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Tränen und Kerzen: Magdeburg trauert nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt

Bürger legten Blumen nieder, Steinmeier ruft zum Zusammenhalt auf, Theater plant Gedenkkonzert.

Der zentrale Gedenkort vor der Johanniskirche gleicht einem Blumenmeer.
Foto: Matthias Bein/dpa

Blumen, Kerzen, Kuscheltiere: Auch nach der Attacke auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt mit fünf Toten und bis zu 235 Verletzten hört die Trauer und Anteilnahme in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt nicht auf. Bürgerinnen und Bürger haben auch an Heiligabend am zentralen Gedenkort an der Johanniskirche Blumen niedergelegt, viele hatten Tränen in den Augen.

Auch auf dem benachbarten Alten Markt, der Teil des inzwischen geschlossenen Weihnachtsmarktes ist, brachten Trauernde ihre Anteilnahme mit Blumen und Kerzen zum Ausdruck. «Ich konnte erst nicht herkommen, weil es mich zu sehr schockiert hat», sagte eine Rentnerin der Deutschen Presse-Agentur. «Aber heute wollte ich hier sein. Es ist ja Weihnachten.» 

Gedenkkonzert am 2. Weihnachtstag

In seiner Weihnachtsansprache rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Zusammenhalt auf. Das Theater Magdeburg plant am 2. Weihnachtstag ein Konzert zu Ehren der Opfer. Laut dem Theater sollen 200 kostenlose Tickets an Betroffene, Angehörige, Rettungskräfte und Ersthelfer verteilt werden. Diese können an der Kasse abgeholt werden.

Der Verdächtige Taleb A., der sich derzeit in Untersuchungshaft befindet, fuhr am Freitagabend mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt. Die Ermittlungen zur Motivation des Arztes, der aus Saudi-Arabien stammt und 2006 nach Deutschland kam, sind noch im Gange. In den sozialen Medien äußerte er sich zuletzt zunehmend wirr und radikal. In einem Interview zeigte sich der 50-jährige kürzlich als Fan von X-Inhaber Elon Musk und der AfD, die die gleichen Ziele verfolge wie er – bezeichnete sich aber als politisch links.

Behörden in mehreren Ländern hatten mit Taleb A. zu tun 

Polizisten setzten am Dienstag ihre Tatortarbeit fort. Eine Sprecherin der Polizeiinspektion Magdeburg sagte auf Nachfrage, Beamte der Landespolizei seien vor Ort, um «dokumentarische Arbeiten» im Rahmen der Ermittlungen zu erledigen.

Das Bundeskriminalamt und das Bundesinnenministerium planen laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur, noch in diesem Jahr eine Fallchronologie zum Täter vorzulegen. Es soll dokumentiert werden, welche Behörden zu welchem Zeitpunkt welche Hinweise zu Taleb A. hatten und wie diesen nachgegangen wurde. Mindestens sechs Bundesländer sollen mit ihm in Verbindung gestanden haben.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte in der «Rheinischen Post»: «Erneut scheint es im Hinblick auf den Täter und die von ihm ausgehende Bedrohung ein Gesamterkenntnisdefizit und ein Problem beim Zusammenführen der verschiedenen Informationen gegeben zu haben.» Der Anschlag von Magdeburg erinnere ihn an den Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz vor acht Jahren.

Bundespräsident mahnt Zusammenhalt an

Auch die Weihnachtsansprache von Bundespräsident Steinmeier wurde von dem Angriff bestimmt. «Hass und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort haben. Lassen wir uns nicht auseinandertreiben. Stehen wir zusammen», sagte Steinmeier in der vorab veröffentlichten Ansprache. Vielen Menschen werde das Herz schwer sein an diesem Weihnachtsfest. Viele seien aufgewühlt und verunsichert, hätten vielleicht auch Angst. «All diese Gefühle sind verständlich. Aber sie dürfen uns nicht beherrschen, und sie dürfen uns nicht lähmen.»

Mit einer Menschenkette hatten am Montagabend nach Polizeiangaben rund 4.000 Menschen in Magdeburg an die Opfer des Anschlags erinnert und sich gegen die politische Vereinnahmung durch Rechte positioniert. Parallel veranstaltete die AfD eine Kundgebung in der Stadt, an der nach Polizeiangaben rund 3.500 Menschen teilnahmen. Mit Blick auf den Täter sagte Parteichefin Alice Weidel, wer die Bürger des Landes verachte, das ihm Asyl gewähre, «der gehört nicht zu uns». Während der Veranstaltung wurde immer wieder «Abschieben! Abschieben! Abschieben!» skandiert.

dpa