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Wer wird Papst? Spekulationen laufen schon

Nach dem Tod von Franziskus muss ein neuer Pontifex gewählt werden. Dieses Mal gilt die Entscheidung als besonders offen. Aber einige Namen hört man immer wieder.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gilt als einer der aussichtsreichen Kandidaten. (Archivbild)
Foto: Rafiq Maqbool/AP/dpa

Im Machtapparat der katholischen Kirche sind die Sitten nicht unbedingt besser als anderswo. Über die Nachfolge von Papst Franziskus wurde in den vergangenen Wochen auch schon spekuliert, als er noch am Leben war. Theoretisch gibt es nun 137 Männer, die Pontifex werden können: alle Kardinäle, die zum Zeitpunkt seines Todes noch keine 80 Jahre alt waren. Mehr als 100 Kardinäle sind wegen Überschreitens der Altersgrenze außen vor.

Als «papabile» – den Leuten, die die Statur haben, Papst zu werden – sind allerdings deutlich weniger im Gespräch: alles in allem etwa zwei Dutzend. Als Favorit gilt vielen der Italiener Pietro Parolin. Weil Franziskus viele neue Kardinäle aus weit entfernten Ländern berufen hat, die sich nicht besonders gut kennen, ist die Wahl dieses Mal wohl noch offener als bei früheren Konklaven.

Und grundsätzlich gilt der alte Spruch: «Chi entra papa ner conclave, ne risorte cardinale» («Wer als Papst ins Konklave hineingeht, kommt als Kardinal heraus»). Es kann also durchaus Überraschungen geben. Trotzdem ein Überblick über die meistgenannten Kandidaten: 

PIETRO PAROLIN 

Der Norditaliener aus der Nähe von Venedig, der 70 Jahre alt ist, ist seit über einem Jahrzehnt die Nummer Zwei im Vatikan. Franziskus ernannte den studierten Diplomaten und Doktor des Kirchenrechts kurz nach seiner Wahl zum Kardinalstaatssekretär. Seitdem hat Parolin an seiner Seite die Geschäfte geführt. Er vertrat ihn auch, als Franziskus im Krankenhaus lag. Parolin ließ nie Zweifel an seiner Loyalität aufkommen.

Der Italiener wird als äußerst machtbewusst angesehen – ohne diese Eigenschaft kommt man in der Kurie nicht weit. Beim Konklave wird er auf jeden Fall eine bedeutende Rolle spielen: Normalerweise wird die Wahlversammlung in der Sixtinischen Kapelle vom Dekan der Kardinäle geleitet. Der derzeitige Dekan und sein Stellvertreter sind jedoch bereits über 80 Jahre alt und somit zu alt. Daher ist der ranghöchste Kardinal an der Reihe: Parolin.

PIERBATTISTA PIZZABALLA 

Als Patriarch von Jerusalem und somit höchster Vertreter der katholischen Kirche im Heiligen Land leitet der Italiener eine der schwierigsten Diözesen der Welt. Im Geburtsland von Jesus Christus stehen die Christen oft zwischen den Fronten. Pizzaballa sieht sich im Nahost-Konflikt als Brückenbauer, allen Schwierigkeiten zum Trotz.

Pizzaballa stammt aus der Franziskaner-Ordensgemeinschaft. Mit 60 Jahren ist der Geistliche, der in der Nähe von Bergamo im Norden Italiens geboren wurde, einer der jüngsten Kandidaten. Das könnte für ihn sprechen – aber auch gegen ihn.

MATTEO ZUPPI 

In seiner Rolle als Vorsitzender der italienischen Bischofskonferenz ist der 69-Jährige eine wichtige Persönlichkeit im Vatikan. Der Bischof aus Bologna wird als gut vernetzt und äußerst einflussreich angesehen. Darüber hinaus bekleidet er derzeit eine der herausforderndsten Positionen, die verfügbar sind: Seit fast drei Jahren ist er als Sondergesandter damit beauftragt, im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln – bisher ohne große Erfolge.

In letzter Zeit war sein diplomatisches Geschick mehrmals gefragt, wenn Franziskus erneut für Schlagzeilen sorgte, z.B. mit Äußerungen zum Krieg in der Ukraine. Zuppi ist auch eng mit der Comunità Sant’Egidio verbunden, die bereits mehrmals für den Vatikan als Vermittler tätig war.

PETÉR ERDÖ 

Der Primas von Ungarn, Erzbischof von Esztergom-Budapest gilt unter den als «papabile» gehandelten Kardinälen als konservativer Kirchenmann. Der 72-Jährige ist insbesondere für seine traditionelle Haltung in vielen Kirchenfragen bekannt und hatte zu Franziskus‘ Vorgänger Benedikt XVI. eine gute Beziehung. Franziskus‘ Reformbemühungen beobachtete Erdö hingegen teils kritisch. Unter den Konservativen im Kardinalskollegium wird eine Abkehr von Franziskus‘ eher progressiven Kurs erwartet. Sie setzen unter anderem auf den Ungarn.

