaufen würden. Sie erhielten bereits Geheimdienstinformationen für defensive Zwecke.
Als vertrauensbildende Maßnahme für Friedensgespräche mit Moskau schlug Selenskyj die Freilassung von Gefangenen und die Rückkehr ukrainischer Kinder in ihre Heimat vor. Dies könnte «ein wichtiger Schritt zur Vertrauensbildung in den diplomatischen Bemühungen werden», schrieb er nach einem Treffen mit dem saudischen Kronprinzen und faktischen Herrscher des Königreichs, Mohammed bin Salman, auf der Plattform X.
Die ukrainische Regierung beschuldigt die russischen Invasoren, Tausende Kinder aus den besetzten Gebieten entführt zu haben – deshalb hat der Internationale Strafgerichtshof im März 2023 Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Die Kommunikation für den Gefangenenaustausch ist der einzige funktionierende Gesprächskanal zwischen Kiew und Moskau. Beide Kriegsparteien haben bereits in mehreren Aktionen Tausende Gefangene ausgetauscht. Es ist unklar, wie viele Gefangene es auf beiden Seiten derzeit noch gibt.
Eklat hat Position der Ukraine verschlechtert
Seit mehr als drei Jahren kämpft die Ukraine mit westlicher Unterstützung gegen Russlands Invasion. Trotz des offenen Streits im Weißen Haus Ende Februar hat sich ihre Position weiter verschlechtert. Damals rügten Trump und sein Vizepräsident J.D. Vance den ukrainischen Staatschef vor laufenden Kameras scharf. Sie warfen Selenskyj Undankbarkeit und mangelnden Friedenswillen vor.
Trump versucht, das Kriegsende zu beschleunigen, indem er Kiew unter Druck setzt und vorübergehend Waffenlieferungen stoppt. Im Gegensatz dazu tritt er gegenüber Russland weniger fordernd auf. Die USA geben auch keine Aufklärungsdaten mehr an Kiew weiter, was der ukrainischen Armee Informationen über russische Truppenansammlungen vorenthält.
Moskau hat zwar grundsätzlich Bereitschaft zum Verhandeln signalisiert, beharrt jedoch auf Maximalforderungen. Trump hat viele der russischen Bedingungen – und auch mehrfach Putins Duktus – übernommen. So soll die Ukraine nicht Mitglied der Nato werden dürfen.
Die ukrainische Regierung hat kürzlich die Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für einen teilweisen Waffenstillstand bei Luft- und Seestreitkräften unterstützt. Im Gegensatz dazu besteht die US-Regierung auf einem schnellen und umfassenden Waffenstillstand, gefolgt von Wahlen, die gemäß ukrainischem Recht in Kriegszeiten ausgeschlossen sind.
Oberste Militärs reden über mögliche Friedenstruppen
Außerdem treffen sich heute Nachmittag die Generalstabschefs der Unterstützerländer der Ukraine in Paris, um über die eventuelle Entsendung von Friedenstruppen zu beraten. Es wird diskutiert, wie ein mögliches Friedensabkommen durch den Einsatz von Soldaten abgesichert werden könnte. Präsident Macron organisiert das Treffen, bei dem Deutschland durch den Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, vertreten ist. Auch Großbritannien und Polen sind anwesend. Eine vollständige Liste der Teilnehmer wurde im Voraus nicht veröffentlicht.
Grundlage sind die von Frankreich und Großbritannien seit Wochen vorangetriebenen Pläne für europäische Friedenstruppen, die Teil möglicher Sicherheitsgarantien für die Ukraine sein könnten. «Diese würden nicht heute kämpfen, sie würden nicht an der Frontlinie kämpfen, sondern sie würden nach der Unterzeichnung des Friedens dort sein, um dessen Einhaltung zu gewährleisten», sagte Macron vor einigen Tagen.
Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu schlug vor, Waffenlager in Europa als Sicherheitsgarantie für die Ukraine zu nutzen. Diese könnten dem Land im Falle einer Krise nach einem Waffenstillstand helfen. Die Armeechefs beraten vertraulich, eine öffentliche Information ist nicht vorgesehen. Russland lehnt europäische Truppen in der Ukraine entschieden ab, da die meisten Teilnehmer NATO-Staaten sind.
Drohnenangriff: Moskauer Flughäfen stellen Betrieb ein
Aus Sicherheitsgründen wurde der Flugverkehr auf zwei Moskauer Flughäfen vorübergehend eingestellt, nachdem mehrere Drohnen über der russischen Hauptstadtregion abgeschossen wurden. Die russische Luftfahrtbehörde teilte mit, dass Starts und Landungen auf den Flughäfen Domodedowo und Schukowski ausgesetzt seien. Bürgermeister Sergej Sobjanin gab bekannt, dass rund 60 Drohnen in der Region Moskau abgeschossen wurden, ohne Angaben zu Verletzten und Schäden zu machen.
Aufgrund von Drohnenangriffen aus der Ukraine kommt es immer wieder zu solchen Einschränkungen auf russischen Flughäfen. Die russische Flugabwehr verhindert in solchen Fällen manchmal Starts und Landungen.