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Was wollen Union, SPD und Grüne?

Nach der Vertrauensfrage geht es Schlag auf Schlag. Union, SPD und Grüne präsentieren, womit sie bei den Menschen punkten wollen. Deutlich werden Unterschiede – und Schnittmengen.

Friedrich Merz will die Programmatik der Union vorstellen (Foto: Archiv).
Foto: Thomas Banneyer/dpa

Am Tag nach der Vertrauensfrage liegt der Fokus auf hochemotionalen Themen wie Ausländer, Steuern, Wirtschaft und Waffenlieferungen. Union, SPD und Grüne präsentieren in Berlin ihre Programme für die bevorstehende Bundestagswahl. Der 23. Februar als Wahltermin gilt als sicher, auch wenn die Festlegung der Wahl noch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier liegt.

Die Kandidaten sollen in Berlin die Schwerpunkte der Entwürfe hervorheben. In dieser Reihenfolge werden nacheinander an verschiedenen Orten auftreten wollen – unter anderem Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck, CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sowie der SPD-Kanzlerkandidat und amtierende Kanzler Olaf Scholz. Sie werden jeweils von weiteren Spitzenpolitikern und -politikerinnen begleitet.

Die Schwerpunkte unterscheiden sich inhaltlich – von dem Versprechen niedrigerer Stromsteuern und Netzentgelte bei der Union bis zu Maßnahmen für wirtschaftlichen Aufschwung und bezahlbares Leben bei der SPD. Die Grünen legen den Fokus auf die sozialverträgliche Ausgestaltung des Klimaschutzes. Der Kurs von Scholz und Merz in der Ukraine-Politik ist stark unterschiedlich.

Steuern/Schuldenbremse

Alle drei politischen Kräfte versprechen Entlastungen. Die SPD für 95 Prozent aller Steuerzahler – ohne jedoch Details zu nennen. CDU und CSU beabsichtigen, den Einkommensteuertarif schrittweise zu senken. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst bei höheren Einkommen greifen. Die Grünen fordern einen höheren Grundfreibetrag, bis zu dem keine Einkommensteuer anfällt. SPD und Grüne planen, Menschen mit hohen Vermögen stärker zur Kasse zu bitten.

Die Union plant, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Die SPD möchte ihn für die Reicheren beibehalten, während die Grünen vorschlagen, ihn in die Einkommensteuer zu integrieren. Die SPD verspricht eine niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel, während die Union dies für Speisen in der Gastronomie vorsieht. In Bezug auf die Schuldenbremse sind sich SPD und Grüne ähnlich: Die Union möchte daran festhalten, während die SPD Ausnahmen für Investitionen einführen will und die Grünen solche ermöglichen möchten.

Soziales/Rente

Mindestlohn 15 Euro: Das wollen SPD und Grüne – die einen 2026, die anderen ein Jahr früher. Bei beiden zielen einige Punkte auf die Stärkung von Beschäftigten ab – etwa das Aus für Befristungen von Arbeitsverträgen ohne sachliche Gründe bei der SPD oder die Eindämmung entsprechender Jobs bei den Grünen. CDU/CSU wollen dagegen mit Ideen für «die Fleißigen» punkten – etwa steuerfreie Überstundenzuschläge. «Wer freiwillig mehr arbeiten will, soll mehr Netto vom Brutto haben», heißt es in ihrem Entwurf.

Den Namen «Bürgergeld» wollen Friedrich Merz und sein Parteienbündnis abschaffen – ihre «Neue Grundsicherung» soll Vermittlung in Jobs viel stärker ins Zentrum rücken. Mehr Arbeitsanreize soll es geben. Streng heißt es bei der Union: «Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, (…) muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden.» Am Renteneintrittsalter, wie es bisher geregelt ist, halten alle drei Parteien fest. Die Union will ein stabiles Rentenniveau und weiter steigende Bezüge.

