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Westliche Spitzenpolitiker beraten in London über Ukraine

Nach dem Zerwürfnis zwischen Kiew und Washington stehen die europäischen Verbündeten der Ukraine vor schwierigen Aufgaben. Können sie das Dilemma lösen, in dem Selenskyj nach dem Trump-Eklat steckt?

Der britische Premier bereitete dem ukrainischen Präsidenten einen herzlichen Empfang.
Foto: Kin Cheung/AP/dpa

Mehr als ein Dutzend westliche Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato beraten heute in London über die Lage im Ukraine-Krieg und den Vorstoß der USA für Friedensverhandlungen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz reiste zu dem Treffen in die britische Hauptstadt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj traf bereits am Vortag in London ein, wo ihn Premierminister Keir Starmer nach dem Eklat mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus demonstrativ herzlich willkommen hieß.

Das Zerwürfnis zwischen der Ukraine und den USA sowie die dadurch aufgeworfenen Zweifel an der Bündnistreue des wichtigsten Nato-Mitglieds unter Präsident Donald Trump dürften das Gipfeltreffen dominieren. Gastgeber Starmer positionierte sich zuletzt als Brückenbauer zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, die bilateral Gespräche mit Russland über eine Beendigung des Konflikts aufgenommen haben. Am Vorabend der Konferenz telefonierte Starmer mit Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni berichtete ebenfalls von einem Gespräch mit Trump.

USA wollen keine Absicherung zusagen

Gemäß Angaben der britischen Regierung wird in London diskutiert, wie die Ukraine gestärkt werden kann, beispielsweise durch fortgesetzte Waffenlieferungen und verstärkten wirtschaftlichen Druck auf Russland. Es soll auch um die nächsten Schritte bei der Planung starker Sicherheitsgarantien für Europäer gehen und um die Fortsetzung des Dialogs mit der neuen US-Regierung, die einen drastischen Kurswechsel in der Ukraine-Politik der Vereinigten Staaten vollzogen hat.

Großbritannien und Frankreich haben signalisiert, dass sie bereit sind, eigene Truppen zur Friedenssicherung in der Ukraine einzusetzen. Sie bestehen jedoch darauf, dass die USA sie absichern – und trotz einer Charmeoffensive von Macron und Starmer bei Besuchen in Washington in dieser Woche ließ sich Trump bisher nicht zu einer entsprechenden Zusage bewegen.

Herzlicher Empfang für Selenskyj

Nach ihren Besuchen kam es dann bei Selenskyjs Treffen mit Trump zu einem beispiellosen Eklat. Selenskyj lieferte sich vor laufenden Kameras ein heftiges Wortgefecht mit Trump und dessen Vize J.D. Vance, die ihn öffentlich mit schweren Vorwürfen überzogen. Das Treffen endete ohne versöhnliche Note – und die ukrainische Delegation musste ohne die erhoffte Solidaritätsadresse ihres bis dato wichtigsten Verbündeten abreisen. Zur Unterzeichnung eines Abkommens über den Abbau von Bodenschätzen in der Ukraine und einer gemeinsamen Pressekonferenz kam es nicht mehr.

Starmer, der bereits kurz nach dem Vorfall mit Trump und Selenskyj telefoniert hatte, empfing den ukrainischen Präsidenten herzlich an seinem Amtssitz in der Downing Street und begrüßte ihn mit einer Umarmung. Zahlreiche Unterstützer, die sich im Londoner Regierungsviertel versammelt hatten, jubelten dem Ukrainer zu. Ein kleiner diplomatischer Coup gelang Selenskyj zudem mit einer Einladung zur Audienz bei König Charles III. vor Beginn der Konferenz.

Pünktlich zum Treffen wurde ferner ein Vertrag für ein britisches Darlehen zugunsten der Ukraine in Höhe von umgerechnet 2,74 Milliarden Euro unterzeichnet. Das Geld soll bei der Verteidigung gegen den Angriff Russlands helfen, in die ukrainische Waffenproduktion fließen und mit Erträgen aus eingefrorenem russischen Vermögen zurückgezahlt werden, wie Selenskyj erklärte. «Das ist wahre Gerechtigkeit – derjenige, der den Krieg begonnen hat, muss auch dafür bezahlen», schrieb er auf der Online-Plattform X.

«Zeitpunkt, um zusammenzustehen»

Mit Spannung erwartet wird, ob es den Europäern und ihren Verbündeten wohl gelingt, Einigkeit zu demonstrieren. Starmers Vorab-Stellungnahme liest sich wie ein Appell an seine Gäste: «Jetzt ist der Zeitpunkt, um zusammenzustehen, damit wir das beste Ergebnis für die Ukraine erreichen, die europäische Sicherheit schützen und unsere gemeinsame Zukunft sichern.»

Neben Selenskyj und Scholz werden auch Macron, Meloni, Polens Regierungschef Donald Tusk sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa und Nato-Generalsekretär Mark Rutte erwartet. Kanadas Premierminister Justin Trudeau und der türkische Außenminister Hakan Fidan reisen ebenfalls in die britische Hauptstadt.

dpa