Wer US-Präsident werden will, muss die Mehrheit der 538 Wahlleute hinter sich bringen. Doch was, wenn wider Erwarten am Ende Gleichstand von 269 zu 269 zwischen Trump und Harris herrscht?
Was ist, wenn weder Harris noch Trump die Mehrheit holt?
Am Dienstag soll die US-Wahl entscheiden, ob Kamala Harris oder Donald Trump ins Weiße Haus einzieht. Die eigentliche Abstimmung liegt beim Wahlkollegium, das aus insgesamt 538 Wahlleuten aus allen Bundesstaaten besteht. Der Präsident oder die Präsidentin wird, wer mindestens 270 dieser Stimmen erhält.
Im äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass sowohl Trump als auch Harris genau 269 Stimmen erhalten, wird die Entscheidung ins US-Repräsentantenhaus verlagert, der zweiten Kammer des US-Kongresses neben dem Senat, wie in der US-Verfassung vorgesehen.
Jeder Bundesstaat hat eine Stimme
Im Repräsentantenhaus versammeln sich 435 Abgeordnete aus den Bundesstaaten entsprechend ihrer jeweiligen Bevölkerungsgröße, zum Beispiel 1 Abgeordnete aus Alabama oder 52 aus Kalifornien. Bei einer Präsidentenwahl müssen alle Vertreter eines der 50 Staaten einen Kandidaten unterstützen. Das bedeutet, dass der Präsident oder die Präsidentin gewählt wird, wer 26 Delegationen für sich gewinnt.
Dabei hätten die Republikaner um Trump aktuell einen Vorteil: Derzeit kontrollieren sie 26 sogenannte Delegationen, die Demokraten um Harris 22. In zwei Staaten (Minnesota und North Carolina) hält es sich die Waage. Doch am Dienstag werden auch alle Sitze des Repräsentantenhauses neu gewählt. Nach einer Analyse des Portals «538» des US-Senders ABC könnte sich der Vorsprung des Trump-Lagers dann sogar noch vergrößern.
Senat bestimmt zugleich Vizepräsidenten
Falls die Wahlmänner und -frauen unentschieden sind, würde ein ähnlicher Prozess bestimmen, wer Vizepräsident wird – entweder der Demokrat Tim Walz oder der Republikaner J.D. Vance. Die Entscheidung liegt jedoch beim US-Senat. Jeder der 100 Senatoren hat eine Stimme. Der Kandidat, der 51 Stimmen erhält, gewinnt. Da die Abstimmungen im Repräsentantenhaus und im Senat unabhängig voneinander sind, ist es theoretisch möglich, dass am Ende Präsident und Vizepräsident verschiedenen politischen Parteien angehören.
Gemäß den aktuellen Regeln gab es nur einmal ein solches Szenario für das Amt des Präsidenten: Bei der Wahl 1824 erreichte keiner der vier Kandidaten die Mehrheit der damaligen 131 von 261 Stimmen im Electoral College. Das Repräsentantenhaus musste dann zwischen den drei Bestplatzierten entscheiden. Der damalige Außenminister John Quincy Adams gewann im Februar 1825 die Mehrheit von 13 Delegationen und wurde der sechste US-Präsident.