Nach stundenlangen Verhandlungen bis tief in die Nacht verkünden Union und SPD eine Einigung bei zentralen Streitthemen. Es bleiben aber auch Fragen offen. Ein Überblick.
Wo sich die Koalition geeinigt hat – und wo nicht

Die Spitzen von Union und SPD saßen mehr als acht Stunden im Kanzleramt zusammen. Am Ende gab es Einigungen in wichtigen Streitfragen, darunter beim Bürgergeld. In anderen Bereichen besteht weiterhin Uneinigkeit.
Neue Grundsicherung statt Bürgergeld
Das bestehende Bürgergeldsystem wird in eine neue Grundsicherung für Arbeitssuchende umgewandelt. Daher müssen die rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Bezieherinnen und -Bezieher mit strengeren Anforderungen rechnen.
– Wenn ein Empfänger von Grundsicherung einen ersten Termin im Jobcenter verpasst, wird er sofort zu einem zweiten Termin eingeladen. Wenn er auch diesen Termin schwänzt, wird seine monatliche Überweisung um 30 Prozent gekürzt. Falls auch ein dritter Termin nicht wahrgenommen wird, sollen die Geldleistungen vollständig eingestellt werden. Wenn die Person auch im folgenden Monat nicht erscheint, werden alle Leistungen einschließlich der Kosten für die Unterkunft gestrichen.
– Härtefälle sollen berücksichtigt werden: «wenn mögliche gesundheitliche oder andere schwerwiegende Gründe für das Nichterscheinen festgestellt werden».
– Ebenso soll das Vermögen der Betroffenen weniger geschützt werden. Zum Beispiel soll das Schonvermögen an die Lebensleistung gebunden werden.
Aktivrente
Die geplante Aktivrente, die es Rentnern ermöglichen soll, steuerfrei 2.000 Euro im Monat dazu zu verdienen, wird voraussichtlich ab dem 1. Januar 2026 eingeführt – das dazugehörige Gesetz soll schnellstmöglich verabschiedet und gegebenenfalls rückwirkend zu diesem Datum in Kraft treten.
Es wird angestrebt, dass die Aktivrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze in regulären, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen möglich ist. Das höhere Nettoeinkommen soll nicht erst nach der Steuererklärung, sondern bereits beim Lohnsteuerabzug zur Verfügung stehen. Es gibt keinen Progressionsvorbehalt bei der Steuer.
E-Auto-Prämie
Es ist geplant, ein neues Förderprogramm für Elektroautos einzuführen. Dieses richtet sich vor allem an Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen, um den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität und emissionsfreie Fahrzeuge zu unterstützen.
– Bis zum Jahr 2029 sollen für das Förderprogramm Milliardenbeträge bereitgestellt werden. Genauer gesagt handelt es sich um Mittel des EU-Klimasozialfonds sowie insgesamt drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds.
Verkehr und Infrastruktur
– Nach einigen Querelen in den vergangenen Wochen stellen die Koalitionsspitzen klar: Auch wenn der Schwerpunkt auf der Sanierung und Modernisierung von Verkehrswegen liegen soll, soll das Verkehrsnetz auch «durch Neu- und Ausbau» weiterentwickelt werden. «Deshalb sagen wir: Alles, was baureif ist, wird auch gebaut», heißt es unter anderem im Beschlusspapier.
– Innerhalb des Zeitraums 2026-2029 sollen drei Milliarden Euro aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen für die Infrastruktur umgeschichtet werden. Nach zwei Jahren wird überprüft, ob die Mittel ausreichend sind.
Verbrenner-Aus vertagt
– Ein Streitpunkt bleibt auch nach den nächtlichen Verhandlungen: wie die Bundesregierung zum endgültigen EU-weiten Aus für Neufahrzeuge mit Verbrennermotor im Jahr 2035 steht. Man habe noch «nicht zu einer abschließenden Bewertung gefunden», sagte Kanzler Friedrich Merz (CDU). Man wolle dem «Autogipfel» am Nachmittag auch nicht vorgreifen, hieß es von Unions- und SPD-Seite. SPD-Chef Lars Klingbeil kündigt aber dann auch eine zügige Positionierung der Bundesregierung zum Thema Automobil an.