Union und SPD haben sich viel vorgenommen für die nächsten vier Jahre. Einiges war schon aus der Sondierung bekannt, einige neue Akzente setzt nun der Koalitionsvertrag.
Von Steuern bis Corona: Zentrale Punkte im Koalitionsvertrag

Union und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Vielzahl von Vorhaben für die nächsten vier Jahre geeinigt. Die Gremien der zukünftigen Regierungsparteien müssen dem Programm jedoch noch zustimmen. Laut SPD-Chef Lars Klingbeil steht alles unter dem Vorbehalt, dass es finanziert werden kann. Ein Überblick:
Steuern und Entlastung
Die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen soll in etwa zwei Jahren gesenkt werden. Der umstrittene Solidaritätszuschlag bleibt unverändert für einkommensstarke Bürger und Unternehmen.
Die Pendlerpauschale ab 2026 soll bereits ab dem ersten Kilometer bei 38 Cent liegen. Das Deutschlandticket für den Nahverkehr soll auch nach 2025 bestehen bleiben. Nutzer müssen ab 2029 mit Preiserhöhungen rechnen. Derzeit beträgt der Preis für das Deutschlandticket 58 Euro im Monat.
Um Unternehmen zu entlasten, ist geplant, die steuerlichen Abschreibungsregeln anzupassen. Für die Jahre 2025, 2026 und 2027 soll eine degressive Abschreibung von 30 Prozent für Ausrüstungsinvestitionen gelten. Ab 2028 soll dann die Körperschaftsteuer schrittweise gesenkt werden.
Es ist geplant, das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen, um die Wirtschaft zu entlasten. Stattdessen soll die EU-Lieferkettenrichtlinie mit weniger Bürokratie umgesetzt werden.
Haushalt
Die Koalition plant Einsparungen. Innerhalb von vier Jahren sollen in der Bundesverwaltung acht Prozent der Stellen gestrichen werden – mit Ausnahme der Sicherheitsbehörden. Die Anzahl der Beauftragten des Bundes soll halbiert werden. Insgesamt sollen eine Milliarde Euro bei Förderprogrammen und Beiträgen für internationale Organisationen eingespart werden.
Man plant, Kommunen mit erdrückenden Altschulden zu unterstützen. Der Bund soll jährlich 250 Millionen Euro für Entschuldungsmaßnahmen der Länder bereitstellen. Auf diese Weise wird der Bund zur Hälfte beteiligt sein, wenn Länder übermäßige Kassenkredite ihrer Kommunen übernehmen.
Migration
Es bleibt bei der Ansage aus den Sondierungsgesprächen: «Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.» Es sollten alle rechtsstaatlichen Maßnahmen gegen irreguläre Migration greifen. Das Asylrecht bleibe aber erhalten.
Die Ampel-Regierung plant, die beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Zuwanderer wieder abzuschaffen. Die Wartefrist für normale Einbürgerungen soll bei fünf Jahren bleiben, ebenso wie die Erlaubnis für den Doppelpass. Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus dürfen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen.
Heizungsgesetz und Industriestrompreis
Das Heizungsgesetz wollen die künftigen Koalitionäre streichen. Ein neues Gebäudeenergiegesetz solle «technologieoffener, flexibler und einfacher» werden. Energieintensive Unternehmen sollen mit einem Industriestrompreis entlastet werden.
Rente
Das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent soll bis zum Jahr 2031 gesetzlich verankert werden. Die Finanzierung hierfür soll aus dem Bundeshaushalt erfolgen. Die Mütterrente soll für alle mit drei Rentenpunkten gelten, unabhängig vom Geburtsjahr der Kinder. Auch diese Leistung soll aus Steuermitteln finanziert werden.
Bürgergeld
Die Bedingungen für das bisherige Bürgergeld sollen verschärft werden, also auch Mitwirkungspflichten im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern. Im Extremfall soll ein «vollständiger Leistungsentzug» möglich sein, wenn Menschen immer wieder zumutbare Arbeit ablehnen. Die Leistung soll künftig «Grundsicherung für Arbeitssuchende» heißen.
Arbeit
Anstelle des üblichen Acht-Stunden-Tags könnte es in Zukunft einen wöchentlichen Rahmen für die Arbeitszeit geben. Das Vorhaben soll in Absprache mit Arbeitgebern und Gewerkschaften umgesetzt werden. Im nächsten Jahr wird ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde angestrebt.
Bildung
Das Bafög soll im nächsten Jahr erhöht werden. Die Wohnkostenpauschale im Bafög für Studierende, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, soll von derzeit 380 auf 440 Euro pro Monat angehoben werden.
Union und SPD planen eine bundesweite Pflicht für Sprach- und Entwicklungstests bei Vierjährigen aufgrund der schlechten Lese-, Schreib- und Rechenleistungen bei Grundschülern.
Sicherheit
Die künftigen Regierungspartner wollen ein «auf Freiwilligkeit basierendes Wehrdienstmodell» für die Bundeswehr. Dafür sollen eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden.
Es wurde auch beschlossen, einen Nationalen Sicherheitsrat zu gründen, der Informationen über Krisen bündelt und schnellere Entscheidungen ermöglicht.
Telekommunikationsanbieter sollen verpflichtet werden, IP-Adressen für potenzielle Ermittlungen für einen Zeitraum von drei Monaten zu speichern, um die innere Sicherheit zu gewährleisten.
Eltern
Künftige Eltern können darauf hoffen, dass das Elterngeld erhöht wird – sowohl der Mindestsatz von 300 Euro als auch der Höchstsatz von 1.800 Euro sollen angehoben werden. Union und SPD planen außerdem, einen gesetzlichen Anspruch auf Mutterschutz für selbstständige Frauen, die ein Kind bekommen, einzuführen.
Einkaufen
Auch in kleinen Geschäften soll man künftig ohne Bargeld zahlen können. «Schrittweise» solle überall mindestens eine digitale Zahlungsoption angeboten werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Zugleich soll die verpflichtende Ausgabe von Kassenbons abgeschafft werden.
Cannabis
Es soll eine Überprüfung der Legalisierung von Cannabis für Erwachsene stattfinden, jedoch ohne voreingenommene Ergebnisse.
Corona-Aufarbeitung
Die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie sollen überprüft werden. Hierfür wird eine Enquete-Kommission eingesetzt.