Die Dunkelziffer bleibt hoch, trotz Rückgang der dokumentierten Taten. Rassistische Anfeindungen sind weiterhin Alltag für Schutzsuchende in Deutschland.
Polizeistatistik: Weniger Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2025
Laut einer vorläufigen Auswertung der Polizei gab es im ersten Halbjahr 2025 weniger Straftaten gegen Asylbewerber oder anerkannte Flüchtlinge als im Vorjahreszeitraum. Die Zahlen dürften jedoch erfahrungsgemäß steigen, da einige Taten erst mit Verzögerung der Polizei gemeldet werden oder das Motiv erst später klar wird. Die Übersicht wurde auf Anfrage der Linksfraktion erstellt und liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Die Fraktion geht davon aus, dass es eine große Dunkelziffer bei diesen Delikten gibt, da viele Taten nicht angezeigt werden.
Laut den bisher dokumentierten 648 Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge, die außerhalb von Unterkünften für Geflüchtete in den ersten sechs Monaten dieses Jahres begangen wurden, handelt es sich hauptsächlich um Fälle von Sachbeschädigung, Beleidigung und Volksverhetzung. In einigen Fällen ging es auch um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder um Gewaltverbrechen.
Die Polizei hatte im ersten Halbjahr 2024 bundesweit 1.236 Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge außerhalb von Unterkünften registriert.
Rassistische Anfeindungen gehören zum Alltag
Der Rückgang sei kein Grund zur Entwarnung, meint Clara Bünger, Innenpolitikerin der Linken. Rassistische Anfeindungen, Bedrohung und körperliche Übergriffe gehörten immer noch zum Alltag von Menschen, die in Deutschland Schutz suchten. Dass politisch motivierte Straftaten Normalität für Geflüchtete in Deutschland zur Normalität gehörten, sei «auch Folge einer Politik, die Geflüchtete zum Problem erklärt, anstatt etwas gegen Wohnungsnot, Armut, überschuldete Kommunen und die zerfallende Infrastruktur zu unternehmen».
Sowohl im ersten Halbjahr 2024 als auch in der ersten Hälfte dieses Jahres wurden Asylfragen kontrovers im Bundestag diskutiert. Im Februar 2024 trat ein Gesetz der Ampel-Regierung in Kraft, das unter anderem die Möglichkeiten für Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam erweiterte. Im Bundestagswahlkampf 2025 und nach der Vereidigung der neuen schwarz-roten Bundesregierung standen vor allem die inzwischen angeordneten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Landgrenzen im Fokus.
Weniger Asylbewerber
Im ersten Halbjahr dieses Jahres haben laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 61.336 Menschen erstmals einen Antrag auf Schutz in Deutschland gestellt. Dies entspricht fast einer 50-prozentigen Verringerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Neben den schrittweise eingeführten stationären Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen dürften auch Maßnahmen von Balkan-Staaten zur Reduzierung der irregulären Migration zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Ein weiterer Faktor ist die veränderte Lage in Syrien, wo im Dezember Langzeitmachthaber Baschar al-Assad gestürzt worden war.
Rechte Parteien und Neonazi-Gruppen mobilisieren
Laut Bundesregierung wurden im zweiten Quartal dieses Jahres bundesweit insgesamt sieben Kundgebungen bekannt, die von Rechtsextremisten im Zusammenhang mit dem Thema Zuwanderung beziehungsweise Asyl durchgeführt oder dominiert wurden.
Zwei davon waren Proteste in Bayern, die den Angaben zufolge von der AfD veranstaltet wurden. Die Partei wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz aktuell als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Die Kleinpartei Freie Sachsen mobilisierte in Heidenau und Johanngeorgenstadt demnach rund 430 beziehungsweise etwa 350 Demonstranten. Weniger Teilnehmer gab es nach Erkenntnissen der Bundesregierung bei drei Kundgebungen, die Neonazi-Gruppen in Nordrhein-Westfalen und in Magdeburg organisierten.