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Wahlwiederholung in Rumänien – Rechtspopulist ist Favorit

Liberale Rumänen bangen um die Demokratie: Favorit bei dieser Präsidentenwahl ist ein Politiker, der einen Kremlfreund an die Macht bringen will, dessen Kandidatur das Verfassungsgericht verboten hat.

Der Rechtspopulist George Simion von der Partei AUR gilt als Favorit bei der Präsidentenwahl in Rumänien. (Archivbild)
Foto: Andreea Alexandru/AP/dpa

Der Ausgang der rumänischen Präsidentenwahl im vergangenen Jahr war ein Schock für moderate Politiker und Wähler. „Völlig überraschend ging der rechtsextreme Kandidat und Kremlfreund Calin Georgescu als Sieger daraus hervor – dann wurde die erste Runde der Wahl aufgrund von Unregelmäßigkeiten annulliert.“ Nun wird die Abstimmung wiederholt. Wichtige Fragen und Antworten zur Wahl, ihrer Vorgeschichte und den Aussichten für das EU- und Nato-Land:

Warum wurde die erste Runde der Wahl im vorigen Jahr annulliert?

Bei dieser Wahl war der rechtsextreme Georgescu völlig überraschend auf Platz eins gekommen. Kein Meinungsforschungsinstitut hatte dies erwartet, nicht einmal die Nachwahl-Umfragen am Wahltag ließen auf das Ergebnis schließen. Georgescu hatte fast ausschließlich auf der Plattform Tiktok für sich geworben und danach behauptet, dafür «null» Geld dafür ausgegeben zu haben.

Ohne den Namen Georgescus zu erwähnen, stellte das Verfassungsgericht Rumäniens fest, dass es im gesamten Wahlprozess Gesetzesverstöße gegeben habe. Der Wahlkampf und die Finanzierung seien undurchsichtig verlaufen. Online-Wahlkampfmaterial sei nicht ordnungsgemäß als solches gekennzeichnet gewesen. Dies habe die Chancengleichheit der Kandidaten beeinträchtigt sowie das Recht der Bürger auf korrekte Information. Die Staatsanwaltschaft ermittelt mittlerweile auch in diesem Fall.

Das Verfassungsgericht hat später die erneute Präsidentenkandidatur von Georgescu verboten. Das Wahlbüro hatte dies damit begründet, dass Georgescu demokratische Grundwerte nicht anerkenne.

Ist Georgescu damit aus Rumäniens Politik verschwunden?

Nein. Und das liegt an dem Kandidaten, der nun bei der Wahlwiederholung laut Umfragen die besten Aussichten auf einen Erfolg hat: Rechtspopulist George Simion. Er wirbt mit Sympathiebekundungen für Georgescu und hat als Ziel erklärt, Georgescu im Falle seines Wahlsiegs «Gerechtigkeit» widerfahren zu lassen.

Simion schloss nicht aus, dass Georgescu ins Amt des Ministerpräsidenten geholfen werden könnte. In den letzten Monaten haben Simion und seine Anhänger fortwährend gefordert, dass die Annullierung der Wahl des letzten Jahres rückgängig gemacht wird, damit Georgescu antreten kann.

Der Präsident in Rumänien legt die Richtlinien der Außen- und Sicherheitspolitik fest, ist Oberbefehlshaber der Armee und beteiligt sich an der Kontrolle der Geheimdienste.

Ist Simion also auch ein Russlandfreund? 

Im EU-Parlament ist seine Partei AUR Mitglied der russlandkritischen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), in der auch die ultrarechte Partei von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni vertreten ist. Vor diesem Hintergrund hat Simion im vergangenen Jahr seinen zuvor allgemein radikaleren Ton gemäßigt.

Nach Ansicht von Beobachtern betrachtet Simion diese Zurückhaltung mittlerweile als Fehler, da er bei der Präsidentschaftswahl 2024 schlecht abschnitt. Sogar Simion und AUR waren überrascht von Georgescus Erfolg.

