Experten sehen extreme Nahrungsmittelknappheit und akute Unterernährung – Hilfsorganisationen benötigen freien Zugang für Hilfe
Im Gazastreifen droht Hungersnot, internationale Experten warnen vor schlimmster Ernährungskrise
Im Gazastreifen herrscht nach Einschätzung von Außenminister Johann Wadephul inzwischen eine Hungersnot. «Wir beobachten ja seit geraumer Zeit, dass die Blockade, die Israel praktisch ausgebracht hat für den Gazastreifen, zu einer Hungersnot geführt hat, dazu geführt hat, dass Menschen sterben, leiden, dürsten», sagte der CDU-Politiker im «Interview der Woche» des Deutschlandfunks.
Nach Angaben des Senders fand das Gespräch am Freitag während des Rückflugs von Wadephuls Reise nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete statt.
Experten sprechen bisher nicht von Hungersnot
Laut internationalen Experten für Ernährungssicherheit sind die Kriterien für eine Hungersnot in Gaza bisher nicht erfüllt. Dennoch deutet eine aktuelle Zwischenbewertung der IPC-Initiative zur Analyse von Ernährungskrisen auf eine drohende Hungersnot hin, also die schwerwiegendste Form einer Ernährungskrise.
Die offizielle Annahme beinhaltet einen extremen Mangel an Nahrungsmitteln, akute Unterernährung und hungerbedingte Todesfälle. Experten zufolge deuten aktuelle Daten darauf hin, dass die ersten beiden Kriterien bereits erfüllt sind – ein extremer Mangel an Nahrungsmitteln ist praktisch in den meisten Teilen des Gazastreifens vorhanden und akute Unterernährung in der Stadt Gaza.
Wadephul verlangt Zugang für UN und Hilfsorganisationen
Es wurde am Samstag aus deutschen Sicherheitskreisen berichtet, dass die Hamas oder andere kriminelle Organisationen 50 bis 100 Prozent der Hilfsgüter abzweigen, die in den Gazastreifen gelangen.
Wadephul erklärte, die Vereinten Nationen mit all ihren Hilfsorganisationen, das Internationale Rote Kreuz sowie kirchliche und karitative Organisationen müssten wieder freien Zugang zum Gazastreifen bekommen, um dort zu helfen. «Das kann morgen anfangen.»
Abwürfe aus der Luft reichen nicht aus
In dieser Woche hätten bereits mehr Lastwagen mit Hilfsgütern Zugang zum Gazastreifen bekommen, erkannte Wadephul an. «Es reicht noch nicht aus, aber es muss jetzt jeden Tag besser werden. Da werden wir dranbleiben.»
Seit Freitag wirft die Bundeswehr Hilfsgüter aus der Luft über dem Gazastreifen ab. «Unsere Luftabwürfe können auch nur eine kleine Linderung sein. Wir machen sie. Wir machen alles, was lindert», sagte Wadephul. «Aber es muss auf dem Landwege geschehen, und das muss Israel ermöglichen. Und das wird dort auch verstanden.»
Der Gaza-Krieg begann am 7. Oktober 2023 mit einem beispiellosen Massaker, bei dem Hamas-Terroristen und andere Islamisten rund 1.200 Menschen töteten und mehr als 250 weitere aus Israel in den Gazastreifen entführten.
Israel reagierte mit umfangreichen Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Laut Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden in dem Küstengebiet mehr als 60.000 Menschen getötet.