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10. Todestag von Robin Williams: Ein Leben zwischen Tragik und Komödie

Genau zehn Jahre ist es her, dass Robin Williams nicht mehr unter uns weilt. Höchste Zeit, ihm zu Ehren auf den Tisch zu steigen – so wie es einst gar die Sprecherin der “Tagesthemen” tat.

Der Tod von Robin Williams jährt sich in diesem Jahr zum zehnten Mal.
Foto: imago/ZUMA Press Wire

Es ist schwierig, das Leben und Wirken von Robin Williams (1951-2014) in wenigen Zeilen zusammenzufassen. Noch schwieriger ist es, wenn es eine andere Person bereits perfekt getan hat. So schrieb der damalige US-Präsident Barack Obama (63) am 11. August 2014, am Tag von Williams’ Tod, in einer Pressemitteilung: “Robin Williams war ein Luftwaffensoldat, ein Arzt, ein Flaschengeist, eine Nanny, ein Präsident, ein Professor, ein aufgedrehter Peter Pan und alles zwischendrin. Aber er war einzigartig. Er trat in unser Leben als Außerirdischer – aber berührte am Ende jeden Aspekt des menschlichen Geistes. Er brachte uns zum Lachen. Er brachte uns zum Weinen. Er gab sein unermessliches Talent jenen, die es am meisten brauchten.”

Tatsächlich kannte die schauspielerische Bandbreite von Williams kaum Grenzen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür war das Jahr 1997. In diesem Jahr erschienen sowohl der kindische Klamaukfilm “Flubber” als auch das Werk, das bei den anschließenden Academy Awards Williams’ Oscar-gekröntes Meisterstück wurde – “Good Will Hunting”. Dass er ein äußerst ausdrucksstarker Charakterschauspieler sein konnte, bewies Williams jedoch schon zuvor; seine erste Schurkenrolle ließ hingegen länger auf sich warten. Und die herausforderndste Rolle musste er sogar im echten Leben spielen.

Williams, der Clown

Anders als ein Großteil an US-amerikanischen Stand-up-Comedians fand Williams seinen Weg ins Fernsehen nicht über die Sketch-Show “Saturday Night Live”. “Er trat in unser Leben als Außerirdischer” – mit diesem Part seines Nachrufs sprach Obama die Serie “Mork vom Ork” an, die von 1978 bis 1982 produziert wurde und Williams’ Durchbruch als Schauspieler darstellte. Mit seiner Mischung aus Improvisationstalent sowie überspitzter Mimik und Gestik etablierte er sich als familienfreundlicher Clown. Elemente dieser Premierenrolle zogen sich im Grunde durch seine gesamte Karriere.

An der Seite der kürzlich verstorbenen Shelley Duvall (1949-2024) wurde er während “Mork vom Ork” zu “Popeye – Der Seemann mit dem harten Schlag”. Etwa zehn Jahre später zeigte er als “stacheliges Kindermädchen” namens Mrs. Doubtfire nicht unbedingt seine Kochkünste, aber definitiv seine Verwandlungskünste. Er wurde jahrzehntelang gezwungen, “Jumanji” zu spielen, und erfüllte als Sprecher des blauen Flaschengeistes einem gewissen Aladdin drei Wünsche. Außerdem entdeckte er in “Hook” das unsterbliche Kind in sich.

Williams, der Charaktermime

Was daran so ungewöhnlich ist: Williams wechselte nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Karriere das Genre, wie es bei vielen anderen Schauspielern der Fall war – man denke nur an den ehemaligen Komödiendarsteller Bruce Willis (69), der zum Actionhelden wurde. Oder an “Mr. RomCom” Matthew McConaughey (54), der mittlerweile fast nur noch ernste Rollen spielt. Nein, Williams variierte die Tonalität seiner Rollen ständig. Mitunter sogar innerhalb eines Films.

Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist der Film “Good Morning, Vietnam” aus dem Jahr 1987, der Williams seine erste Oscar-Nominierung einbrachte. In der Rolle eines unkonventionellen Radiomoderators während des Vietnamkrieges versucht er, den grausamen Alltag mit etwas Ablenkung zu mildern. Tragik mit Humor zu begegnen, tat er auch etwa zehn Jahre später als Titelheld und tatsächlich existierender Arzt Patch Adams (79).

1990 spielte er bereits einen Arzt im eindrucksvollen Parkinson-Drama “Zeit des Erwachens” neben Robert De Niro (80). In dieser Phase seiner Karriere etablierte sich Williams dauerhaft als ernstzunehmender Charakterdarsteller. Zwischen “Good Morning, Vietnam” und “Zeit des Erwachens” übernahm er auch die Hauptrolle in Peter Weirs (79) “Der Club der toten Dichter”.

