Der überraschende Sturz der Regierung führt Portugal in eine ungewisse Zukunft. Das Staatsoberhaupt des Landes trifft aber zumindest eine schnelle Entscheidung.
Nach Regierungssturz: Neuwahl in Portugal am 18. Mai
Nachdem die konservative Minderheitsregierung von Luís Montenegro gestürzt wurde, wird Portugal bereits am 18. Mai ein neues Parlament wählen. Präsident Marcelo Rebelo de Sousa gab diese Entscheidung in Lissabon bekannt. „Das Parlament wird aufgelöst“, sagte er. Es wird bereits die dritte vorgezogene Parlamentswahl in dem südwesteuropäischen EU-Land seit Anfang 2022 sein. Regulär hätte die nächste Abstimmung erst 2028 stattgefunden.
Rebelo verlor keine Zeit. „Er kündigte die Neuwahl nur rund 48 Stunden nach dem überraschenden Sturz von Montenegro durch ein Misstrauensvotum an. In der Zwischenzeit hielt das Staatsoberhaupt Konsultationen ab – zunächst mit den Chefs aller im Parlament vertretenen Parteien und anschließend auch mit dem Staatsrat. Dieses Gremium berät den Präsidenten in Krisenzeiten, ihm gehören aktuelle und ehemalige Mandatsträger sowie andere Persönlichkeiten an.“
Wichtige Projekte werden auf Eis gelegt
Die Opposition hatte in den letzten Wochen den erst seit einem knappen Jahr regierenden Montenegro zunehmend unter Druck gesetzt. Es ging um Vorwürfe eines Interessenkonflikts aufgrund eines Familienunternehmens des 52-Jährigen. Der Regierungschef stellte daher dem Parlament die Vertrauensfrage und erlitt bei der Abstimmung am Dienstagabend eine deutliche Niederlage. Das Ergebnis: 144 zu 88.
Portugal hat seitdem nur noch eine geschäftsführende Regierung mit begrenzten Befugnissen. Mehrere wichtige Vorhaben müssen deshalb bis zur Bildung einer neuen Regierung, die unter dem Eindruck der Krise wohl nicht leicht sein dürfte, auf Eis gelegt werden. Darunter auch die Privatisierung der Fluggesellschaft TAP, an der unter anderem die Lufthansa interessiert ist.
Was genau hat die Krise ausgelöst?
Die Anschuldigungen gegen Montenegro beziehen sich auf die Firma Spinumviva, die im Jahr 2021 von einem ausgebildeten Juristen gegründet wurde. Es wird behauptet, dass das Beratungsunternehmen von der Position des Ministerpräsidenten profitiert habe, um Verträge mit Privatfirmen abzuschließen. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Steuerdelikte aufgenommen.
Montenegro leugnet weiterhin den Vorwurf der Vorteilsnahme und jegliche Unregelmäßigkeiten. „Die Firma gehört jetzt nur noch meinen Söhnen Hugo und Diogo“, betonte er. Allerdings gab er viele der von der Opposition geforderten Informationen, wie beispielsweise zur genauen Tätigkeit des Unternehmens, nicht preis.
Krise kam überraschend
Die Krise in Portugal kam überraschend, obwohl das Land trotz des Regierungswechsels im Frühjahr 2024 weiterhin gute Wachstumsraten und historisch niedrige Arbeitslosenzahlen bei strikter Ausgabendisziplin verzeichnete. Der Staatshaushalt für 2025 wurde problemlos verabschiedet.
In den letzten Wochen überschlugen sich aber die Ereignisse, nachdem Medien die Vorwürfe veröffentlicht hatten. Im Rahmen der Affäre überstand Montenegro immerhin zwei Misstrauensvoten. Da die Opposition aber trotzdem ihre Pläne für eine Untersuchungskommission nicht aufgeben wollte, stellte er die Vertrauensfrage. Er sagte, er nehme eine Neuwahl in Kauf, um einen «langsamen Zerfall» der Regierung zu verhindern.
Erstarken der Rechtspopulisten von Chega befürchtet
Der Politiker, der gestürzt wurde, hat bereits angekündigt, dass er trotz der Vorwürfe erneut kandidieren möchte. Nach Umfragen kann seine Allianz Demokratische Allianz (AD) auf einen neuen, wenn auch knappen Sieg hoffen. Allerdings fürchten viele eine Stärkung der rechtspopulistischen Partei Chega. Diese ist bereits jetzt mit 49 Abgeordneten die drittstärkste Kraft im Parlament, hinter AD (80 Sitze) und der Sozialistischen Partei PS (78) des Oppositionsführers Pedro Nuno Santos.
Die letzte Parlamentswahl in Portugal fand am 10. März 2024 statt, nachdem der damalige sozialistische Ministerpräsident António Costa aufgrund von Korruptionsermittlungen gegen ihn und andere Regierungsmitglieder zurückgetreten war. Costa hat jedoch bisher nichts Unrechtes getan. Der 63-jährige ist nun Präsident des Europäischen Rates.