Harris gesteht Niederlage ein und verspricht geordnete Machtübergabe – Trumps Regierungsteam nimmt Form an.
Trump akzeptiert Bidens Einladung ins Weiße Haus
Nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl beginnen die Vorbereitungen für einen Machtwechsel im Weißen Haus. Der Republikaner nahm eine Einladung des demokratischen Amtsinhabers Joe Biden in die Regierungszentrale an. Das Treffen solle «bald» stattfinden, teilte ein Sprecher Trumps nach einem Telefonat zwischen dem amtierenden und dem designierten Präsidenten mit. Trumps demokratische Kontrahentin, Vizepräsidentin Kamala Harris, gestand ihre Niederlage ein und versprach, eine geordnete Machtübergabe sicherzustellen.
Nun beginnt auch die Arbeit hinter den Kulissen, Trumps Regierungsteam zusammenzustellen. Es gibt bereits verschiedene Namen von auffälligen Trump-Verbündeten, die wichtige Positionen übernehmen könnten – darunter der Tech-Milliardär Elon Musk, der umstrittene ehemalige Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sowie der Impfgegner und zeitweilige Präsidentschaftsanwärter Robert F. Kennedy.
Der Wahlausgang
Trump hatte die Präsidentenwahl am Dienstag überraschend schnell und überraschend klar gewonnen und Harris eine verheerende Niederlage beschert. Der 78-Jährige siegte in bislang allen ausgezählten «Swing States», also den besonders umkämpften Bundesstaaten, und erreichte deutlich früher als erwartet die nötige Mehrheit von mehr als 270 Wahlleuten, um sich das Präsidentenamt erneut zu sichern. Zudem gelang es Trump erstmals, eine deutliche Mehrheit der landesweit abgegebenen Stimmen zu holen.
Die Republikaner konnten den Demokraten bei der Abstimmung auch die Mehrheit im US-Senat abnehmen. In der anderen Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus, war zunächst noch unklar, ob die Republikaner ihre Mehrheit dort verteidigen können. Falls ihnen dies gelingen sollte, wäre Trump in einer noch machtvolleren Position, weil er dann quasi ungehindert «durchregieren» könnte – ohne Gegengewicht der Demokraten im Repräsentantenhaus.
Eine mögliche Konsequenz von Trumps Rückkehr ins Weiße Haus wäre eine immer autoritärer werdende Staatsführung in den USA und einige außenpolitische Unsicherheiten für die internationalen Verbündeten.
Harris’ Botschaft
Die Wahlverliererin trat erst am Tag nach der Abstimmung vor ihren Anhängern auf. «Wir müssen das Ergebnis dieser Wahl akzeptieren», sagte die 60-Jährige in der Hauptstadt Washington. Das sei ein Grundprinzip der US-Demokratie und mache den Unterschied zu einer Monarchie oder Tyrannei aus. Sie habe Trump angerufen und ihm zum Sieg gratuliert, berichtete sie.
Zugleich betonte Harris: «Während ich die Niederlage bei dieser Wahl einräume, gebe ich nicht den Kampf verloren, der diese Wahlkampagne befeuert hat.» Sie rief ihre Anhänger auf, nicht zu verzagen oder den Mut zu verlieren. «Ich weiß, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass wir in eine dunkle Zeit eintreten.» Doch nur im Dunkeln seien Sterne zu sehen.
Demokratische Traditionen stechen nun heraus
Die Anerkennung einer Niederlage bei Wahlen ist normalerweise selbstverständlich. Trump hat jedoch die Standards verschoben: Er trat 2020 gegen Biden an und verlor die Wahl, hat die Niederlage jedoch bis heute nicht akzeptiert, sondern startete damals einen beispiellosen Feldzug gegen das Wahlergebnis, der in einem Gewaltausbruch gipfelte.
Am Ende seiner Amtszeit lud Trump seinen Nachfolger Biden nicht ins Weiße Haus ein, auch dessen Amtseinführung blieb er fern. Fast wäre es zu einem erneuten Duell zwischen den beiden gekommen, aber Biden zog sich im Sommer auf Druck seiner Partei zugunsten von Harris aus dem Wahlkampf zurück.
Biden gratulierte Trump ebenso zum Wahlsieg wie andere ranghohe Demokraten, darunter die früheren Präsidenten George Bush und Barack Obama. Biden würdigte zugleich seine Stellvertreterin und erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme, sie werde eine Anführerin bleiben, «zu der unsere Kinder für Generationen aufsehen werden». Am Donnerstag (17.00 Uhr MEZ) will er sich zum Wahlausgang an die Nation wenden.
Harris war die erste Frau, die das Amt des Vizepräsidenten bekleidete, und dann als erste schwarze Frau in den USA zur Präsidentschaftskandidatin einer der beiden großen Parteien ernannt wurde. Trotzdem konnte sie mit ihren Botschaften nicht bei vielen Wählern punkten.
Trump will radikalen Kurswechsel
Trump versprach im Wahlkampf unter anderem die größte Abschiebeaktion in der Geschichte des Landes, ein schnelles Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen. Der Republikaner leugnet auch die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an.
In der Außenpolitik – wo Harris für Kontinuität des Kurses des Transatlantikers Biden stand – gilt Trump als unberechenbar, auch mit Blick auf die wichtige US-Unterstützung für die Ukraine. Es gibt Befürchtungen, dass Trump die Hilfe im Verteidigungskampf gegen Russland einstellen könnte.
Trumps zweite Amtszeit wird voraussichtlich die internationalen Machtverhältnisse und bestehenden Bündnisse auf die Probe stellen. Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt eilten, um Trump zu gratulieren und erste Telefonate mit dem designierten Präsidenten zu führen – unabhängig davon, wie angespannt ihr Verhältnis in der Vergangenheit war. Auch die chinesische Regierung gratulierte. Denn an dem Republikaner führt nun kein Weg mehr vorbei.
Autoritäre Staats- und Regierungschefs könnten sich Hoffnung auf eine Änderung des Kurses der USA unter Trump machen. Das russische Außenministerium reagierte beispielsweise sehr erfreut auf seinen Sieg.
Der weitere Fahrplan
Die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl müssen in den Bundesstaaten zunächst noch bis zur letzten Stimme ausgezählt und zertifiziert werden. Bis zum 11. Dezember muss das offizielle Ergebnis feststehen. Am 17. Dezember kommen dann die Wahlleute in den Bundesstaaten zur Abstimmung zusammen. Am 3. Januar tagt der neu gewählte Kongress zum ersten Mal.
Am 6. Januar kommen dann Repräsentantenhaus und Senat gemeinsam zusammen, um das Wahlergebnis formal zu bestätigen. Den Vorsitz in dieser Sitzung übernimmt die amtierende Vizepräsidentin, also Harris. Nach der Wahl 2020 war es bei dieser Sitzung zum Sturm auf das Kapitol durch Trumps Anhänger gekommen.
Am 20. Januar findet schließlich die offizielle Machtübergabe statt: Der neue Präsident wird bei einer Zeremonie am Kapitol vereidigt und die neue Regierung beginnt ihre Arbeit.