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Was bei der US-Wahl auf dem Spiel steht

In einem sind sich Donald Trump und Kamala Harris einig: Diese Präsidentschaftswahl sei die bedeutsamste und folgenreichste Abstimmung seit Jahrzehnten. Tatsächlich geht es um enorm viel.

Die Frage, ob der Republikaner Donald Trump oder Demokratin Kamala Harris als Nächstes ins Oval Office im Weißen Haus einzieht, hat nicht nur große Bedeutung für das Land, sondern auch für die Welt. (Archivbild)
Foto: Evan Vucci/AP/dpa

In Amerika steht die Wahl zwischen Donald Trump oder Kamala Harris an. Die Entscheidung darüber, ob der Republikaner oder die Demokratin als nächstes ins Oval Office im Weißen Haus einzieht, ist von großer Bedeutung für das Land und die Welt. Während des US-Wahlkampfes mit Show und Folklore zwischen Pommes, Stars und kleinen Skandalen, wird manchmal übersehen, was bei dieser Abstimmung alles auf dem Spiel steht.

Die amerikanische Demokratie

2020 brachte Trump die Demokratie und das Verfassungsgefüge der USA an den Rand des Zusammenbruchs. Nur knapp hielt das System damals stand, als der Republikaner das Ergebnis einer fairen und freien Wahl anzweifelte und mit aller Macht umzukehren versuchte. All das gipfelte in einer gewaltsamen Attacke von Trump-Anhängern auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 – ein beispielloser Angriff auf das Herzstück der amerikanischen Demokratie.

Auch dieses Mal verbreitet Trump erneut unbegründete Behauptungen, dass die Demokraten ihm einen Sieg durch Betrug nehmen könnten. Es deutet sich erneut an, dass Trump eine mögliche Niederlage nicht akzeptieren würde und versuchen könnte, einen friedlichen Machtwechsel von Biden zu Harris zu verhindern. Und: In den vergangenen Jahren haben Trump-Anhänger viele unauffällige Positionen eingenommen, die für die Zertifizierung der Wahlergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten wichtig sind. Sollte Trump erneut zum Widerstand gegen eine mögliche Wahlniederlage aufrufen, könnte diesmal erfolgreicher sein als zuvor.

https://x.com/politico/status/1732251909455561214?lang=de

Und falls Trump gewinnen sollte? Er kokettiert damit, er wolle «Diktator nur an Tag eins» einer neuen Amtszeit sein. Tatsächlich könnten die USA unter ihm autokratische Züge bekommen. Trump hat im Wahlkampf vielfach damit gedroht, im Fall eines Wahlsieges gegen politische Gegner vorzugehen, Sonderermittler gegen sie einzusetzen, sie anzuklagen und gar ins Gefängnis zu bringen – etwa hochrangige Demokraten oder Journalisten. Medien bezeichnet er regelmäßig als «Feinde des Volkes» und will unliebsamen Sendern die Lizenz entziehen. Gerade erst provozierte er mit einer öffentlichen Gewaltfantasie über eine seiner größten parteiinternen Kritikerinnen. Und zuletzt sprach er sich sogar dafür aus, das Militär gegen «Feinde im Innern» einzusetzen – nämlich gegen «linksradikale Irre», und nannte als Beispiel prominente Demokraten.

https://x.com/FoxNews/status/1845546655442989167

Aus Sorge über die Äußerung zum Militäreinsatz im Inneren gab Trumps ehemaliger Stabschef John Kelly öffentlich preis, der Republikaner habe sich in seiner Amtszeit mehrfach positiv über Hitler geäußert und in einer Unterhaltung gesagt, er wünsche sich so loyale Militärs wie «Hitlers Generäle». Trumps Team wies die Darstellung vehement zurück. 

Der innere Frieden in den USA

Die politische Stimmung in den USA ist extrem angespannt. Diese Wahl ist die erste Präsidentschaftswahl seit den dramatischen Ereignissen vor vier Jahren. Es gibt Befürchtungen und interne Warnungen der Sicherheitsbehörden, dass es erneut zu Gewalt kommen könnte: zu Unruhen, eskalierenden Protesten und gezielten Störaktionen gewaltbereiter Extremisten.

