Die elektronische Patientenakte kommt. Nach anfänglichen Hürden sieht die Beauftragte für den Datenschutz keine größeren Probleme. Einfach zurücklehnen sollten sich die Bürger trotzdem nicht.
Vor Start der E-Patientenakte: Appell an Versicherte
Bei der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) sieht die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider keine größeren Hürden. Sie sei dem Chaos Computer Club «sehr, sehr dankbar» für das Aufdecken einer Sicherheitslücke, die Unbefugten Zugriff auf alle E-Akten erlaubte, sagte sie bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichts 2024 für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.
Computerspezialisten und verschiedene Organisationen aus dem Gesundheitswesen hatten vor dem Start in den Modellregionen vor Sicherheitslücken gewarnt. Seitdem sei viel unternommen worden, um die Sicherheit zu gewährleisten, sagte Specht-Riemenschneider. Sie wies jedoch darauf hin, dass nicht sie als Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit über die Sicherheit der ePA entscheide, sondern das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.
«Entscheiden Sie informiert und entscheiden Sie selbst.»
Datennutzbarkeit und Datenschutz schlössen sich nicht aus, sagte Specht-Riemenschneider. Sie appellierte an Versicherte, selbst darüber zu entscheiden, ob sie die ePA nutzen wollten oder nicht. «Entscheiden Sie informiert und entscheiden Sie selbst.» Das deutschlandweite Ausrollen der elektronischen Patientenakte steht laut dem geschäftsführenden Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unmittelbar bevor. Zuvor wird in drei Modellregionen getestet.
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist dafür gedacht, Versicherte über ihr gesamtes Leben hinweg zu begleiten. Im digitalen Speicher werden unter anderem Arztbriefe, Befunde, Laborwerte und verordnete Medikamente gespeichert. Praxen, Kliniken und Apotheken erhalten Zugriff, wenn die Versicherten ihre Krankenkassenkarte in das Lesegerät stecken. Dieser Zugriff ist standardmäßig auf 90 Tage beschränkt.
Zugriffsrechte über Krankenkassen-App festlegen
Die Versicherten können über die Smartphone-App ihrer Krankenkasse Zugriffsrechte widerrufen oder festlegen, welche Mediziner wie lange Einsicht erhalten sollen. Dadurch ist es möglich, selbst Dokumente in die E-Akte hochzuladen, wie beispielsweise selbst geführte Blutdruck-Tagebücher oder wichtige Diagnosen aus der Vergangenheit.
Als wählbares Angebot, um das man sich aktiv kümmern musste, wurden E-Akten bereits 2021 eingeführt, aber sie wurden kaum genutzt. Daher hat die Ampel-Koalition das Prinzip mit einem Gesetz umgekehrt: Jeder bekommt jetzt eine E-Akte, es sei denn, er widerspricht aktiv. Die Datenschutzbeauftragte hat die Krankenkassen auf ihre Informationspflichten hingewiesen.
Vorgänger kritisierte Widerspruchslösung
Ulrich Kelber, der Vorgänger von Specht-Riemenschneider, hatte aus Datenschutzgründen die Widerspruchslösung kritisiert und verlangt, dass die Patientenakte nur mit unbedenklichen Daten automatisch befüllt werden darf. Für alles andere sollte seiner Meinung nach die Einwilligung der Versicherten erforderlich sein, beispielsweise für Informationen über mögliche HIV-Infektionen, Schwangerschaftsabbrüche oder psychische Erkrankungen.