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Was der Bundestag vor der Neuwahl noch beschließen will

Das Parlament kommt vor der Wahl im Februar noch mehrmals zusammen – und könnte noch Gesetze auf den Weg bringen. Doch was findet jetzt noch eine Mehrheit?

Auch wenn die Regierung geplatzt ist: Der Bundestag kann bis zur Neuwahl noch Gesetze beschließen. (Archivbild)
Foto: Anna Ross/dpa

Die Ampel-Koalition ist Vergangenheit, Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Vertrauen des Parlaments verloren. Trotzdem kann der Bundestag bis zu einer Neuwahl voraussichtlich im Februar noch Gesetze beschließen – wenn sich eine Mehrheit findet. Dafür ist die Minderheitsregierung von SPD und Grünen auf Hilfe aus der Opposition angewiesen. Bei einigen Vorhaben könnte das trotz der schwierigen Lage noch klappen – allen voran bei Entlastungen für Steuerzahler und Familien.

Gemäß dem Sitzungskalender wird der Bundestag vor dem geplanten Wahltermin am 23. Februar noch für zweieinhalb Sitzungswochen zusammenkommen: Diese Woche, Ende Januar sowie am 10. und 11. Februar. Für diese größeren Gesetze und Vorhaben deutet sich noch ein Beschluss an.

Kindergeld und Kalte Progression

Am Donnerstag steht die Abstimmung über den Gesetzentwurf an. Die ehemaligen Ampelpartner SPD, Grüne und FDP sowie nun auch die Union planen gemeinsam Entlastungen für Familien und Steuerzahler. Ab Januar soll das Kindergeld um fünf Euro monatlich auf 255 Euro erhöht werden, ebenso wird der Kinderfreibetrag angehoben. Auch der Kindersofortzuschlag für Familien mit geringem Einkommen soll um fünf Euro auf 25 Euro steigen.

Zusätzlich wird angestrebt, den Einfluss der Inflation auf die Einkommensteuer auszugleichen. Dafür sollen alle Eckwerte im Steuertarif mit Ausnahme des Reichensteuersatzes verschoben werden, sodass höhere Steuersätze erst zu einem späteren Zeitpunkt greifen. Dies beinhaltet unter anderem eine Anhebung des Grundfreibetrags, also des Teils des Einkommens, der nicht besteuert wird. Der Entwurf sieht für das Jahr 2025 eine Erhöhung um 312 Euro auf dann 12.096 Euro vor. Im Jahr 2026 soll dieser weiter steigen. Ebenso wird die Freigrenze für den Solidaritätszuschlag angepasst.

Um sicherzustellen, dass die Entlastungen tatsächlich eintreten, ist die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Da die Länder aufgrund der Steuerentlastung Einnahmeverluste erleiden würden, ist ihre Zustimmung keineswegs sicher. Trotzdem werden die Entlastungen im Januar wahrscheinlich noch nicht im Geldbeutel zu spüren sein, da die Verwaltung einige Zeit benötigt, um sie umzusetzen.

Verfassungsgericht

Noch vor dem Ende der Ampel-Koalition hatten sich SPD, Grüne, FDP und die Union auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der das Bundesverfassungsgericht widerstandsfähiger machen soll gegen Einflussnahme und Blockade durch Verfassungsfeinde. Darüber wird nun ebenfalls am Donnerstag abgestimmt. Kern des Reformvorhabens ist, dass bestimmte Regeln künftig nicht mehr mit einfacher Mehrheit geändert werden können.

Die Initiatoren wiesen darauf hin, dass in Polen und Ungarn Feinde der Demokratie eine Parlamentsmehrheit nutzen könnten, um das Verfassungsgericht zu beeinflussen. Das Bundesverfassungsgericht überwacht die Einhaltung des Grundgesetzes.

Die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze von 68 Jahren sollen im Grundgesetz verankert werden, um Änderungen nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu ermöglichen. Es soll auch festgelegt werden, dass es 16 Richter und zwei Senate gibt. Um die Arbeitsfähigkeit des Gerichts zu gewährleisten, soll im Grundgesetz stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers fortsetzt.

Deutschlandticket

Zur finanziellen Absicherung des beliebten Deutschlandtickets im Nahverkehr im kommenden Jahr soll das Regionalisierungsgesetz geändert werden. Im Kern geht es um die Übertragbarkeit von Restmitteln aus staatlichen Zuschüssen auf Folgejahre. SPD, Grüne und Union einigten sich auf die Änderung. Wie es langfristig mit dem Ticket weitergeht, ist offen. Nur noch für das kommende Jahr sind Bundesmittel festgeschrieben. Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sagte: «Was nach 2025 passiert, muss die neue Bundesregierung gemeinsam mit der neuen Koalition entscheiden.»

Schutz vor häuslicher Gewalt

Familienministerin Lisa Paus wirbt eindringlich für ein Gesetz, das Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen und im Notfall einen Rechtsanspruch auf Hilfe und Schutz garantieren soll. «Ich bitte die Union herzlich darum, das Gewalthilfegesetz im Bundestag ernsthaft zu beraten, gern noch besser zu machen, aber noch vor den Neuwahlen zu beschließen», sagte die Grünen-Politikerin der dpa. Auf Unionsseite stellt Fraktionsvize Andrea Lindholz klare Bedingungen: Unter anderem solle der Schutz in Frauenhäusern nicht für Transfrauen gelten. Der Regierungsentwurf nimmt aber ausdrücklich Bezug darauf, dass auch Transfrauen unter den Begriff «Frau» fallen würden. 

Ein weiteres Problem: Die Union besteht darauf, dass Gewalttäter elektronische Fußfesseln tragen. Es gibt zwar einen Vorschlag aus dem Justizministerium. Ob dieser Entwurf, der noch nicht einmal das Kabinett passiert hat, noch vor der Neuwahl zum Gesetz werden kann, ist jedoch fraglich.

CO2-Speichergesetz

Union und FDP haben signalisiert, dass sie einem Gesetzentwurf zur unterirdischen Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) zustimmen. Das Gesetz sieht vor, größere Mengen eingefangenes CO2 in einem unterirdischen Speicher zu lagern, um die Klimaziele zu erreichen. Dies soll hauptsächlich in der Nordsee geschehen, um schwer vermeidbare Emissionen in der Kalk- und Zementproduktion zu reduzieren.

Bundeswehrmandate

Vier Auslandseinsätze der Bundeswehr sollen vorzeitig verlängert werden. Die deutsche Beteiligung an der durch die Europäische Union geführten Operation Eunavfor Aspides sowie an der UN-Mission UNMISS im Südsudan soll bis zum 31. Oktober 2025 fortgesetzt werden. Die Entsendung deutscher Soldaten für die von der Nato geführte maritime Sicherheitsoperation Sea Guardian sowie für die EU-geführte Operation Eunavfor Med Irini im zentralen Mittelmeer soll bis zum 30. November 2025 verlängert werden. Es wird erwartet, dass die Union zustimmt.

dpa