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Wie fähig ist die Koalition der Willigen?

Die Staats- und Regierungschefs westlicher Unterstützer der Ukraine beraten sich in Paris. Konkrete Ergebnisse ließen bei bisherigen Treffen auf sich warten. Welche Spielräume haben die Europäer noch?

Die Vorarbeiten für Sicherheitsgarantien für die Ukraine sind nach Angaben von Präsident Macron abgeschlossen.
Foto: Michel Euler/AP/dpa

Die westlichen Unterstützer der Ukraine setzen heute in Paris ihre Beratungen über eine Friedenssicherung für die Ukraine fort. Obwohl ein Ende des russischen Angriffskriegs derzeit nicht absehbar ist, plant Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die Pläne voranzutreiben und insbesondere den USA zu zeigen, Verantwortung zu übernehmen. Auch Moskau soll ein Signal erhalten.

Es bleibt jedoch fraglich, ob dies gelingen wird, da die sogenannte Koalition der Willigen bereits mehrmals zusammengekommen ist, ohne konkrete Zusagen oder Ergebnisse zu verkünden. Es wird diskutiert, wie militärische Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Waffenstillstand oder Friedensabkommen aussehen könnten. Dies umfasst die Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit sowie mögliche Truppeneinsätze in der Ukraine oder nahe ihrer Grenzen, sowie weitere Sanktionen gegen Russland. Die Hauptlast eines solchen Einsatzes würde von den europäischen NATO-Mitgliedern getragen werden.

Macron: Vorbereitungen für Garantien abgeschlossen

Macron verkündete bereits am Abend vor dem Pariser Treffen, dass die Unterstützerländer ihre Vorbereitungen für Sicherheitsgarantien abgeschlossen haben. Macron erklärte beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Paris, dass die Europäer dank der Vorarbeit der Armeechefs seit dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus bereit seien, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben, sobald ein Friedensabkommen unterzeichnet sei.

«Die Beiträge, die vorbereitet, dokumentiert und heute Nachmittag auf Ebene der Verteidigungsminister unter strengster Geheimhaltung bestätigt wurden, lassen uns sagen: Diese Arbeit ist abgeschlossen und wird nun politisch gebilligt werden», sagte Macron.

Zusagen aus Washington lassen auf sich warten

Die Europäer hatten betont, dass eine Rückversicherung durch die USA notwendig sei. Nach Selenskyjs Besuch in Washington mit den Staats- und Regierungschefs der europäischen Verbündeten schien es, als ob Trump dazu bewegt werden könnte. Bisher gibt es jedoch keine konkreten Zusagen aus Washington. Er soll nach dem Treffen in Paris telefonisch informiert werden.

Auch einige europäische Staats- und Regierungschefs schienen bereits getroffene Ankündigungen zu relativieren. Die Äußerungen des britischen Premiers Keir Starmer und Macrons ließen zunächst vermuten, dass die beiden Nato-Mitglieder eine Art wehrhafte Friedenstruppe entsenden könnten. Allerdings ist mittlerweile eher von einer Ausbildungs- und Aufklärungsmission die Rede. Laut dem Élysée-Palast wird es auch nach dem erneuten Treffen keine konkreten Angaben dazu geben, wie die Sicherheitsgarantien nun umgesetzt werden sollen.

Merz nimmt nur virtuell an dem Treffen teil

Es scheint, dass der Enthusiasmus einiger Koalitionäre nachlässt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und wahrscheinlich auch der britische Premierminister wollen nur virtuell an der Sitzung teilnehmen.

Trotzdem gab sich Nato-Generalsekretär Mark Rutte optimistisch. Er erwartet schon bald eine Einigung auf ein Konzept für Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Es sei zu erwarten, dass «morgen oder bald nach morgen Klarheit darüber herrscht, was wir gemeinsam leisten können, sagte er am Vortag der Beratungen. Das bedeutet, dass wir uns noch intensiver mit der amerikanischen Seite austauschen können», sagte Rutte nach einem Treffen mit Estlands Präsidenten Alar Karis in Brüssel. Demnach seien die Europäer zusammen mit anderen Staaten dabei, auf der Ebene der Militärchefs, Verteidigungsminister und Staats- und Regierungschefs die letzten Details zu klären. 

Karis bekräftigte, dass Estland bereit sei, Soldaten für eine mögliche europäische Friedenstruppe bereitzustellen. «Wir beteiligen uns weiterhin an dieser Planung», sagte er.

Putin bleibt bei alten Forderungen 

Ob es überhaupt zu einer Friedenslösung kommt, bleibt aber weiter offen. So forderte Russlands Präsident Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz in China Selenskyj auf, nach Moskau zu kommen, wenn er mit ihm reden wolle – allerdings erst, wenn auf unterer Ebene alles ausverhandelt sei. Gleichzeitig sprach er seinem Gegenüber die Legitimität ab. Kiew wies die Forderung eines Treffens in der russischen Hauptstadt als «von vornherein unannehmbar» zurück. 

In Bezug auf die Verhandlungen blieb der Kremlchef weiterhin hart. Sollte es keine Einigung geben, die Moskau genehm ist, erklärte er, sei Russland bereit, weiterhin Krieg zu führen. Dabei äußerte er sich siegesgewiss. Er betonte erneut, dass die russischen Truppen entlang der gesamten Front erfolgreich vorrücken würden, während die ukrainischen Truppen erschöpft seien und erwartete einen baldigen Zusammenbruch des Kriegsgegners.

Zweifel an Abschreckungswirkung

Der Sicherheitsexperte Ed Arnold von der britischen Denkfabrik Royal United Services Institute (RUSI) hebt hervor, dass die politische Bedeutung der Koalition der Willigen wichtig ist, aber zweifelt daran, ob die beabsichtigte Abschreckungswirkung eines Militäreinsatzes erreicht werden kann. Im schlimmsten Fall warnt er davor, dass eine Stationierung europäischer Nato-Truppen dazu führen könnte, dass die Beistandsklausel der Nato als hohl entlarvt wird.

«Werden die Amerikaner ein russisches Ziel angreifen, weil drei französische Soldaten bei einem Vorfall getötet werden, den die Russen wahrscheinlich als Versehen darstellen? Ich glaube das einfach nicht», sagte Arnold der Deutschen Presse-Agentur in London. Dann könne Putin die Anwesenheit von Nato-Truppen in der Ukraine ausnützen, um unter Beweis zu stellen, dass die Bestandsklausel von Artikel 5 des Nato-Vertrags weniger belastbar ist als bisher angenommen.

Deutschland bislang zurückhaltend

Deutschland hatte zuletzt bei dem Thema gebremst. Bundeskanzler Merz sagte in der Vorwoche, dass über langfristige Sicherheitsgarantien erst entschieden werden könne, wenn es einen Waffenstillstand oder ein Friedensabkommen gebe. Er erklärte, dass es jedenfalls in Deutschland keine konkreten Pläne für einen Militäreinsatz in der Ukraine nach einem Waffenstillstand gebe.

dpa