Pistorius fordert Einhaltung des Zeitplans und kritisiert Unions‘ Widersprüchlichkeit bei der Verschiebung der ersten Lesung.
Verteidigungsminister kritisiert Union: Wehrdienstgesetz-Verzögerung gefährlich

Verteidigungsminister Boris Pistorius kritisiert den Vorstoß der Unionsfraktion, die Bundestagsberatungen über das neue Wehrdienstgesetz vorerst zu stoppen, scharf. «Das Verhalten der Unionsfraktion ist fahrlässig, weil es möglicherweise die Einführung des neuen Wehrdienstes und damit auch die Wiedereinführung der Wehrerfassung verzögert», sagte der SPD-Politiker dem «Handelsblatt». Er forderte den Regierungspartner auf, «am Zeitplan festzuhalten und sich so einzubringen, wie es das parlamentarische Verfahren vorsieht».
Ursprünglich war geplant, dass das neue Gesetz für einen attraktiveren Wehrdienst am kommenden Donnerstag in erster Lesung im Bundestag diskutiert wird. Jedoch wurde am Freitag aus der Unionsfraktion bekannt gegeben, dass die Diskussion verschoben werden soll. Kritisiert wird insbesondere, dass das Gesetz nicht klar festlegt, unter welchen Voraussetzungen die bisherige Freiwilligkeit des Wehrdienstes in eine neue Verpflichtung umgewandelt werden könnte.
Kommt es am Wochenende noch zu einer Einigung?
Pistorius argumentiert dagegen, im parlamentarischen Verfahren gebe es verschiedene Möglichkeiten, vom Gesetzentwurf abweichende Haltungen einzubringen – etwa durch Änderungsanträge. Auch die Anhörung von Sachverständigen diene genau dazu, Expertise von außen einzuholen, so dass kein Argument unberücksichtigt bleibe, so der Minister im «Handelsblatt».
Aktuell ist die erste Lesung des sogenannten Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes noch auf der Tagesordnung des Bundestags. Am Montag soll der Punkt jedoch gestrichen werden, wie es am Freitag aus der Union hieß. Eine Einigung über das Wochenende erscheint unwahrscheinlich. Dies ist jedoch nicht völlig ausgeschlossen – auch vor dem Kabinettsbeschluss gab es Reibungen, Außenminister Johann Wadephul (CDU) zog jedoch seinen Vorbehalt kurzfristig zurück.
Pistorius warnt vor Schaden für Ansehen der Bundesregierung
Nach den jüngsten Verletzungen des Nato-Luftraums durch russische Drohnen und Flugzeuge hatte die Debatte zuletzt wieder Fahrt aufgenommen. Wadephul bekräftigte seine Forderung nach umgehender Wiedereinführung der Wehrpflicht, auch Unionsfraktionschef Jens Spahn vertrat die Ansicht, «dass wir beim Wehrdienst deutlich ambitionierter sein müssen».
Pistorius kritisierte, die erste Lesung des Gesetzentwurfs mit Verweis auf die Luftraumvorfälle zeitlich zu verschieben, zeige die Widersprüchlichkeit des Vorgehens der Union. «Was Drohnenüberflüge mit dem Wehrdienst zu tun haben sollen, bleibt das Geheimnis der Unionsvertreter.» Damit schade die Union auch dem Ansehen der Regierung, anstatt Vertrauen aufzubauen.