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Der steile Aufstieg von Friedrich Merz zum Kanzlerkandidaten

Merz kämpfte sich zäh und zielstrebig an die politische Spitze zurück, nachdem er lange als abgeschrieben galt.

CDU-Chef Friedrich Merz soll heute im Bundestag zum Kanzler gewählt werden.
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Für Friedrich Merz wird es wahrscheinlich der größte Triumph seiner politischen Laufbahn sein: Wenn heute alles wie erwartet verläuft, wird er die Union nach nur etwa dreieinhalb Jahren in der Opposition als Kanzler zurück an die Macht führen. Obwohl der 69-Jährige lange Zeit politisch abgeschrieben war und sich zwischenzeitlich für eine Karriere in der Wirtschaft entschieden hatte, kämpfte sich der Sauerländer hartnäckig und zielstrebig an die politische Spitze zurück.

Nachdem Angela Merkel, die damalige CDU-Chefin, ihn 2002 als Unionsfraktionschef verdrängt hatte, arbeitete Merz unter anderem für das US-Investmentunternehmen Blackrock und erwarb Wirtschaftskompetenz. Erst im dritten Anlauf und 20 Jahre später wurde er nach dem Rückzug von Merkel CDU-Chef und Vorsitzender der Unionsfraktion.

Es gibt einige wichtige Informationen, die man über Merz wissen sollte:

Sauerländer, Jurist, Wertkonservativer

Geboren am 11. November 1955 in Brilon im Sauerland, wurde Merz 1985 zunächst Richter und kurz darauf als Rechtsanwalt tätig. Im Jahr 1989 zog er ins Europaparlament nach Straßburg ein und wurde 1994 als Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Hochsauerland gewählt.

Merz zeigte früh seine Position als Wertkonservativer. Als talentierter Redner wurde er schnell als Hoffnungsträger angesehen, inhaltlich profilierte er sich als Finanzexperte. Im Februar 2000 wurde er – auf dem Höhepunkt des CDU-Parteispendenskandals – mit 96 Prozent zum Nachfolger von Wolfgang Schäuble zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gewählt.

Merz hat den umstrittenen Begriff von der «deutschen Leitkultur» geprägt. Im Oktober 2003 präsentierte er Eckpunkte einer radikalen Steuerreform, die mit drei Stufen auf einem Bierdeckel erklärbar sein sollte. «Der Bierdeckel ist tot. Vergessen Sie den Bierdeckel», sagt Merz heute.

Die größte Niederlage

Merz hat es wahrscheinlich bis heute nicht überwunden, dass Angela Merkel ihn 2002 als Unionsfraktionschef und Oppositionsführer im Bundestag verdrängt hat. Bis 2009 war er im Bundestag tätig, danach zog er sich aus der Politik zurück. Er war als Anwalt tätig, saß in den Aufsichtsräten mehrerer Unternehmen und war Leiter der deutschen Niederlassung des US-Investmentunternehmens Blackrock.

Vom Polarisierer zum Versöhner

Merz wurde in der CDU lange als Polarisierer angesehen. Trotzdem wird ihm heute von seinen eigenen Leuten bescheinigt, dass er die CDU nach dem Machtverlust 2021 wieder vereint hat. Das gestörte Verhältnis zur CSU während Merkels Amtszeit hat er durch einen harten Kurs in der Migrationspolitik verbessert.

Merz kann jedoch weiterhin politische Gegner mit polarisierenden Aussagen verärgern. Dies zeigte sich beispielsweise im Wahlkampf, als er es im Bundestag in der Migrationsdebatte zuließ, dass die AfD einem Unionsantrag zur Mehrheit verhalf.

Der Familienmensch 

Merz stammt aus einer Familie von Juristen, er ist mit einer Richterin verheiratet. Das Paar lebt in Arnsberg im Hochsauerland. Merz hat bereits angekündigt, dass er seinen Hauptwohnsitz dort auch als Kanzler behalten wird. Charlotte Merz leitet das Amtsgericht Arnsberg. Das Paar hat drei erwachsene Kinder, einen Sohn und zwei Töchter, sowie sieben Enkelkinder. Merz wird als Familienmensch angesehen. Letzten Sommer diskutierte Merz im Kreis der Familie darüber, ob sie sich den Anforderungen des Kanzleramts stellen wollen.

Auf die Frage der «Bild»-Zeitung, ob er schon ein Kinderspielzimmer im Kanzleramt in Auftrag gegeben habe, sagte Merz Mitte April: «Nein, und die Familie wird auch draußen bleiben, im wörtlichen Sinne.» Er ergänzte, «die Familie soll von diesem Amt möglichst wenig betroffen sein». Charlotte Merz hatte im Wahlkampf gesagt, sie und ihr Mann unterstützten sich gegenseitig. «Letztendlich ist die Kraftquelle die Homebase im Sauerland.» 

Im Februar verteidigte Charlotte Merz ihren Mann, dem von Kritikern ein konservatives Frauen- und Familienbild nachgesagt wird. Als Paar hätten sie auch das Familien- und Eheleben gleichberechtigt organisiert, sagte sie der «Westfalenpost». Ihr Mann habe sie «immer komplett unterstützt, weil er es selbstverständlich und richtig fand, dass ich gearbeitet habe.»

Pilot aus Leidenschaft

Merz besitzt ein zweimotoriges Propellerflugzeug und ist bekannt als leidenschaftlicher Pilot. Schon früh strebte er den Flugschein an, jedoch untersagten ihm die Eltern dies aufgrund seiner schlechten Schulnoten.

«Fliegen war schon immer der Traum meiner Jugend. Wenn man durch die Wolkendecke stößt, den blauen Himmel sieht und die Motoren friedlich vor sich hinlaufen – das ist für mich eine große Freude», sagte Merz im Sommer 2022 der «Bunten». Kurz zuvor war er gemeinsam mit seiner Frau mit seinem Flugzeug zur Hochzeit des damaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP) nach Sylt geflogen. Was öffentlich auch auf Kritik stieß.

Die Diamond DA62 aus österreichischer Produktion von Merz kostet mit guter Ausstattung etwa eine Million Euro. Die Kennung des Flugzeugs lautet D-IAFM – ein Wunschkennzeichen. Ob Merz auch als Kanzler als Privatpilot ans Steuer darf, war zuletzt noch offen. In der ARD-Sendung «Caren Miosga» hatte er Mitte April gesagt, eine Fluglizenz sei jüngst für ein Jahr verlängert worden.

dpa