Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Die RAF-Terroristin Daniela Klette vor Gericht in Niedersachsen

Ein Jahr nach ihrer Festnahme beginnt der Prozess gegen Klette, Garweg und Staub für Geldtransporterüberfälle und Supermarktüberfälle.

In Stuttgart-Stammheim fanden zahlreiche der Prozesse gegen RAF-Mitglieder statt. Der Gerichtssaal aus den Siebzigern wurde inzwischen abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. (Archivbild)
Foto: Marijan Murat/dpa

Ein Jahr nach ihrer Festnahme in Berlin-Kreuzberg wird die ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette ab Dienstag in Niedersachsen vor Gericht stehen. Gemeinsam mit ihren Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub soll sie nach der Auflösung der RAF Geldtransporter und Supermärkte überfallen haben, um ihren Lebensunterhalt im Untergrund zu finanzieren.

Trotzdem wird der Prozess vor dem Landgericht Verden voraussichtlich viel Aufmerksamkeit erregen, obwohl es nicht um die Terroranschläge der RAF geht. Wie auch bei den bisherigen Verfahren gegen die linksterroristische Gruppe, von denen Klette auch noch einer droht.

Der Kaufhausbrand-Prozess

Die Geschichte der Roten Armee Fraktion beginnt bereits mit einem Prozess. Im Jahr 1968 zündet eine Gruppe um Andreas Baader und Gudrun Ensslin ein Feuer in einem Kaufhaus in Frankfurt an. Als sie deswegen vor Gericht stehen, sitzt die Journalistin Ulrike Meinhof im Publikum und empfindet Sympathien für die Brandstifter.

Trotz ihrer Verurteilung zu Haftstrafen schaffen es Baader und Ensslin, zu entkommen. Gemeinsam mit ihrem Anwalt Horst Mahler und Meinhof gründen sie zwei Jahre später die RAF.

Mammutprozess in Stammheim

Nach mehreren Banküberfällen und Bombenanschlägen wird 1972 der Kern der RAF von der Polizei festgenommen. Sie werden im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses Stuttgart-Stammheim untergebracht. Um Gefangenentransporte durch die Stadt zu vermeiden, wird neben dem Gefängnis ein Gerichtsgebäude errichtet. Der Staat investiert rund 20 Millionen Mark (10,2 Millionen Euro) in den Prozess.

Am 21. Mai 1975 beginnt der Prozess, der aber schnell außer Kontrolle gerät. Baader bezeichnet den Vorsitzenden Richter als «faschistisches Arschloch». Zu den Vernehmungen werden die Angeklagten von Justizbeamten in den Saal geschleppt. 

Im September 1975 bestätigen unabhängige Ärzte, dass die RAF-Häftlinge weitgehend verhandlungsunfähig sind. Immer wieder treten die Terroristen in Hungerstreiks, um sich gegen die Haftbedingungen zu wehren, dabei stirbt das RAF-Mitglied Holger Meins. Die Angeklagte Meinhof erhängt sich im Mai 1976 in ihrer Zelle.

Zudem wird während des Prozesses bekannt, dass die Ermittlungsbehörden Gespräche zwischen Verteidigern und Angeklagten über Wanzen abgehört haben. Ensslin-Verteidiger Otto Schily, später SPD-Bundesinnenminister, sagt, in Stammheim seien alle rechtsstaatlichen Garantien «systematisch zerstört» worden.

Nach 192 Verhandlungstagen werden Baader, Ensslin und Jan-Carl Raspe zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Urteile werden jedoch nie rechtskräftig. Denn die drei nehmen sich im September 1977 in ihren Zellen das Leben, nachdem ihre Freipressung durch die zweite Generation der RAF gescheitert ist.

Auch die zweite Generation kommt nach Stammheim

Am 1. Februar 1984 stehen dann Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt auch die Führungsspitze der zweiten Generation in Stuttgart-Stammheim vor Gericht. Verfahren gegen weitere Mitglieder laufen parallel, sowohl in Stammheim als auch vor anderen Gerichten. Auch im Verlauf dieser Prozesse kommt es zu einem Hungerstreik mehrerer RAF-Häftlinge.

Die Prozesse können nicht klären, wer genau 1977 den Generalbundesanwalt Siegfried Buback und den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer getötet hat. Dennoch werden Klar und Mohnhaupt aufgrund ihrer Beteiligung an diesen und weiteren Morden und ihrer Rolle innerhalb der RAF zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Mohnhaupt, die auch wegen des Mordes am Chef der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, verurteilt wurde, wird 2007 vorzeitig auf Bewährung entlassen, Klar 2008.

Hogefeld distanziert sich

Bei einem Einsatz der GSG 9 wird 1993 eine der Anführerinnen der dritten RAF-Generation, Birgit Hogefeld, festgenommen. Ihr Begleiter Wolfgang Grams erschießt sich selbst. Noch im Prozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt distanziert sich Hogefeld von den Gewalttaten der RAF. In ihrem Schlusswort wirft sie der Gruppe «einen Irrweg und katastrophale Fehler» vor. 

Das Gericht verurteilt sie wegen dreifachen Mordes zu lebenslanger Haft. Ebenfalls ungeklärt sind RAF-Morde wie der Anschlag auf den Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, oder die Schüsse auf Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder.

Hogefeld scheitert 2007 mit einem Gnadengesuch an den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, erst 2011 wird sie freigelassen, ähnlich wie Christian Klar.

Noch einmal Stammheim

Der nächste große RAF-Prozess läuft bereits. Seit dem 30. September 2010 steht Verena Becker, ein RAF-Mitglied der zweiten Generation, in Stuttgart-Stammheim vor Gericht. Michael Buback, der Sohn des 1977 getöteten Generalbundesanwalts, tritt als Nebenkläger auf und beschuldigt sie, auf seinen Vater geschossen zu haben. Den damaligen Ermittlungsbehörden wirft er vor, Becker geschützt zu haben.

Sie wird jedoch nur als Mittäterin des Mordes angeklagt. Viele ehemalige RAF-Mitglieder wie Klar und Mohnhaupt treten als Zeugen auf, aber die meisten von ihnen schweigen zu den Einzelheiten der Tat. Daher bleibt auch nach 35 Jahren unklar, wer Buback erschossen hat.

Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilt Becker wegen Beihilfe zum Mord zu einer Haftstrafe von vier Jahren. Im Jahr 2014 wird sie nach zwei Jahren auf Bewährung entlassen. Bis zur Festnahme von Klette sind alle ehemaligen RAF-Mitglieder auf freiem Fuß.

Wie geht es weiter mit Klette?

Neben dem Prozess vor dem Landgericht Verden steht Klette noch ein weiteres Verfahren bevor – für ihre mutmaßlichen Taten für die RAF. Die Bundesanwaltschaft beschuldigt sie des versuchten Mordes in zwei Fällen sowie der Mittäterschaft bei drei Sprengstoffexplosionen. Die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RAF ist mittlerweile verjährt. Es ist jedoch noch unklar, wann es zu einer entsprechenden Anklage und einem Prozess kommen könnte.

dpa