Wahleinmischung per Algorithmus? Tiktok steht im Verdacht, ausländische Einflüsse nicht ausreichend zu bekämpfen. Es drohen Strafen.
Verfahren: Brüssel prüft Einfluss von Tiktok auf Wahlen
Die Europäische Kommission hat angekündigt, im Zusammenhang mit der annullierten Präsidentenwahl in Rumänien ein Verfahren gegen Tiktok zu eröffnen. Es wird untersucht, ob der chinesische Konzern ausreichend Maßnahmen gegen die Einmischung ausländischer Akteure bei Wahlen ergreift, wie die Kommission in Brüssel mitteilte.
Die Brüsseler Behörde plant, Tiktoks Empfehlungssysteme genauer zu untersuchen, insbesondere den Algorithmus der Plattform. Der Fokus liegt auf koordinierter, nicht authentischer Manipulation sowie der automatisierten Nutzung des Dienstes. Des Weiteren wird untersucht, wie Tiktok mit politischer Werbung und bezahlten politischen Inhalten umgeht.
Strenge Regeln durch EU-Gesetz
Plattformen wie Tiktok, Facebook, X, Google und viele andere müssen gemäß dem EU-Gesetz DSA (Digital Services Act) schneller und schärfer als zuvor gegen illegale Inhalte im Netz vorgehen. Andernfalls riskieren sie Geldbußen. Im Allgemeinen müssen große Dienste wie Facebook und Instagram strengere Regeln einhalten als kleine.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte an, dass die Demokratien vor jeder Art von ausländischer Einmischung geschützt werden müssten. Nach ernsthaften Hinweisen darauf, dass sich ausländische Akteure mit Hilfe von Tiktok in die rumänischen Präsidentschaftswahlen eingemischt haben, werde nun gründlich untersucht, ob der Konzern solche Risiken ausreichend bekämpft, sagte sie. «Wann immer wir eine solche Einmischung vermuten, insbesondere bei Wahlen, müssen wir schnell und entschlossen handeln.»
Vorwürfe gegen Tiktok in Rumänien
Der chinesische Konzern weist die Vorwürfe von sich. «Wir haben die Integrität unserer Plattform bei über 150 Wahlen auf der ganzen Welt geschützt», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. «Wir akzeptieren keine bezahlte politische Werbung, wir entfernen proaktiv Inhalte, die gegen unsere Richtlinien zu Fehlinformationen, Belästigung und Hassreden verstoßen.» Tiktok wolle weiterhin mit der Europäischen Kommission sowie mit regionalen und nationalen Behörden zusammenarbeiten, um Anfragen zu bearbeiten und Bedenken zu diskutieren.
Der Oberste Verteidigungsrat (CSAT) in Rumänien hat Tiktok nach dem Erfolg des prorussischen Rechtsradikalen Calin Georgescu bei der Präsidentenwahl schwere Vorwürfe gemacht. Die Plattform hat es versäumt, ihn bei seinen dort veröffentlichten Propagandamaterialien als Politiker zu identifizieren. Die Methode des Wahlkampfs von Georgescu und dessen Finanzierung werden nun von Rumäniens Staatsanwaltschaft untersucht.
Georgescu hatte hauptsächlich auf Tiktok Wahlkampf gemacht. Er belegte in der ersten Runde der Präsidentenwahl den ersten Platz, gefolgt von der konservativ-liberalen Politikerin Elena Lasconi. Mittlerweile wurde die Wahl vom Verfassungsgericht annulliert. Der gesamte Wahlprozess muss wiederholt werden. Ein genauer Termin dafür steht noch aus.
Datenaufbewahrung bis 2025
Die Kommission plant, im aktuellen Verfahren zusätzliche Beweise zu sammeln, beispielsweise durch Befragungen. Durch die Einleitung des Verfahrens wird vorerst nur ein Verdacht überprüft, das endgültige Ergebnis steht noch aus.
Anfang Dezember hatte die Brüsseler Behörde Tiktok bereits angewiesen, sämtliche Daten zu speichern, die sich auf tatsächliche und absehbare systemische Risiken für Wahlvorgänge in der EU beziehen. Dies geschah unter anderem aufgrund von Informationen, die auf eine Einmischung aus Russland hindeuteten.
Die Anweisung an Tiktok, alle Daten zu speichern, bleibt gemäß der EU-Kommission für alle bevorstehenden EU-Wahlen auf nationaler Ebene bis zum 31. März 2025 gültig. Daher betrifft dies auch die für den 23. Februar geplante Neuwahl in Deutschland.