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Votum über «Sicherheitspaket» – Union und FDP wollen mehr

Als Folge der Messerattacke von Solingen sollen härtere Regeln für Asylbewerber und mehr Befugnisse für Terrorermittler kommen. Aber auch in der Ampel-Koalition sind die Maßnahmen nicht unumstritten.

Der Bundestag stimmt namentlich über das «Sicherheitspaket« ab. (Archivbild)
Foto: Michael Kappeler/dpa

Knapp zwei Monate nach der Messerattacke von Solingen wird heute das sogenannte Sicherheitspaket der Ampel-Koalition im Bundestag zur Abstimmung gestellt. SPD, Grüne und FDP hatten das Vorhaben nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag mit drei Toten initiiert. Union und FDP sind der Meinung, dass die strengeren Regeln für Asylbewerber und die erweiterten Befugnisse für Ermittler nicht ausreichen. In den Fraktionen von SPD und Grünen gibt es jedoch Kritik, insbesondere an den Verschärfungen im Migrationsbereich. Die Abstimmung erfolgt namentlich, Nein-Stimmen und Enthaltungen werden somit öffentlich bekannt gegeben.

Was sich ändern soll

Asylbewerber, für deren Schutzersuchen nach den sogenannten Dublin-Regeln ein anderes europäisches Land die Verantwortung trägt, sollen von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden – wenn die Ausreise für sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Ausnahmen soll es hier geben, wenn Kinder betroffen sind. Auch sollen sich Heimreisen anerkannt Schutzberechtigter nicht auf ihren Schutzstatus auswirken, wenn sie «sittlich zwingend geboten» sind.

Das Waffenrecht soll außerdem verschärft werden. Es wird betont, dass das Verbot, Waffen bei Volksfesten oder Sportveranstaltungen mitzuführen, auch für Messer gilt, die zukünftig im Waffengesetz ausdrücklich erwähnt werden sollen. Es wird jedoch Ausnahmen geben, beispielsweise für bestimmte Berufsgruppen.

Die Sicherheitsbehörden sollen befugt sein, in spezifischen Fällen biometrische Daten online abzugleichen. Die Suche nach Gesichtern und Stimmen durch eine automatisierte Anwendung darf jedoch nur erfolgen, wenn der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) oder sein Stellvertreter dies von einem Gericht genehmigen lässt. Im Falle einer unmittelbaren Gefahr kann der BKA-Chef oder einer der drei stellvertretenden Chefs selbst für höchstens drei Tage die Anordnung treffen.

Der Auslöser

Der vermutlich islamistisch motivierte Messerangriff auf einem Stadtfest am 23. August in Solingen führte zu einer intensiven Diskussion. Drei Personen wurden getötet, acht weitere verletzt. Der verdächtige Syrer sollte eigentlich 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden, was jedoch nicht gelang.

Nach dem Anschlag einigten sich die Bundesregierung auf schärfere Maßnahmen im Migrations- und Waffenrecht sowie auf erweiterte Befugnisse für Ermittler. Nach einer Anhörung von Experten mussten die Koalitionspartner Abstriche an den Plänen machen. Hinter dem Paket, das nun im Bundestag zur Abstimmung steht, stehen die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP – zumindest mehr oder weniger.

Wie viele Stimmen gibt es von SPD und Grünen?

In der SPD und bei den Grünen bestehen Zweifel, dass das Vorhaben zu weit geht. Die drei Ampel-Fraktionen stellen zusammen 415 von 733 Abgeordneten. Sie haben also 48 Stimmen mehr als die absolute Mehrheit. Bei einer Probeabstimmung in der SPD-Fraktion am Dienstag gab es nach Angaben von Teilnehmern 20 bis 25 Gegenstimmen. Kanzler Olaf Scholz hatte dabei die Abgeordneten in der Sitzung zur Zustimmung ermahnt.

Der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch zeigt sich dennoch zuversichtlich. «Ich gehe davon aus, dass die sehr große Mehrheit für das Sicherheitspaket stimmt», sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Einlassungen von Scholz seien keine Drohung, sondern ein Appell gewesen. «Unsere Geschäftsordnung legt fest: Wenn die Mehrheit der Abgeordneten in einer Fraktionssitzung für eine Entscheidung stimmen, dann haben sich im Bundestag alle daran zu halten», machte Miersch deutlich. 

FDP stimmt zu und will mehr 

FDP-Fraktionschef Christian Dürr geht nach eigener Aussage fest davon aus, dass das Paket im Bundestag eine Mehrheit für bekommt. «Das Gesetz leistet einen wichtigen Beitrag dazu, Ordnung in die Migrationspolitik zu bringen. Es müssen aber noch mehr Schritte folgen», sagte Dürr der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten». Die FDP-Fraktion hatte unlängst ein weitergehendes Neun-Punkte-Papier zur Migrationspolitik beschlossen. Dürr schlug zudem vor, dass die Partei- und Fraktionschefs von Koalition und Union über weitere Maßnahmen sprechen. 

Union lehnt ab und will mehr 

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat den Abgeordneten seiner Fraktion die Ablehnung des Ampel-Pakets empfohlen. Der CSU-Rechtsexperte Volker Ullrich sprach von einem «Sicherheitspäckchen». Einige Maßnahmen wie das Messerverbot seien bloße Symbolpolitik. Andere wirksame Maßnahmen, wie Zurückweisungen an den Grenzen, fehlten, kritisierte Ullrich in den Funke-Zeitungen. 

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bemängelte, das «Sicherheitspaket» der Koalition reiche längst nicht aus. «Es verdient seinen Namen nicht», sagte Wüst der «Rheinischen Post». Er verwies auf Vorschläge von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein unter anderem zu effektiveren Regeln für Rückführungen in Europa. In allen drei Ländern regieren CDU und Grüne gemeinsam.

dpa