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Wadephul glaubt nicht an rasche Rückkehr von Syrern

Bei seinem ersten Besuch in Syrien sieht Außenminister Wadephul, wie viel in dem einstigen Bürgerkriegsland wieder aufgebaut werden muss.

Wadephul hat sich erschüttert vom Ausmaß der Zerstörung nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus gezeigt.
Foto: Marcus Brandt/dpa

Außenminister Johann Wadephul hat zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt Syrien besucht. Beim Besuch eines Vorortes der Hauptstadt Damaskus, der im Bürgerkrieg stark zerstört wurde, zeigte er sich bestürzt: Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich noch nicht gesehen. Er dämpfte Erwartungen an raschen, umfangreichen Rückführungen von syrischen Geflüchteten in ihr Heimatland. «Kurzfristig können sie nicht zurückkehren», sagte der CDU-Politiker in Harasta. «Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.»

Zuvor hatte er in Damaskus Interimspräsident Ahmed al-Scharaa und Außenminister Asaad al-Schaibani getroffen. Von beiden verlangte er, die syrische Regierung müsse den Menschen «ein Leben in Würde und Sicherheit» garantieren. Nötig sei die Einbeziehung aller Bürger unabhängig von Geschlecht, religiöser, ethnischer oder gesellschaftlicher Zugehörigkeit. Deutschland strebe freundliche Beziehungen mit dem Land an, betonte der CDU-Politiker. Die Reise war aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehalten worden.

Millionen-Hilfe für Syrien, Libanon und Jordanien

Wadephul hat Hilfe zugesagt – nicht nur für Syrien, sondern auch für den Libanon und Jordanien angesichts der humanitären Krisen dort. Es werden zusätzliche Hilfsgelder in Höhe von bis zu 52,6 Millionen Euro bereitgestellt. Davon entfallen laut Angaben des Auswärtigen Amts rund 39,4 Millionen Euro auf Syrien, 5,25 Millionen auf den Libanon und 8 Millionen Euro auf Jordanien.

Die Gelder sollen humanitären internationalen Organisationen sowie Nichtregierungsorganisationen zugutekommen, die sich in den Bereichen Ernährungssicherung, Schutzmaßnahmen, Unterkünfte und Gesundheit engagieren.

Deutschland hat 2025 bisher rund 81 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für Syrien zugesagt. Wadephul sagte, durch humanitäre Hilfe, Unterstützung bei der Räumung von Minen und Kampfmitteln sowie durch Investitionen in die Wirtschaft arbeite Deutschland am neuen Fundament für das Land mit. Syrien liege in direkter Nachbarschaft zur EU – was immer in dem Land passiere, «hat auch direkte und indirekte Auswirkungen auf uns in Deutschland».

Laut Wadephul wird Deutschland seinen Beitrag als größter Geber für den leistungsfähigen Wiederaufbaufonds Syriens um vier Millionen Euro erhöhen. Damit soll der Fonds unterstützt werden, um das Leben der Menschen in Syrien zu verbessern und diejenigen zu unterstützen, die zurückkehren möchten. Deutschland hat bereits insgesamt 110 Millionen Euro in den Fonds eingezahlt. Zusätzlich fließt Geld an die Vereinten Nationen, um Täter von Menschenrechtsverletzungen während der Assad-Herrschaft zur Rechenschaft zu ziehen – seit Dezember vergangenen Jahres waren es insgesamt vier Millionen Euro.

Im Bürgerkrieg weitgehend zerstörte Vorstadt

Im Vorort Harasta ließ sich Wadephul ein von Deutschland unterstütztes humanitäres Projekt zeigen. Bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges 2011 lebten dort 30.000 Menschen, darunter 2.500 Christen. Seit 2012 wurde die Stadt Ziel von Luftangriffen und Artilleriebeschuss. Der Bezirk wurde durch Bombardements ziviler Infrastruktur fast vollständig zerstört, die Bevölkerung vertrieben.

Wadephul informierte sich in Damaskus über ein Projekt, das es syrischen Binnenvertriebenen ermöglichen soll, kostengünstig Unterkünfte aus Lehmziegeln zu bauen. Ein deutsches Unternehmen unterstützt das Projekt mit Ingenieursleistungen.

Lage in Syrien ein Jahr nach Assad-Sturz weiterhin unübersichtlich

Die Regierung unter al-Scharaa strebt danach, das Land zu stabilisieren. Fast ein Jahr nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad bleibt die Situation in Syrien jedoch unklar und gefährlich. Es gibt weiterhin gewaltsame Ausbrüche, bei denen teilweise Hunderte Menschen getötet wurden.

Der Kopf der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) war der Interimspräsident, der die Rebellenallianz führte, die Assad am 8. Dezember gestürzt hat. Die Übergangsregierung strebt danach, Syrien wieder an die internationale Staatengemeinschaft anzubinden.

dpa