Deutschland könnte größten Anteil tragen, neue Einnahmequellen sollen Finanzierung erleichtern.
EU-Kommissionspräsidentin plant Budgeterhöhung auf 2 Billionen Euro
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen plant, den langfristigen Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union erheblich zu erhöhen, um zusätzliche Investitionen in Sicherheit und Verteidigung zu ermöglichen. In Brüssel wurde bekannt gegeben, dass der Etat für die Jahre 2028 bis 2034 voraussichtlich rund 2 Billionen Euro betragen wird – das sind etwa 700 Milliarden Euro mehr als derzeit für die laufende siebenjährige Budgetperiode geplant sind. Einzelheiten wurden zunächst nicht genannt.
Deutschland steuert als wirtschaftsstärkster Mitgliedsstaat in der Regel knapp ein Viertel der Mittel bei. Die vorgeschlagene Budgeterhöhung könnte jedoch zumindest teilweise auch über neue Einnahmequellen finanziert werden. Genauer gesagt schlägt die EU-Kommission in den neuesten Entwürfen eine Abgabe für große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro und eine Abgabe auf nicht für das Recycling gesammelten Elektroschrott vor. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass ein Teil der Einnahmen aus Tabaksteuern aus den Hauptstädten nach Brüssel fließen soll.
Der Haushaltsplan legt grob fest, wofür die EU Geld ausgeben will – und wie viel. Die Kommission unter der Leitung der Deutschen von der Leyen versucht mit ihrem Vorschlag, unterschiedliche Interessen und Faktoren unter einen Hut zu bringen. Während mehr Geld für Sicherheit und Verteidigung ausgegeben werden soll, laufen Bauern gegen mögliche Kürzungen Sturm und Darlehen des Corona-Aufbaufonds müssen zurückgezahlt werden, sind die Kassen der Mitgliedsländer leer. Und finanzstarke EU-Staaten wie Deutschland oder die Niederlande wollen nicht tiefer in die Tasche greifen.
Weniger Geld soll fest verplant werden
Die Kommission plant neben zusätzlichem Geld für die Aufrüstung gegen Russland auch weniger Mittel fest zu verplanen, um flexibler in einem sich schnell entwickelnden globalen Umfeld agieren und reagieren zu können. Es wird insgesamt weniger spezifische Ausgabenprogramme geben. Anstatt separate Töpfe für die EU-Agrarpolitik und die Strukturförderung für Regionen zu haben, sollen diese Posten zukünftig aus einem großen Fonds finanziert werden.
Gemäß der Kommission soll jeder EU-Staat mit Geld aus dem Fonds einen sogenannten Nationalen Reform- und Investitionsplan (NRP) erstellen. In diesem Plan soll das Land darlegen, welche Reformen und Investitionen es von 2028 bis 2034 umsetzen will und wie es EU-Gelder verwenden möchte. Es ist vorgesehen, dass auch regionale Behörden an der Erstellung des Plans beteiligt sind.
Laut früheren Angaben der Kommission könnten für die Rückzahlung des Corona-Aufbaufonds pro Jahr etwa 25 bis 30 Milliarden Euro erforderlich sein. Der Fonds wurde im Jahr 2021 ins Leben gerufen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen und gleichzeitig die Wirtschaft zu modernisieren. Dafür wurden erstmals in der EU gemeinsam Schulden in großem Umfang aufgenommen. Die Rückzahlung soll im Jahr 2028 beginnen und bis 2058 fortgesetzt werden.
Lange und komplizierte Verhandlungen erwartet
Der Vorschlag muss nun von den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament diskutiert werden. Anschließend muss das EU-Parlament mit einer Mehrheitsentscheidung zustimmen, während die EU-Länder den Haushalt einstimmig annehmen müssen. Es wird erwartet, dass es lange und komplizierte Verhandlungen geben wird. Die EU-Staats- und Regierungschefs diskutierten 2020 während eines Gipfeltreffens vier Tage und Nächte lang über den aktuellen Finanzrahmen.
Der Großteil des langfristigen EU-Haushalts wird durch Beiträge der Mitgliedsstaaten finanziert – jeder EU-Staat zahlt einen festgelegten Prozentsatz seines Bruttonationaleinkommens (BNE). Als sogenannte Eigenmittel fließen bisher hauptsächlich Zolleinnahmen und die Erträge einer Plastiksteuer nach Brüssel.
Die Bundesregierung hat bisher nicht unmittelbar auf den Vorschlag der Kommission reagiert. Deutschland hat jedoch bisher nie in Frage gestellt, dass es die höchsten nationalen Beiträge leisten muss. In Berlin wird darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik als großes Exportland auch am meisten vom gemeinsamen Binnenmarkt profitiert.
Kritik aus dem Parlament
Aus dem EU-Parlament kam bereits Kritik an dem Vorschlag – insbesondere an den geplanten Nationalen Reform- und Investitionsplänen, nach denen in den Mitgliedsstaaten über die Verwendung von Geldern entschieden werden soll. In einem gemeinsamen Papier der Fraktionsvorsitzenden des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP, der sozialdemokratischen S&D, der liberalen Renew und der Grünen heißt es, das Parlament werde keine Einschränkung seiner Aufsichtspflicht und demokratischen Kontrolle über EU-Ausgaben akzeptieren – «oder, noch schlimmer, eine Renationalisierung zentraler EU-Politiken».