Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Zu kopflastig: Prüfer fordern «mehr Truppe» bei Bundeswehr

Deutschlands oberste Haushaltsprüfer schreiben Boris Pistorius einige Aufgaben ins Lastenheft. Im Kern: Es gibt es zu viele Schreibtisch-Soldaten und die Gefahr, für viel Geld zu wenig zu bekommen.

Die Haushaltsprüfer fordern «mehr Truppe» für den militärischen Kernauftrag. (Archivbild)
Foto: Oliver Berg/dpa

Der Bundesrechnungshof kritisiert in den deutschen Streitkräften eine «Kopflastigkeit» und fordert vom Verteidigungsministerium «mehr Truppe» für den militärischen Kernauftrag. Deutschlands Haushaltsprüfer warnen in einem Sonderbericht zudem vor dem Risiko, dass das «Signal der unbegrenzten Verschuldungsmöglichkeiten» zu steigenden Preisen im Verteidigungsbereich führt. Die Behörde stellt fest: «Anreize für die Industrie, für gleichbleibende Leistungen nunmehr höhere Preise zu verlangen, sind aufgrund nahezu unbegrenzt verfügbarer finanzieller Mittel und einer erhöhten Nachfrage zu erwarten.»

Die Bundeswehr wurde umgerüstet, um auf die Bedrohung durch Russland zu reagieren. Dazu wurden 100 Milliarden Euro als Sondervermögen bereitgestellt und eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben beschlossen.

Der Bundesrechnungshof weist jedoch mit dem neuen Bericht auf Handlungsbedarf hin, der nicht durch zusätzliche finanzielle Mittel gelöst werden kann und somit über die Bereiche Rüstung, Infrastruktur und Betrieb hinausgeht, wie es heißt.

Ist das Personalgefüge noch in der Balance?

Die Finanzwächter fordern eine umfassende Aufgabenkritik, die aber nicht zu erkennen sei. «Verteidigungswichtiges ist von weniger Wichtigem zu trennen. Es sind noch weitreichende Veränderungen in der Organisation und beim Personal nötig, um die Bundeswehr mit mehr Truppe fit für ihren Kernauftrag zu machen», mahnt der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller.

Erste Fortschritte bei der materiellen Ausstattung der Bundeswehr und das zusätzliche Geld dürften nicht über den Handlungsbedarf bei Organisation und Personal hinwegtäuschen. Und: «Um die Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten, ist der Personalkörper umzubauen: Weg von der derzeitigen Kopflastigkeit, hin zu mehr „Truppe“.»

Laut dem Bericht hatten die Streitkräfte im Jahr 2024 im Vergleich zu 2010 etwa 60.000 Soldaten weniger, was einem Rückgang von 24 Prozent entspricht. Die Anzahl der Planstellen für Mannschafts- und Unteroffiziersebene sank in diesem Zeitraum um 40 beziehungsweise 20 Prozent, während die Anzahl der Planstellen für Offiziers- und Stabsoffiziersebene insgesamt um 5 Prozent stieg.

Der Anteil der Planstellen für die Offiziers- und Stabsoffiziersebene in den Streitkräften wuchs dadurch von 15 Prozent im Jahr 2010 auf 21 Prozent im Jahr 2024. «Im Ergebnis ist der militärische Personalkörper heute deutlich kopflastiger als im Jahr 2010», kritisieren die Prüfer. 

Ministerium nicht verschlankt

Gleichzeitig seien in der Bundeswehr mehrere Zehntausend Dienstposten derzeit noch für Aufgaben vorgesehen, die nach der Bewertung des Verteidigungsministeriums im Fall der Landes- und Bündnisverteidigung nicht wahrgenommen werden müssen. Die Prüfer stellen fest: «Diese Größenordnung ist nicht hinnehmbar.»

Der Bundesrechnungshof hat auch das Ministerium selbst in den Blick genommen, das – anders als angekündigt und zwischenzeitlich erreicht – nicht schlanker wurde. 2017 seien rund 2.500 Dienstposten als «auskömmliche Personalausstattung» festgestellt worden. Trotzdem sei das Haus mit rund 3.000 Dienstposten heute wieder vergleichbar groß wie im Jahr 2012. 

Kritisiert wird auch das «Dotierungsgefüge des militärischen Personalkörpers», bei dem Aufgaben immer Dienstgrad-höheren oder besser bezahlten Soldaten zugewiesen werden, um die Attraktivität dieser Stellen zu steigern. Trotzdem blieben viele Planstellen unbesetzt. Eine gestiegene Zahl von Berufssoldaten sorge insgesamt für einen erhöhten Altersdurchschnitt.

Prüfer kritisieren Verschuldungspläne

Der Bundesrechnungshof betrachtet auch die neuen Verschuldungsmöglichkeiten kritisch und stellt fest: «Eine dauerhafte und solide Finanzierung der Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland ist durch einen erheblich schuldenfinanzierten und damit strukturell nicht tragfähigen Haushalt nicht garantiert.»

Sie bieten auch aktuelle Informationen zu den Verteidigungsausgaben. Laut der Frühjahrsprojektion 2025 der Bundesregierung würden zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2028 Ausgaben in Höhe von 96 Milliarden Euro entsprechen. Drei Prozent des BIP würden Ausgaben in Höhe von 144 Milliarden Euro bedeuten.

Im Vergleich dazu sieht der bisherige Haushaltsentwurf 2025 für den Verteidigungsetat (Einzelplan 14) Ausgaben von 53,3 Milliarden Euro vor. Gemäß dem bisherigen Wirtschaftsplan sollen aus dem Sondervermögen weitere 22 Milliarden Euro für das Jahr 2025 hinzukommen.

Keine «verteidigungsfremden» Ausgaben

Bei der künftigen Haushaltsaufstellung müsse darauf geachtet werden, dass der Einzelplan 14 nicht um «verteidigungsfremde» Ausgaben erweitert wird, fordert der Bundesrechnungshof. Diese Ausgaben hätten keinen oder nur einen mittelbaren Bezug zur Verteidigungsfähigkeit. Beispielsweise liege der Hauptzweck einer Autobahnbrücke, auch wenn über sie Militärtransporte rollen können, nicht in der Verteidigungsfähigkeit.

dpa