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Wadephul macht Druck auf Israel und warnt vor Isolierung

Die Lage der Menschen im Gazastreifen dominiert die politische Agenda. Der US-Sondergesandte will sich ein Bild von der Lage machen. Außenminister Wadephul beschäftigt auch noch ein anderes Problem.

Außenminister Wadephul warnt vor einer internationalen Isolierung Israels.
Foto: Leo Correa/AP/dpa

Angesichts eindringlicher Warnungen vor einer Hungersnot im Gazastreifen erhöht auch Deutschland den Druck auf Israel. «Das ist ein vollkommen untragbarer Zustand, der sich sofort ändern muss», sagte Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach Gesprächen mit der israelischen Führung in Jerusalem. Nötig sei eine «fundamentale Verbesserung für die Menschen im Gazastreifen». Andernfalls drohe Israel die internationale Isolierung.

Der US-Sondergesandte Steve Witkoff und der amerikanische Botschafter in Israel, Mike Huckabee, werden heute im Gazastreifen die Situation vor Ort überprüfen. Laut UN-Angaben droht in dem abgeriegelten Küstengebiet mit etwa zwei Millionen Einwohnern eine Hungersnot. Die islamistische Hamas besteht darauf, dass die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg nur fortgesetzt werden, wenn sich die humanitäre Lage verbessert.

Wadephul zu Gesprächen im Westjordanland

Nachdem er die israelische Führung ermahnt hat, reist Wadephul heute ins besetzte Westjordanland, um Gespräche mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu führen. Bei dem Treffen in Ramallah wird voraussichtlich die zunehmende Gewalt israelischer Siedler gegen die dort lebenden Palästinenser und die Überlegungen in Israel, das Gebiet zu annektieren, diskutiert.

Die Knesset, das israelische Parlament, hat kürzlich in einer Resolution die Annexion befürwortet, was international auf erhebliche Kritik gestoßen ist. Auch die Bundesregierung lehnt einen solchen Schritt strikt ab.

Deutschland hält sich bei Sanktionen zurück

Wadephul wies mit Blick auf Gaza auf Diskussionen in der Europäischen Union über Sanktionen gegen Israel und auf die steigende Bereitschaft mehrerer Länder hin, einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten hält sich Deutschland bisher bei der Frage von Sanktionen zurück. Ob die Bundesregierung dieser Linie folgen wird, hängt auch von den Ergebnissen der Reise des Außenministers ab. Im Gegensatz zu Frankreich, Großbritannien und Kanada erwägt Deutschland laut Wadephul bisher auch keine Anerkennung eines palästinensischen Staates.

Slowenien verhängte unterdessen als erstes europäisches Land ein Waffenembargo gegen Israel. «Heute haben wir das getan, was die gesamte Europäische Union hätte tun müssen», teilte Ministerpräsident Robert Golob über Facebook mit. «Die Republik Slowenien ist das erste europäische Land, das den Export und Transit von Militärwaffen und -ausrüstung nach und aus Israel verbietet.» Da Slowenien nicht zu den wichtigsten Waffenlieferanten zählt, gilt die Maßnahme allerdings als symbolischer Akt, der kaum praktische Auswirkungen haben dürfte.

Scharfe Kritik an Hilfssystem und Israels Armee

Bei ihrem Besuch im Gazastreifen wollen der US-Sondergesandte Witkoff und US-Botschafter Huckabee Verteilzentren für Hilfslieferungen inspizieren und einen Plan für weitere Lieferungen ausarbeiten. Zudem gehe es darum, von den Menschen dort «aus erster Hand mehr über die dramatische Lage vor Ort zu erfahren», erklärte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt. 

Die Verteilung von Hilfsgütern durch die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die von Israel unterstützt wird, sorgt für Kontroversen. Sowohl Israel als auch die USA unterstützen die Stiftung, die laut Kritikern bei weitem nicht die gleichen Hilfsleistungen erbringt wie früher über die Vereinten Nationen.

Die meisten Menschen, die Hilfe suchen, müssen die GHF-Verteilzentren im Gazastreifen nur über lange Fußmärsche erreichen, die oft durch aktive Kampfzonen führen. Es wird auch behauptet, dass israelische Soldaten, die eigentlich die Umgebung sichern sollten, wiederholt auf schutzlose Menschenmengen geschossen haben. Die Armee leugnet dies, aber laut UN-Angaben sollen bereits rund 900 Menschen ums Leben gekommen sein.

Deutschland beteiligt sich an Hilfsaktion aus der Luft

Deutschland wird in den nächsten Tagen erneut an internationalen Bemühungen teilnehmen, um die bedürftige Bevölkerung im Gazastreifen aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gab bekannt, dass bereits Anfang der Woche zwei Bundeswehr-Maschinen in den Nahen Osten entsandt wurden. In Jordanien sollen die Flugzeuge betankt und für die Einsätze vorbereitet werden.

Seit Sonntag werden Hilfsgüter aus der Luft von Flugzeugen aus Israel, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) abgeworfen. Helfer halten die Luftversorgung aufgrund der vergleichsweise geringen Menge im Vergleich zu Lastwagentransporten für ineffektiv. Sie weisen auch darauf hin, dass abgeworfene Paletten Menschen am Boden erschlagen könnten.

Deutschland hatte im letzten Jahr bereits an Abwürfen über dem Gazastreifen teilgenommen. Die neue Aktion wurde von Israel gebilligt. Wadephul forderte jedoch Israel auf, auch Grenzübergänge in das Kriegsgebiet zu öffnen. Nur über den Landweg könnten ausreichend Hilfsgüter die Menschen erreichen.

Hamas knüpft Verhandlungsbereitschaft an Bedingungen

Die Hamas erklärte sich am Abend in einer Stellungnahme bereit, die ins Stocken geratenen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg fortzusetzen – vorausgesetzt, dass sich zuerst die humanitäre Lage in dem Küstengebiet verbessert. Es wurde betont, dass unter den aktuellen Umständen die Fortsetzung der Gespräche keinen Sinn mache.

Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, bei denen die USA, Ägypten und Katar vermitteln, sind zuletzt ins Stocken geraten. Laut israelischer und amerikanischer Darstellung hatte die palästinensische Terrororganisation mit überzogenen Forderungen die Gespräche zum Entgleisen gebracht. Die Delegationen der USA und Israels wurden daraufhin vom Verhandlungsort Doha zu Konsultationen in ihre jeweiligen Hauptstädte zurückberufen.

Zuletzt wurde auf dem Tisch ein Vorschlag für eine 60-tägige Waffenruhe vorgelegt. Während dieser Zeit sollten von den Islamisten im Gazastreifen festgehaltene zehn Geiseln freigelassen werden. Es wird vermutet, dass noch 20 Geiseln am Leben sind.

Der Gaza-Krieg begann mit dem beispiellosen Massaker der Hamas und anderer Islamisten in Israel am 7. Oktober 2023. Etwa 1.200 Menschen wurden damals getötet und mehr als 250 Geiseln in den Gazastreifen gebracht. Laut palästinensischen Angaben kamen während der fast 22 Monate des Krieges mehr als 60.000 Menschen im Gazastreifen ums Leben.

dpa