Wofür steht seine Partei sonst noch? 

AUR steht für eine ultra-nationalistische, antiliberale, autoritäre, pro-klerikale Politik. Russland dient dabei als Inspirationsquelle.

Vertreter von AUR und den daraus hervorgegangenen, ebenfalls im Parlament vertretenen kleineren Parteien S.O.S. Romania und POT bekundeten immer wieder ihre Sympathie für die rumänischen Faschisten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bekannt als «Legionäre». POT vertritt vor allem die jungen, gebildeten, beruflich erfolgreichen Rumänen und nennt als wichtigsten Programmpunkt die Unterstützung für Georgescu. 

Warum sind in Rumänien die radikalen Rechten erstarkt?

Simions Partei AUR wurde im Jahr 2019 gegründet und gewann an Stärke durch intensive Propaganda gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, unterstützt von zahlreichen Würdenträgern der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, zu der sich mehr als 80 Prozent der Rumänen bekennen. Im Dezember 2020 gelang ihr bereits der Einzug ins Parlament.

Womit hat Georgescu seine Anhänger begeistert?

Bis Herbst 2024 war Georgescu kaum bekannt. Er präsentierte eine Mischung aus extremem Nationalismus, Faschismus, Esoterik und Öko-Gedanken, die sich an ein vielfältiges Publikum richtete. Obwohl er kein Volkstribun in vollen Sälen oder Stadien war, wirkte er sichtlich unwohl im direkten Kontakt mit Menschenmassen. Meist sprach er online per Video aus seinem Wohnzimmer oder gelegentlich in Studios von ihm wohlgesinnten TV-Sendern.

Simion scheint diese Strategie zuletzt auch übernommen zu haben. An den letzten drei großen TV-Debatten mit den Präsidentschaftskandidaten auf demokratischen Sendern mit großer Reichweite nahm er demonstrativ nicht teil – mit der Begründung, dass solche Auftritte nur Georgescu zustünden. Stattdessen schickte Simion personalisierte Briefe an Millionen Rentner.

Georgescu hat keine Informationen darüber preisgegeben, welchen Präsidentschaftskandidaten er unterstützt.

Wer sind Simions wichtigste Gegenkandidaten?

Es wird erwartet, dass kein Kandidat im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit erhält, weshalb die Entscheidung voraussichtlich in einer Stichwahl am 18. Mai getroffen wird.

Crin Antonescu, der von 2009 bis 2014 Präsident der Nationalliberalen Partei (PNL) war, könnte in die Stichwahl mit Simion kommen. Er kandidiert für die PNL und die sozialdemokratische PSD, die gemeinsam in Bukarest regieren. PNL ist Teil der europäischen EVP, wie die deutschen Unionsparteien. Antonescu war ein entschiedener Gegner des Antikorruptionskurses des ehemaligen Präsidenten Traian Basescu (2004-2014), vertritt manchmal rechtspopulistische Positionen und hat Sympathien für US-Präsident Donald Trump. Ihm wird vorgeworfen, dass er in den letzten zehn Jahren ohne berufliche oder politische Tätigkeit mit seiner Frau, der ehemaligen EU-Kommissarin Adina Valean, in Brüssel gelebt hat.

Der parteilose Bürgermeister von Bukarest, Nicusor Dan, hat auch Chancen. Er gründete die grün-konservative Partei USR, trat jedoch wegen ihrer zu liberalen Haltung zu nicht-heterosexuellen Lebensformen aus. Es wurde kritisiert, dass einer seiner Berater pro-russische Ansichten vertritt – Dan hat sich von diesen Positionen distanziert.

Eine Endrunde mit dem parteilosen Victor Ponta, Vorsitzender der Sozialdemokraten von 2010 bis 2015, ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Ponta rühmt sich guter Beziehungen zu Trump und gilt politisch als unberechenbar.

dpa