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Wer darf über das neue EU-Klimaziel entscheiden?

Die EU ringt um ein neues Klimaziel für 2040. Wird es ehrgeizig? Das hängt entscheidend auch an der Bundesregierung.

Bislang gibt es EU-Klimaziele für 2030 und 2050. Laut EU-Klimagesetz muss es auch ein verbindliches Ziel für 2040 geben.
Foto: Monika Skolimowska/dpa

Die schwarz-rote Koalition hat einen aufkommenden Konflikt über ein wichtiges EU-Klimagesetz entschärft. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) hat seine Forderung aufgegeben, dass die EU-Umweltminister das Ziel noch in diesem Monat beschließen sollen. Ein Aufschub könnte jedoch Konsequenzen haben.

Worum geht es genau?

Die EU hat bisher Klimaschutzziele für 2030 und 2050 festgelegt. Gemäß dem EU-Klimagesetz muss auch ein Ziel für 2040 definiert werden. Die Kommission schlug Anfang Juli vor, die Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Insbesondere geht es um den Ausstoß von Kohlendioxid bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Das Europaparlament und die EU-Mitgliedsstaaten müssen jeweils ihre Position zu dem Vorschlag beziehen und schließlich eine Einigung erzielen. In einigen Ländern gibt es jedoch Widerstand.

Wie positioniert sich die Bundesregierung?

In der Sache gab es ohnehin keinen großen Dissens: «Die Bundesregierung steht zu den Klimazielen, und zwar sowohl zu denen, die wir uns national gesetzt haben, als auch zu denen, die wir europäisch verabredet haben, wie auch zu denen, die wir international in einer ganzen Reihe von Abkommen vereinbart haben», hatte Kanzler Friedrich Merz (CDU) schon am Mittwoch erklärt. Das EU-Ziel deckt sich weitgehend mit den deutschen Klimaschutz-Plänen und steht auch nicht in Konflikt mit dem Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot. Inhaltlich wird Deutschland also wohl zustimmen, auch wenn man im Detail noch einige Bedingungen stellt.

Schneider wollte jedoch die Abstimmung so schnell wie möglich – am liebsten beim Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen am Donnerstag. Die Union schien hingegen weniger gehetzt zu sein. Unionspolitiker betonten, dass Deutschland sich mit Frankreich einigen müsse, das Vorbehalte gegen den Vorschlag für das Jahr 2040 hat. Es wurde vorgeschlagen, dass sich die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel im Oktober damit befassen sollten.

Nun erklärte Schneiders Ministerium: Der genaue Zeitplan sei Sache der dänischen Ratspräsidentschaft. «Der informelle europäische Rat am 1. Oktober bietet da Chancen, um politisch über die aktuelle Klimapolitik zu reden. Klar ist, dass die Entscheidung über das neue Klimaziel dann beim Rat der Umweltminister und beim Europäischen Parlament liegt.»

Warum macht es einen Unterschied, wo über das Klimaziel beraten wird?

Bei den Umweltministern genügt eine sogenannte qualifizierte Mehrheit, um die Position für das Klimaziel festzulegen. Bei Gipfeltreffen auf höchster Ebene ist Einigkeit erforderlich – und die Dynamik ist unvorhersehbar. Es ist möglich, dass Länder wie Frankreich und Polen darauf bestehen, dass ihre Skepsis in die gemeinsame Erklärung einfließt.

Die letzte Entscheidung liegt bei den Umweltministern – aber wenn der Gipfel der Staats- und Regierungschefs den aktuellen Vorschlag für das Jahr 2040 ablehnen würde, gäbe es nicht mehr viel zu entscheiden.

Auch wenn das Klimaziel beim EU-Gipfel einstimmige Unterstützung erhält, besteht die Gefahr, dass eine Frist verpasst wird. Denn das Ziel dient als Grundlage für die Klimaschutzpläne, die die EU bei den Vereinten Nationen einreichen muss. Diese Pläne müssen bis spätestens zum 24. September vorgelegt werden.

Klimaschützer warnen davor, dass die EU, wenn sie sich nicht rechtzeitig einigt, am Ende mit einem viel zu schwachen Beitrag dastehen könnte und somit die Glaubwürdigkeit Europas kurz vor der Klimakonferenz im November in Brasilien gefährdet.

Warum ist das EU-Klimaziel für 2040 wichtig?

Der Europa-Abgeordnete Michael Bloss von den Grünen sagt, was jetzt auf dem Spiel stehe, sei nicht weniger als die weltweite Handlungsfähigkeit im Kampf gegen die Klimakrise. «Nach dem Rückzug der USA würde sich mit Europa der nächste große Block der Industrieländer aus dem internationalen Klimaschutz verabschieden. Wenn wir selbst kein ambitioniertes Ziel vorlegen, werden wir auch von China oder anderen Ländern nichts mehr verlangen können.»

Es besteht Eile, da sich der Planet weiter aufheizt. Laut EU-Zahlen lag die Temperatur der Erde im vergangenen Jahr um 1,6 Grad über der Temperatur des vorindustriellen Zeitalters. Bei der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 hatte die Weltgemeinschaft das Ziel festgelegt, die Erwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, zumindest aber auf deutlich unter 2 Grad. Wissenschaftler halten dies zunehmend für unrealistisch. Mit steigender Erdtemperatur steigt auch die Wahrscheinlichkeit von extremen Wetterereignissen wie Dürren oder starken Regenfällen.

dpa