Während es für “Good Morning, Vietnam”, “Good Morning, Vietnam” und 1992 für “König der Fischer” nur zu einer Oscar-Nominierung reichte, kam 1998 Williams’ großer Moment bei den Academy Awards – erneut dank einer Rolle als Mediziner. Als verwitweter Psychologe Sean Maguire spielte er zwar nur eine Nebenrolle. Trotzdem stahl er den beiden Hauptdarstellern Matt Damon (53) und Ben Affleck (51) immer wieder die Show.

Der Moment, an dem die Academy wohl kein Vorbeikommen an ihm sah: Mit seinem zu Teilen improvisierten Monolog über seine verstorbene Frau brachte er seinen Co-Star Damon tatsächlich zum Lachen und rührte zugleich zu Tränen. “Meine Frau hat immer gefurzt, wenn sie nervös war, sogar im Schlaf. Einmal war es so laut, dass sogar der Hund davon wachgeworden ist. Sie wachte auf und fragte mich: ‘Warst du das?’ Und ich sagte ja. Ich brachte es nicht übers Herz, ihr die Wahrheit zu sagen. Seit zwei Jahren ist sie nun schon tot und an den Mist erinnere ich mich. Es sind wunderbare Dinge, diese kleinen Sachen. Es sind die Dinge, die ich am meisten vermisse. Diese kleinen Eigenwilligkeiten, von denen nur ich weiß. Das ist, was sie zu meiner Frau machte.”

Williams, das Scheusal

Williams übernahm 2002 für ihn untypische Rollen. In Christopher Nolans Krimidrama “Insomnia – Schlaflos” sowie im Psycho-Thriller “One Hour Photo” verwandelte er sich in einen manischen Stalker, im erstgenannten Film sogar in einen diabolischen Killer. Zuvor hatte er schon gelegentlich etwas fragwürdige Figuren gespielt. Zum ersten Mal zeigte Williams jedoch, dass er auch tiefgründige Charaktere darstellen kann, bei denen den Zuschauern nicht zum Lachen zumute ist.

Williams, der Mensch

Williams’ tragischste Rolle, wie sich spätestens am 11. August 2014 herausstellte, musste er im wahren Leben spielen. Der Star hatte im Laufe seiner Karriere verschiedenen Süchten nachgegeben und sich deshalb in Behandlung begeben, was Williams sein Leben lang recht offen erzählte. Dass er jedoch auch an schweren Depressionen litt und der Welt bis zum Schluss seine strahlend gute Laune vorspielen musste, enthüllte seine Sprecherin erst unmittelbar nach seinem Suizid.

Bei Williams wurde vor seinem Tod zuerst eine Parkinson-Erkrankung festgestellt. Nach der Obduktion stellte sich jedoch heraus, dass er an der sogenannten Lewy-Körper-Demenz (LKD) litt, die Depressionen und Angstzustände auslösen und/oder verstärken kann.

In einem bemerkenswerten Essay mit dem Titel “Der Terrorist im Gehirn meines Mannes” beschrieb seiner Witwe Susan Scheider Williams rund zwei Jahre nach dessen Tod, wie ihr die Krankheit die Liebe ihres Lebens und den “besten Freund” nahm. “Ich möchte mein Gehirn einfach neustarten”, habe er vor seinem Tod häufig zu ihr gesagt, wenn er zuvor wie wieder “eingefroren” war oder eine Panikattacke erlitt.

Die Enthüllung der LKD-Erkrankung durch die Obduktion verschaffte Susan Scheider Williams jedoch auch Linderung. So hatte sie wenigstens die Gewissheit, dass “Robin nicht verrückt war”. Sein zunehmend pathologisches Verhalten war demnach die direkte Folge des “Terroristen” in seinem Gehirn – und folglich rational erklärbar, so schwer es auch fiel. “Als das enthüllt wurde, war das im Grunde so, als würde man den Mörder meines Mannes herausfinden”, sagte sie später im Gespräch mit “CNN”. Auch für Williams’ drei Kinder aus zwei vorangegangenen Ehen dürfte das zumindest ein winziger Trost gewesen sein.

Wie Robin Williams die Menschen zu berühren vermochte und wie sehr sein plötzliches Ableben schockierte, wurde bei der Todesmeldung der “Tagesthemen” am 12. August 2014 deutlich. Moderatorin Caren Miosga (55) saß plötzlich nicht mehr an ihrem Tisch, sondern stand auf ihm. So wie die Schüler am Ende von “Der Club der toten Dichter” der Figur von Robin Williams Respekt erwiesen. “Oh Captain, mein Captain.”

Unter der gebührenfreien Telefonnummer 0800/111 0 111 bietet die Telefonseelsorge Unterstützung bei Depressionen und Suizidgedanken an.

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