Die Situation ist bereits eskaliert: Mitte Juli schoss ein Mann bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania von einem nahegelegenen Dach auf Trump und verletzte den Republikaner am Ohr. Der Täter wurde von Sicherheitskräften erschossen, ein Besucher starb. Der Secret Service geht außerdem davon aus, kurze Zeit später ein weiteres Attentat auf Trump in Florida vereitelt zu haben. Das zeigt, wie brenzlig die Lage ist – in alle Richtungen.

Trump selbst zündelt derweil weiter, warnt in gleicher Manier wie 2020 vor angeblichem Wahlbetrug und wiegelt seine Anhänger so seit Monaten auf. Im Frühling provozierte er mit Äußerungen bei einem Wahlkampfauftritt in Ohio. Der Ex-Präsident sprach darüber, wie er den Verkauf chinesischer Autos auf dem US-Markt erschweren wolle. Dann sagte Trump plötzlich: «Wenn ich nicht gewählt werde, wird es ein Blutbad geben.» 

Die Aufregung war enorm. Trumps Team versuchte, die Situation herunterzuspielen und bemängelte, dass das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Das Muster ist bekannt: Trump provoziert gezielt, gefolgt von der Behauptung aus seinem Umfeld, es sei nur ein Scherz gewesen oder anders gemeint. In Umfragen äußerten zuletzt viele Amerikaner – besonders in den umkämpften Bundesstaaten – Bedenken, dass es nach dem Wahltag zu politischer Gewalt kommen könnte.

Die Zukunft der Ukraine und die Sicherheit Europas

Auch international ist viel im Gange. Während seiner Amtszeit wandte sich Trump vielen internationalen Verbündeten ab, suchte die Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin und anderen Autokraten und drohte der Nato mit dem Austritt der USA. Der Republikaner behauptet, er könne den Ukraine-Krieg noch vor seiner Vereidigung innerhalb von 24 Stunden beenden – auch dank seiner guten Kontakte zu Putin. Es ist daher anzunehmen, dass die Ukraine gemäß Trumps Vorstellung im Falle eines Deals Teile ihres Territoriums abtreten müsste. Gleichzeitig deutet Trump an, dass er im Falle einer Wiederwahl die Unterstützung für Kiew drastisch reduzieren oder ganz einstellen würde – und er hat angedeutet, Putin in seiner Nachbarschaft freie Hand zu lassen.

https://x.com/fox5ny/status/1756718513111142400

Im Wahlkampf sagte Trump, der «Präsident eines großen Landes» habe ihn mal gefragt, ob die USA dieses Land auch dann noch vor Russland beschützen würden, wenn es seine Verteidigungsausgaben nicht zahle. Er habe geantwortet: «Nein, ich würde Euch nicht beschützen.» Vielmehr noch: Er würde Russland «sogar dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen». Ein Scherz? Aus dem Kontext gerissen? Jedenfalls haben solche Aussagen das Zeug dazu, dass einige in der Ukraine noch mehr um die Zukunft ihres Landes bangen und einige in Europa um die Sicherheit ihres Kontinents. Denn ohne die Hilfe der USA könnte sich kaum ein Land gegen einen mächtigen Gegner wie Russland wehren. 

Die Weltordnung

Falls die Grundfesten der amerikanischen Demokratie im Inland ins Wanken geraten würden, könnte dies die Position der USA in der Welt langfristig beeinträchtigen. Wenn Amerika sich in einer zweiten Amtszeit unter Trump nicht mehr verpflichtet fühlen würde, die Freiheit gegen Eroberungszüge wie den von Russland zu verteidigen, könnte dies auch das Gleichgewicht in der internationalen Ordnung beeinflussen. Wer würde das entstehende Vakuum füllen? Was würde passieren, wenn Putin sich tatsächlich ermutigt fühlen würde, anderswo einzumarschieren? Was, wenn andere Länder dem Beispiel Russlands folgen würden – zum Beispiel, wenn China seine Drohungen wahr machen und Taiwan annektieren würde?

Trump war bereits vier Jahre lang an der Macht, ohne dass die Demokratie in den USA und die Welt als Ganzes in den Abgrund gestürzt ist. Seitdem hat sich jedoch viel verändert. Trump ist noch extremer geworden. Viele gemäßigte Republikaner haben sich von ihm abgewandt. In einer weiteren Amtszeit würde er wahrscheinlich weit weniger gemäßigte Kräfte um sich haben, sondern radikale Konservative, die ihn in extremen Positionen nur bestärken würden.

dpa