Rente ist für SPD und Grüne ein wichtiges Thema. Beide Parteien streben an, das Rentenniveau bei 48 Prozent zu halten. Die Grünen schlagen außerdem die Einführung eines Bürgerfonds vor: Mit Darlehen und Bundesmitteln soll nachhaltig und klimaverträglich in europäische und deutsche Unternehmen investiert werden. Die Gewinne sollen verwendet werden, um niedrigere und mittlere Renten zu stärken. Dies erinnert ein wenig an das Generationenkapital der gescheiterten Ampel-Rentenreform. Die Gewinne waren damals jedoch dazu gedacht, den erwarteten starken Anstieg der Rentenbeiträge in den kommenden Jahren abzufedern.

Wirtschaft/Konjunktur

«Leistung muss sich wieder lohnen», heißt es bei der Union. Flexiblere Regeln, Vereinfachungen, weniger Bürokratie sollen Deutschland wieder flotter machen. Als «Schutzschirm für unsere Wirtschaft» kündigt die Union unter anderem Instrumente gegen Subventionen an, die den globalen Wettbewerb verzerren. Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungen sollen bei der SPD in großem Stil neu gebaut werden – gefördert aus einem sogenannten Deutschlandfonds. Ein kreditfinanzierter Deutschlandfonds soll auch bei den Grünen helfen – etwa fürs Schienennetz, Kitas oder auch Innovationsanreize. 

Migration

Das ist für die Union ein dringendes Thema. Sie will umgehend einen faktischen Aufnahmestopp für illegale Migranten. Wer aus einem EU- oder Schengen-Staat für einen Asylantrag einreist, soll an der Grenze abgewiesen werden. «Unser Land braucht eine grundsätzliche Wende in der Migrationspolitik», heißt es bei CDU/CSU. Sie versprechen zügige Asylverfahren und «eine konsequente Umsetzung der Asylentscheidungen». Die SPD setzt sich zwar für «rasche wie konsequente Abschiebungen» ein, bevorzugt aber die freiwillige Rückkehr von Migrantinnen und Migranten ohne Bleiberecht. Die Grünen setzen auf eine «faire, verbindliche und solidarische Verteilung von Schutzsuchenden in Europa». Berücksichtigt werden müssten Bedürfnisse von Frauen, Kindern, Queeren, Behinderten.

Ukraine/Russland/Bundeswehr

Hier gibt es große Differenzen. Die SPD will die Waffenlieferungen an das von Russland angegriffene Land «mit Besonnenheit und Augenmaß» und «so lange wie nötig» fortsetzen. Deutschland solle aber nicht zur Kriegspartei werden. Die von der Ukraine erbetenen Taurus-Marschflugkörper will die SPD nicht liefern – anders als dies Merz unter bestimmten Bedingungen vorgeschlagen hatte. Scholz bekräftigte auch erst: Mit deutschen Waffen dürfe nicht tief in das russische Hinterland geschossen werden.

Merz und die Union setzen hier einen anderen Akzent. Den Ukraine-Feldzug von Russlands Präsidenten Wladimir Putin sieht die Union im Zusammenhang damit, dass Moskaus Machthaber «eine neue Weltordnung nach seinen Regeln» wolle. «Sicherheit für Deutschland und Europa, in Frieden und Freiheit: Das hat für uns überragende Bedeutung. (…) Fällt die Ukraine, droht der Angriff auf ein weiteres europäisches Land.» Der Ukraine versprechen CDU/CSU alle erforderliche Unterstützung. Nach einem Wahlsieg will die Union, dass Deutschland, Frankreich, Polen und England in Abstimmung mit den USA gemeinsam Sicherheitsgarantien für die Ukraine entwickeln. 

Die Union betont dabei ebenso wie SPD und Grüne, ein Friedensprozess müsse von der Ukraine auf Augenhöhe geführt werden können. Die Union ist zudem etwa für eine aufwachsende Wehrpflicht, die SPD lehnt eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ab, will aber einen «neuen, flexiblen Wehrdienst» einführen. Die Grünen wollen den freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver machen.

dpa