Im Jahr 2000 wurde Erdö zum Weihbischof in Székesfehérvár ernannt, 2002 ernannte Papst Johannes Paul II. ihn zum Erzbischof von Esztergom-Budapest, und 2003 wurde er ins Kardinalskollegium aufgenommen. Er entstammt einer sehr gläubigen Familie. Einmal erklärte Erdö, dass er von seiner Familie gelernt habe, dass der Glaube das Wichtigste im Leben sei. Seine Eltern konnten unter dem kommunistischen Regime in Ungarn ihre Berufe als Jurist und Lehrerin nicht ausüben.

LUIS ANTONIO TAGLE 

Der ehemalige Erzbischof von Manila lebt seit einigen Jahren in Rom. Der 67-jährige Geistliche aus den Philippinen wurde 2019 von Franziskus zum Kardinalpräfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker ernannt. Mittlerweile ist er Pro-Präfekt des neu entstandenen Dikasteriums für die Evangelisierung – einer der bedeutendsten Posten in der Kurie.

Tagle wurde oft als der vielversprechendste Kandidat genannt, falls die Wahl im Konklave erstmals auf einen Asiaten fallen sollte. Er hat auch chinesische Wurzeln. Wie Papst Franziskus setzt er sich für eine Kirche ein, die an der Seite der Armen steht. Und genauso wie der Argentinier ist er strikt gegen Abtreibung und Empfängnisverhütung.

FRIDOLIN AMBONGO BESUNGU

Bereits seit geraumer Zeit wird spekuliert, dass bald einmal ein Papst aus Afrika kommen könnte: ein «schwarzer Papst» also. Am häufigsten hört man inzwischen den Namen des Erzbischofs von Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo: Fridolin Ambongo Besungu. Der 65-Jährige gilt im Vergleich zu seinen Kardinalskollegen aus Europa und Nordamerika als recht konservativ. Er gehört außerdem zu den wichtigsten Kirchenvertretern Afrikas.

Die Öffnung für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren sah er – wie viele Katholiken in Afrika – sehr kritisch. «Der afrikanische Kontinent erlebte das als kulturelle Kolonialisierung des Westens», kommentierte Besungu den überraschenden Schritt von Papst Franziskus. Besungu gehörte zu den prominentesten Kritikern an der Erklärung «Fiducia supplicans».

RAYMOND BURKE

Der 76-jährige Kardinalpriester aus den USA, ehemaliger Erzbischof von St. Louis, galt als einer der härtesten Gegner des verstorbenen Papstes. Der konservative Hardliner kritisierte selbst vorsichtige Reformversuche wie Segnungen für homosexuelle Paare. Größere Änderungen wie Abschaffung des Zölibats oder Frauen als Priester sind für ihn schon gar nicht zu machen.

Nachdem er Franziskus auch öffentlich kritisiert hatte, wurde ihm vom Vatikan das Gehalt gestrichen. Auch auf seine 400-Quadratmeter-Wohnung in Rom musste er verzichten. Der Posten als Kardinalpatron des Malteserordens war ihm zuvor schon entzogen worden. Burke wird als jemand angesehen, den das Weiße Haus gerne als Papst sehen würde. Allerdings werden seine Chancen als eher gering eingeschätzt.

JEAN-MARC AVELINE 

Der Erzbischof von Marseille kam an Weihnachten 1958 in Algerien zur Welt, das damals noch zu Frankreich gehörte. Aufgewachsen ist er in den Vororten von Marseille. Heute ist er Erzbischof der großen Hafenstadt im Süden des Landes. Aveline gilt als volksnah – einer der Charakterzüge, die er mit dem verstorbenen Papst teilt. Auch sonst gilt der Südfranzose als jemand, den in Auftreten und Politik viel mit dem Argentinier Jorge Mario Bergoglio einte. Manche nennen ihn gar einen «Super-Bergoglianer».

Aveline würde also dafür stehen, dass das Vermächtnis des verstorbenen Papstes fortgesetzt wird. Das spricht aus Sicht einiger gegen ihn. Dass hintereinander zwei ähnliche Päpste gewählt werden, ist in der katholischen Kirchengeschichte eher ungewöhnlich. Aber wenn es tatsächlich so wäre, hätte der Franzose sicherlich schon einen Namen bereit: Franziskus II.

JEAN-CLAUDE HOLLERICH 

Der Erzbischof von Luxemburg ist einer der einflussreichsten Männer im Vatikan. Der Jesuit sitzt in mehreren wichtigen Dekasterien. Zudem leitet der 66-Jährige, mehrsprachig wie viele in seiner Heimat, die Kommission der Bischofskonferenzen aller EU-Staaten. Bei der jüngsten Weltsynode war der Vertraute des gestorbenen Papstes Franziskus als «Generalrelator» – eine Art Vermittler, wenn es Meinungsverschiedenheiten gab – einer der zentralen Gestalten.

dpa