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Israel und Hisbollah einigen sich auf vorläufiges Ende des Kriegs

Zehntausende hoffen auf Rückkehr in ihre Heimat und ein Ende der Gewalt. Vereinbarung basiert auf UN-Resolution 1701 und beinhaltet Überwachung durch Staatengruppe.

Mit einer Vereinbarung wollen Israel und die Hisbollah ihre gegenseitigen Angriffe für zunächst 60 Tage einstellen.
Foto: Leo Correa/AP

In den letzten Tagen haben sich die gegenseitigen Angriffe zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Hisbollah-Miliz erneut verschärft. Am Mittwochvormittag soll eine Vereinbarung in Kraft treten, die möglicherweise das vorläufige Ende des Krieges markiert. Zehntausende in beiden Ländern hoffen auf die Rückkehr in ihre Heimat und ein Ende der Gewalt.

“Questions and answers about the agreement:”

Was sieht das Abkommen genau vor?

Gemäß Berichten der vergangenen Tage basiert die Vereinbarung auf der bedeutenden UN-Resolution 1701, die den Krieg 2006 zwischen Israel und der Hisbollah beenden sollte, jedoch nie vollständig umgesetzt wurde. Zu den wichtigsten Punkten zählen:

  • ein Ende der Feindseligkeiten für zunächst 60 Tage
  • ein Rückzug der Hisbollah-Kämpfer bis zum Litani-Fluss etwa 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen Grenze 
  • die Stationierung von insgesamt 10.000 Soldaten der libanesischen Armee im Grenzgebiet – 5.000 sind schon jetzt dort
  • ein schrittweiser Abzug der israelischen Bodentruppen aus dem Libanon 
  • Schritte, um zu verhindern, dass die Hisbollah sich wieder bewaffnet

Wer soll die Einhaltung des Abkommens überwachen?

Eine Staatengruppe unter Führung der USA zusammen mit Frankreich, dem Libanon, Israel und der UN-Friedenstruppe Unifil, so berichten es israelische Medien. Unifil ist bereits mit rund 10.000 Blauhelmen im Land stationiert, scheiterte aber wiederholt daran, das Grenzgebiet zu überwachen. Mit der neuen Aufsicht verbindet sich die Hoffnung, dass die genannten Punkte künftig strenger durchgesetzt werden, womöglich durch Sanktionen bei Verstößen. Bei der Umsetzung gebe es aber noch viele offene Fragen, sagt der libanesische Nahost-Experten Riad Chawahdschi der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben die großen Themen der Einigung, aber keine Details.» 

Welche Bedeutung hat die Einigung für den Libanon und Israel?

In beiden Ländern warten Tausende darauf, nach einem Ende der Kämpfe in ihre Wohnorte zurückzukehren. Im Libanon wurden etwa 800.000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben, während Hunderttausende über die Grenze nach Syrien geflohen sind. Die Menschen im Libanon hoffen auf bessere Tage angesichts einer schweren humanitären Krise als Folge des Krieges. Die Hisbollah habe nach schweren Rückschlägen der vergangenen Wochen unterdessen keine andere Wahl, als der Waffenruhe zuzustimmen, sagt Experte Chawahdschi.

In Israel dürfte Erleichterung herrschen, wenn der schwere Beschuss mit Raketen aus dem Libanon endet. Schätzungsweise 60.000 Israelis mussten deshalb aus dem Norden evakuiert werden, die nun – sofern die Waffenruhe hält – in ihre Wohngebiete zurückkehren können. Deren Rückkehr hatte Israel zu einem der Kriegsziele im Konflikt mit der Hisbollah erklärt.

Es gibt aber auch kritische Stimmen: Koalitionspartner der israelischen Regierung waren gegen den Deal. Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sprach von einem «schweren Fehler» und sagte, Israel verpasse eine historische Gelegenheit, die geschwächte Miliz zu zerschlagen. Zum Schluss wich er aber von seiner Drohung ab, im Falle einer Waffenruhe aus der Regierung auszutreten und damit die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu gefährden. 

Welche Risiken gibt es?

Im langjährigen Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah wird es auch dieses Mal eine große Herausforderung sein, ein dauerhaftes Ende der Kämpfe zu erreichen. Nach intensivem gegenseitigem Beschuss über mehr als ein Jahr und verheerenden israelischen Angriffen im Libanon herrscht auf beiden Seiten Skepsis. 60 Tage für den Rückzug der israelischen Bodentruppen – also etwa zwei Monate – bieten viel Raum für Fehler, Verstöße oder Streitigkeiten über Details zur Umsetzung.

Laut Berichten der Medien hat sich Israel abgesichert, um sich vor erneutem Beschuss durch die Hisbollah zu schützen und militärisch die Oberhand zu behalten, indem es die Unterstützung der USA sicherte. Die scheidende Regierung von US-Präsident Joe Biden hat zugesagt, Israel bei weiteren militärischen Einsätzen gegen die Miliz zu unterstützen, falls diese die Vereinbarung nicht einhalten sollte. Sollten die libanesische Armee und die UN-Mission Unifil nicht eingreifen, hätte Israel die Unterstützung der USA für weitere Angriffe. Dieser Brief ist jedoch nicht Bestandteil der Vereinbarung zwischen Israel und der Hisbollah.

Gibt es nun Frieden in der gesamten Region?

Nein. Der Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen, der an den Süden Israels grenzt, dauert an. Der Auslöser war der beispiellose Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel. Die Hisbollah griff zur Unterstützung der Hamas wiederum Israel an. Durch die Vereinbarung hat sie ihren Konflikt mit Israel nun vom Krieg in Gaza getrennt. Zuvor hatte die Miliz noch betont, dass eine Waffenruhe erst bei einem Ende des Gaza-Kriegs eintreten würde.

Die unabhängige Einigung der Hamas bedeutet hauptsächlich eine vorläufige und indirekte Vereinbarung zwischen Israel und dem Iran, dem wichtigsten Unterstützer der Hisbollah. Der Konflikt zwischen den beiden Erzfeinden ist jedoch keineswegs gelöst. Es ist unklar, wie sich Israel gegenüber der Hisbollah und der Region insgesamt nach Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump im Januar verhalten wird. Das Ende der 60-Tage-Frist des ausgehandelten Abkommens wird in seine Amtszeit fallen. Die Entwicklung der Situation danach kann nur vermutet werden.

dpa