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Putin bestätigt indirekt Prigoschins Tod

Putin spricht von Prigoschin in der Vergangenheitsform – deutlicher werden die Bestätigungen für den Tod des russischen Söldnerführers bislang nicht. Seine Anhänger sind von einem Anschlag überzeugt.

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Die Behörden bestätigten sehr schnell, Prigoschin habe auf der Passagierliste der abgestürzten Maschine gestanden.
Foto: Sergei Ilnitsky/Pool EPA/AP/dpa

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den mutmaßlichen Tod des Chefs der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, bei einem Flugzeugabsturz indirekt bestätigt. Bei Äußerungen am Donnerstag sprach Putin in der Vergangenheitsform: «Er war ein Mensch mit einem schwierigen Schicksal, und er hat ernsthafte Fehler gemacht.» Zugleich habe der Geschäftsmann und Söldnerführer Ergebnisse erzielt – für sich wie für die gemeinsame Sache, sagte Putin russischen Nachrichtenagenturen zufolge.

Am Tag nach dem Absturz des Privatjets gab es viele Trauerbekundungen in Russland. Zugleich mehrten sich Spekulationen zur Ursache. So berichtete unter anderem der russische Telegram-Nachrichtenkanal Shot unter Berufung auf Ermittlerkreise, dass der Absturz womöglich durch eine Bombe im Bereich des Fahrgestells ausgelöst worden sei. Zuvor hatte der Prigoschin nahe stehende Kanal Grey Zone die Version verbreitet, die Maschine sei von der russischen Luftabwehr abgeschossen worden. Die Autoren schrieben diesbezüglich von Mord.

Putin: Kannte Prigoschin schon lange

Eine offizielle Identifizierung der insgesamt zehn Absturzopfer durch russische Behörden stand noch aus. Putin formulierte vorsichtig, dass ersten Erkenntnissen zufolge am Vorabend ein Flugzeug mit Angehörigen der Privatarmee Wagner abgestürzt sei. Wagner habe einen wichtigen Beitrag in den Kämpfen in der Ukraine geleistet, der nicht vergessen werde.

Putin sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Er kündigte eine umfassende Aufklärung des Absturzes an. Diese habe bereits begonnen, werde aber eine Zeit lang dauern, sagte er bei einem Treffen mit dem russischen Verwaltungschef von Donezk, Denis Puschilin. Er selbst habe Prigoschin, einen «talentierten Menschen», seit den 1990er Jahren gekannt.

Am Mittwoch war der Kremlchef kurz nach Bekanntwerden des Absturzes bei einem Konzert zu den Feierlichkeiten des 80. Jahrestags der Schlacht von Kursk aufgetaucht. Prigoschin galt lange als Putins Günstling. Nach dessen kurzzeitigem Aufstand gegen die Militärführung nannte Putin ihn aber einen Verräter. Angeblich gewährte er ihm aber Amnestie.

Russlandweite Trauerkundgebungen

Prigoschins Anhänger reagierten mit Trauer und Wut auf die Nachricht vom mutmaßlichen Tod des 62-Jährigen. Am Café «Patriot» in St. Petersburg, das viele Einwohner der Stadt mit Prigoschin und seiner Wagner-Truppe verbinden, seien massenhaft Blumen niedergelegt worden, berichtete die Tageszeitung «Kommersant» am Donnerstag. Auch aus anderen russischen Städten wie Nowosibirsk wurde von Trauer- und Gedenkaktionen berichtet.

Am früheren Wagner-Firmensitz in St. Petersburg wurden neben Blumen auch ein Vorschlaghammer niedergelegt, teilte der Telegram-Kanal Grey Zone mit. Der Vorschlaghammer gilt als grausiges Erkennungszeichen der Wagner-Söldner, nachdem ein Video Angehörige der Gruppe zeigte, die damit einen angeblichen Überläufer ermordeten.

Am Mittwochabend war Prigoschins Privatjet auf dem Flug von Moskau nach St. Petersburg im Gebiet Twer abgestürzt. Alle zehn Insassen kamen nach offiziellen Angaben ums Leben. Auf der Passagierliste des Flugs stand unter anderem Prigoschins Name. Die Behörden haben den Tod des reichen und einflussreichen Geschäftsmanns allerdings offiziell noch nicht bestätigt. Eine gerichtsmedizinische Untersuchung mit DNA-Abgleich soll die Identität der Leichen klären.

Kreml inoffiziell: Keine Überraschung

Prigoschin ist im Zuge von Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine zu großer Bekanntheit in Russland gelangt. Zum einen galt er nach der Einnahme der Stadt Bachmut durch seine Wagner-Truppen nach monatelangen blutigen Kämpfen als vergleichsweise erfolgreicher Armeechef vor dem Hintergrund russischer Niederlagen in Charkiw und Cherson. Zum anderen profilierte er sich mit scharfer Kritik an der eigenen Militärführung, der er Inkompetenz und Korruption vorwarf. Damit lieferte er vielen einfachen Russen eine Erklärung für den aus ihrer Sicht unbefriedigenden Kriegsverlauf.

Der Absturz Prigoschins sei keine Überraschung gewesen, berichtete das unabhängige Internetportal Meduza unter Berufung auf einen ungenannten Informanten aus der Kremlverwaltung. «Es gab das Gefühl, dass er nach dem Aufstand schlecht endet, so etwas verzeiht man (im Kreml) nicht», zitiert Meduza den Beamten.

Kiew dementiert Beteiligung

Ein potenzieller weiterer Verdächtigter hat bereits vorsorglich dementiert, in einen Anschlag auf Prigoschin verwickelt zu sein. Die Ukraine hat laut Präsident Wolodymyr Selenskyj nichts mit dem möglichen Tod der Wagner-Führung zu tun. «Alle begreifen, wer daran beteiligt ist», sagte er vor Journalisten am Donnerstag. Gleichzeitig nutze der Tod der Söldnerführung Kiew «im bestimmten Sinne».

Baerbock: Kein Zufall, dass Welt jetzt auf Kreml schaut

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte Verständnis für Spekulationen rund um Prigoschins mutmaßlichen Tod. Auf offizielle russische Verlautbarungen sei «kein Verlass», sagte sie am Rande eines Treffens mit ihrem kirgisischen Amtskollegen Dscheenbek Kulubajew in Berlin. Immer wieder werde man vom Kreml belogen. «Von daher ist es kein Zufall, dass die ganze Welt auch jetzt auf den Kreml schaut, wenn ein in Ungnade gefallener Ex-Vertrauter Putins plötzlich sprichwörtlich vom Himmel fällt, zwei Monate nachdem er einen Aufstand probte.»

Man kenne dieses Muster, sagte Baerbock und erwähnte «Todesfälle und dubiose Selbstmorde, Fensterabstürze, die alle letztendlich unaufgeklärt bleiben». Die Grünen-Politikerin nannte es wichtig, «nicht auf irgendwelche Behauptungen, Fake News oder Versprechungen des russischen Präsidenten» zu vertrauen, sondern die Ukraine in ihrem Recht auf Selbstverteidigung zu unterstützen «mit allem, was wir haben».

Litauen: Prigoschins Schicksal ändert wenig an Sicherheitslage

Auch Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda verdächtigte den Kreml, Prigoschin ausgeschaltet zu haben. «Das zeigt, dass das Regime in die nächste Phase eintritt und diese Leute, wie man sie auch nennen mag, bereits gegeneinander kämpfen», sagte er litauischen Medienberichten zufolge bei einem Besuch in der Ukraine. Das habe aber keinen Einfluss auf die Sicherheitslage. «Der Tod von Prigoschin, wenn er tatsächlich bestätigt wird, ändert wenig», sagte er.

dpa